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Die richtigen Lehren aus dem Ausbruch des Eyjafjallajökull ziehen

Rede von Herbert Behrens,

zu Protokoll gegebene Rede von Herbert Behrens MdB DIE LINKE zu TOP 19. Antrag der SPD „Die richtigen Lehren aus dem Ausbruch des Eyjafjallajökull ziehen – Klimaforschung und Geowissenschaften stärken und die Voraussetzungen für ein nationales und europäisches Krisenmanagement im Luftverkehr schaffen“ Bundestagsdrucksache 17/3174 vom 07.10.2010

Am 20. März brach der isländische Vulkan Eyjafjallajökull aus und überzog den europäischen Luftraum mit der so genannten Aschewolke. Grund genug, sich als Gesetzgeber mit den Folgen zu beschäftigen.

Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull war ein Akt höherer Gewalt und hat drei Probleme deutlich werden lassen:
1.) Unsere hochtechnisierte Gesellschaft ist sehr anfällig, sie ist ein sensibles System ohne Netz und doppelten Boden, wenn kein entsprechendes Krisenmanagement für Notfälle zur Verfügung steht.
2.) In Europa sind Verfahren zur effizienten Bewertung meteorologischer Probleme noch nicht genügend entwickelt und es fehlt an Krisennotfallplänen.
3.) Dr. Ramsauer, Verkehrsminister der Koalition, hat als starker Mann mit der Wiederfreigabe des Luftraums politische Entscheidungen getroffen also Entscheidungen auch zugunsten der Luftfahrtindustrie, zugunsten der gestrandeten Reisenden, jedoch nicht zugunsten der Piloten. Hier wurde keine vernünftige Abwägung vollzogen. Wir lernen daraus, dass der Minister noch einen Kurs in Krisenmanagement belegen müsste. Darauf werden wir in Zukunft unser spezielles Augenmerk richten.

1.) Die Bedrohung der modernen Welt durch immer kompliziertere Netze in Verkehr Kommunikation Logistik und Elektrizität wird heute nicht durch ausreichende staatliche Notfallpläne abgedeckt. Im Zuge des Vulkanausbruchs kam es zu einer Kettenreaktion, tausende Urlauber saßen auf den Flughäfen, warteten auf die Aufhebung der Luftraumsperrung und stritten um die vorhandenen Steckdosen, um Handys, Laptops, iPhones und andere Geräte zu laden, Geschäftsreisende erreichten ihre Kunden nicht, Luftfracht blieben liegen, bei BMW in Dingolfing standen die Bänder still.
Die Komplexität unserer hochtechnisierten Welt wurde selbst zum Sicherheitsrisiko. Geradezu unverschämt war vor diesem Hintergrund das Auftreten von Lufthansachef Mayrhuber, der das Aschechaos benutzte, die Aussetzung des Emissionshandels für den Luftverkehr zu fordern.

2.) Erst seit dem Jahr 1991 wissen wir, dass Vulkanausbrüche eine Gefahr für den Luftverkehr darstellen können. An dieser Stelle helfen weder Demutgesten angesichts der übermächtigen Mutter Natur, noch das starke Mann Gehabe von Verkehrsminister Ramsauer.


Wie im Antrag der SPD richtig angemerkt wurde, fehlt es an Grundlagenforschung. Verschiedene Meldungen, was die Aschepartikel genau in den Turbinen, auf der Außenhaut und an den Instrumenten der Flugzeuge anrichten können, widersprachen sich erheblich. Das einzige, was man relativ klar feststellen konnte, war, dass sicherer Flugverkehr nicht mehr zu gewährleisten war. Grundlagenforschung, nicht nur was meteorologische Phänomene sondern auch ihre konkrete Auswirkung auf den Luftverkehr betrifft, ist dringend notwendig. Die Einschätzung, die das Verkehrsministerium nach der Veröffentlichung des Falcon-Reports traf, wurde nicht von allen Meteorologen geteilt.

3.) Wir teilen die Einschätzung der SPD-Fraktion, dass das deutsche Krisenmanagement schwach war. So wurden beispielsweise eigene Messdaten zu spät erhoben, es wurde kein richtiger Krisenstab gebildet Fluglotsenkapitäne und die Gewerkschaftsvereinigung Cockpit e.V. kritisierten die Übertragung der alleinigen Verantwortung auf die Piloten. Die Schweizer Flugsicherung Skygide wickelte über deutschem Hoheitsgebiet weiterhin den vollständigen Flugverkehr ab, eine Praxis, die unserer Meinung nach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die deutsche Helmholtz Gesellschaft, die unter ihrem Dach das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt und damit die besten deutschen Wissenschaftler beherbergt, ist als Betreiberin der Asse leider bereits negativ aufgefallen. Aufgrund der aktuellen Debatte um Atomendlager und Standortauswahl müsste man noch einmal überlegen, ob sie tatsächlich als Dach für deutsches Krisenmanagement in ähnlichen Fällen fungieren kann.

Kurz und gut: Wir unterstützen den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, auch wenn wir einige Schwerpunkte anders setzen würden.