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Die Rente muss zum Leben reichen!

Rede von Matthias W. Birkwald,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Minister Hubertus Heil! In Ihrem Gesetzentwurf versprechen Sie den Menschen, die wegen einer chronischen Krankheit zwischen 2001 und 2018 in eine Erwerbsminderungsrente gehen mussten, ihre Renten zu verbessern. Das ist gut. Das haben wir Linken seit Langem gefordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Für uns Linke ist klar: Krankheit darf nicht arm machen. Dafür sind Ihre Zuschläge von 7,5 und 4,5 Prozent mehr Erwerbsminderungsrente aber viel zu niedrig. Bei einer durchschnittlichen EM‑Rente von aktuell nur 886 Euro wären das war zwar immerhin gut 66 bzw. fast 40 Euro mehr netto im Monat, aber diesen Zuschlag wollen Sie frühestens in zwei Jahren, ab dem 1. Juli 2024, auszahlen. Das, meine Damen und Herren, ist völlig inakzeptabel!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Betroffenen müssen seit 2014 ertragen, dass ihre von viel zu hohen Abschlägen und viel zu kurzen Zurechnungszeiten betroffenen Armutsrenten nicht verbessert wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, lieber Hubertus Heil, Sie möchten die viel zu lange vergessenen Menschen nun ein weiteres Mal mehr als zwei Jahre im Regen stehen lassen? Dazu sage ich Ihnen: Das geht gar nicht!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich habe ja Verständnis für die Probleme der Rentenversicherung, aber wenn es wirklich nicht schneller gehen sollte, dann müssen den Betroffenen im Jahr 2024 wenigstens die Zuschläge für die verlorenen zwei Jahre rückwirkend erstattet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund, das fordern die meisten Sozialverbände, das fordern wir Linken, und darum werden wir dazu einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber damit nicht genug: Sie erwecken den Eindruck, mit den Zuschlägen würden Sie diejenigen, die zwischen 2001 und 2018 in eine Erwerbsminderungsrente gegangen sind, mit jenen gleichstellen, die seit 2019 von den besseren Zurechnungszeiten profitieren. Dieser Eindruck ist falsch. Für eine echte Gleichstellung müssten die Zuschläge fast auf 8 und auf 13 Prozent verdoppelt werden. Das hat Ihnen der Sozialverband Deutschland präzise vorgerechnet. Aber in Ihrem Gesetzentwurf heißt es, dass es den Zuschlag nur bis zu einem – Zitat – „Finanzvolumen von … 2,6 Milliarden Euro“ geben soll. Ja, woher haben Sie denn diese Zahl? Mir scheint, die wurde von Finanzminister Lindner ausgewürfelt; denn diese Zahl ist völlig willkürlich und, vor allem, sie ist viel zu niedrig.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen ernsthaft 10 Milliarden Euro für eine obskure Aktienrente ausgeben, aber chronisch kranken Armutsrentnerinnen und Armutsrentnern knapp die Hälfte des notwendigen Zuschlages verweigern. Wie viel wollen Sie denn noch bei den ärmsten Rentnergruppen einsparen?

(Beifall bei der LINKEN)

Nein, das ist das Gegenteil von sozialer Gerechtigkeit, und das ist nur noch zum Kopfschütteln.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch deshalb werden wir einen durchgerechneten Änderungsantrag einbringen, und auch für diesen wird Die Linke als Stimme der sozialen Gerechtigkeit die Unterstützung der Sozialverbände erhalten. Dessen bin ich mir sicher.

Verehrte Bundesregierung, auf Druck der FDP führen Sie den zu Recht ausgesetzten Nachholfaktor wieder ein. Damit kürzen Sie die diesjährige, im Vergleich zwar sehr hohe Rentenerhöhung, aber angesichts einer Inflation von gut 7 Prozent viel zu niedrige Rentenerhöhung um 0,6 Prozentpunkte; und das ist schlecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Lieber Hubertus Heil, dass sich die Rentnerinnen und Rentner im Juli über mindestens 5,35 Prozent mehr Rente freuen dürfen, ist bei diesem Gegenwind der FDP wirklich eine große Leistung. Chapeau! Aber: Nach Ihrem Gesetzentwurf wird die Rentenanpassung 2023 in der heißen Inflationsphase von ursprünglich 5,4 auf 2,9 Prozent gekürzt werden und damit die Kaufkraft der Renten inmitten einer Energiepreiskrise auch im kommenden Jahr entwerten. Das darf nicht passieren. Und deshalb sage ich: Die aktuell ausgezahlte Durchschnittsrente aller 21,2 Millionen Rentnerinnen und Rentner liegt nur bei 1 089 Euro vor Steuern. Das heißt, die Rentnerinnen und Rentner brauchen jeden Cent. Die Rente muss zum Leben reichen. Bessern Sie diesen Gesetzentwurf nach!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)