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Die Wirtschaft akkreditiert ihre Prüfer

Rede von Herbert Schui,

Nach langem Hin und Her hat es die Regierung endlich geschafft, den Gesetzentwurf zur Errichtung einer nationalen Akkreditierungsstelle vorzulegen. Grund für die Verzögerung war bekanntlich Streit zwischen zwei Ministerien. Das Bundeswirtschaftsministerium war der Ansicht, dass die Akkreditierungsstelle privatrechtlich organisiert sein soll. Das Bundesgesundheitsministerium dagegen hielt eine Anstalt öffentlichen Rechts für zweckmäßig. Leider konnte sich das Wirtschaftsministerium durchsetzen.
Es stellt sich die Frage, warum eine im Gesetz selbst so bezeichnete hoheitliche Aufgabe von einer privatrechtlichen Institution übernommen werden sollte. Schließlich muss - auch das steht im Gesetz und in der dazugehörigen EU-Verordnung - Unparteilichkeit und Objektivität bei der Arbeit der Akkreditierungsstelle gewahrt sein. Die Akkre-ditierungsstelle soll die Kompetenz der Konformitätsbewertungsstellen bestätigen, die ihrerseits prüfen, ob Produkte oder Dienstleistungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, und Kalibrierungen, Zertifizierungen und Inspektionen durchführen. Warum ist dann die Wirtschaft zu einem Drittel an einer Institution beteiligt, die den Prüfstellen von Produkten ebendiese Kompetenz bescheinigt? Ist es nicht vorstellbar, dass Konformitätsbewertungsstellen nach zu vielen ablehnenden Prüfungen die erneute Akkreditierung auf Druck der Wirtschaft verweigert werden könnte?
Es besteht der Verdacht, dass hier Prüfstellen ausgemustert werden sollen. Zwar liegt die Rechtsaufsicht noch beim Wirtschaftsministerium. Warum dann aber nicht gleich eine öffentliche Institution? Das einzige in der Gesetzesbegründung genannte Gegenargument - Probleme im Personalübergang - jedenfalls ist offenbar vorgeschoben. Die Vermutung liegt nahe, dass eine privatrechtliche Lösung bevorzugt wurde, um der Wirtschaft einmal mehr Einfluss zu garantieren, und dafür die üblichen ideologischen Gründe vorge-schoben wurden. Es geht um mehr Einfluss der Privatwirtschaft.
Wenn aber der besondere Zweck der Akkreditierungsstelle in der Stärkung der deutschen Export-wirtschaft besteht - denn ohne nationale Akkredi-tierungsstelle, so der Text, „entfiele … ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Marktstellung und damit der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft“ -, dann ist die Frage gestellt, ob nicht eine öffentliche Lösung besser gewesen wäre. Es ist mehr als fraglich, ob das noch im Einklang mit der geforderten Objektivität und Unparteilichkeit steht.
Noch besser wäre es, die Konformitätsbewertungsstellen, also renommierte Institutionen wie der TÜV, selbst wieder in die öffentliche Hand zurückzuführen. Dann bräuchten sie gar keine zusätzliche Akkreditierung mehr. Auch die Unparteilichkeit wäre eher gewahrt, da die zu Prüfenden nicht mehr die Prüfstellen überwachen würden.