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DIE LINKE lehnt durchlöchernde Umweltzonen-Regelungen ab

Rede von Lutz Heilmann,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die FDP befindet sich auf einem Kreuzzug gegen Umweltzonen als vermeintliche Hüterin des Heiligen Grals der Autolobby - freie Fahrt für freie Bürger. Kaum ein Monat vergeht, in dem die FDP nicht eine Ausnahmeregelung für irgendeine Gruppe fordert.

(Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): So ein Quatsch auf hohem Niveau!)

Erst waren es die Oldtimer, dann die Reisebusse, und jetzt ist es das Bußgeld selbst. Wenn die FDP damit Erfolg hätte, sähe die Umweltzone bald aus wie ein Schweizer Käse. Aushöhlen, bis nichts mehr davon übrig ist, ist offenbar Ihr Ziel. Aber dann lamentieren, wenn wir von der EU die Rote Karte bekommen!

(Patrick Döring (FDP): Es geht um Verhältnismäßigkeit bei der Bestrafung!)

Dabei geht es bei den Umweltzonen um nicht wenig. Es geht um den Schutz der Gesundheit der Menschen durch die Verbesserung der Luft. Nach Auffassung der Linken ist das Recht auf saubere Luft ein Menschenrecht, ein Grundrecht.

(Patrick Döring (FDP): Das bestreitet doch gar keiner!)

Wir haben als Gesetzgeber die Pflicht zum Handeln.

(Patrick Döring (FDP): Das bestreitet auch keiner!)

Das hat uns der Europäische Gerichtshof letztes Jahr noch einmal ganz deutlich aufgegeben.

(Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Alles unstrittig, Herr
Heilmann! Sie haben es nicht gerafft!)

Mit seiner Entscheidung vom 25. Juli des vergangenen Jahres hat er das Recht der Menschen auf saubere Luft gestärkt. Das dürfte auch Ihnen bekannt sein.

(Beifall bei der LINKEN - Patrick Döring (FDP): Wir führen keine Umweltzonendebatte, falls Sie es noch nicht gemerkt haben!)

- Warum stellen Sie dann permanent Anträge, die darauf ausgerichtet sind, die Umweltzone ad absurdum zu führen?

(Patrick Döring (FDP): Überhaupt nicht! Sie haben den Antrag entweder nicht gelesen oder nicht verstanden!)

Wir haben uns in Deutschland für die Einrichtung von Umweltzonen entschieden. Ich bin dafür, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Umweltzonen effektiv ausgestaltet werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie reden viel von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit.

(Christian Carstensen (SPD): Machen die doch gar nicht!)

Aber was machen Sie? Mit Ihrem Kreuzzug gegen die Umweltzonen vergeben Sie eine Chance, etwas für unsere Kinder und Enkel zu tun, deren Gesundheit zu schützen und nicht zu gefährden.

(Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP): Oh Gott!)

Umweltzonen haben noch einen zusätzlichen Effekt. Sie setzen Impulse für Handwerk und Handel. Warum? Etliche Fahrzeuge erfüllen die Anforderungen hinsichtlich der Umweltzonen nicht; das ist uns bekannt. Diese Autos umweltzonentauglich zu machen oder zu ersetzen, bringt einiges an Arbeit für unsere Kfz-Werkstätten oder auch für den Handel, falls man sich entscheidet, ein neues Auto zu kaufen.
Erlauben Sie mir, auf den FDP-Antrag mit dem Titel „ Bußgeldkatalog bei Umweltzonen ändern - Zurück zur Verhältnismäßigkeit“ zurückzukommen. Ich möchte darauf verzichten, hier über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu debattieren. Das würde meine Redezeit sprengen.

(Patrick Döring (FDP): Das hat Ihnen Ihr Referent nicht
aufgeschrieben!)

Aber ich frage Sie: Was ist denn an dem Bußgeld in Höhe von 40 Euro unverhältnismäßig?

(Patrick Döring (FDP): Der Punkt ist unverhältnismäßig!)

Zum Vergleich: Für einen Verstoß gegen das Sonntags- und Feiertagsfahrverbot für Lkws werden 40 bis 200 Euro fällig. Bei Gefährdung der Umwelt durch den Transport gefährlicher Güter auf gesperrten Straßen werden 100 Euro fällig.

(Patrick Döring (FDP): Weil ein wirtschaftlicher Vorteil damit verbunden ist! Das wissen Sie doch!)

- Ich bitte Sie, Herr Kollege: Ist es kein Vorteil, dass wir unsere Kinder und die Menschen in den Städten vor Feinstaub schützen?

(Patrick Döring (FDP): Keine Ahnung auf hohem Niveau!)
Ich frage Sie deshalb noch einmal: Was ist an den 40 Euro unverhältnismäßig?

Sie behaupten, dass Auswärtige nicht über die Umweltzone Bescheid wüssten. Ich muss da dem Kollegen Storjohann von der CDU/CSU - ich tue das nur ungern - ausnahmsweise zustimmen,

(Christian Carstensen (SPD): Oh! Da hat der aber was falsch gemacht!)

weil ich mit ihm inhaltlich übereinstimme: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Das sage ich Ihnen als ausgebildeter Jurist. Die Hinweisschilder sind so groß und so deutlich sichtbar, dass man sie gar nicht übersehen kann.

(Patrick Döring (FDP): Wo soll denn jemand am Samstagnachmittag eine Plakette bekommen? Das ist doch lebensfremd!)

Größtenteils weisen Reiseveranstalter und Hotels darauf hin, dass es Umweltzonen gibt. In Berlin sind die Hotels sogar dabei behilflich, fehlende Plaketten zu besorgen.
Es ist richtig, dass es Probleme gibt. Das bestreitet keiner. Probleme gibt es insbesondere bei der Nachrüstung von Autos. Die Bundesregierung ist jetzt angesichts der Tatsache gefordert, dass Filter fehlen oder Schrottfilter verkauft wurden. Ich erspare mir jetzt Bemerkungen zum Filterskandal, den wir im Hause und in den Ausschüssen hinreichend debattiert haben. Das mache ich beim nächsten Mal, wenn die Bundesregierung meine Anfrage beantwortet hat. Mit Ruhm hat sich die Bundesregierung bei dem Thema weiß Gott nicht bekleckert. Die Zahlen der ausgetauschten Filter machen dies deutlich. Hier werden Probleme vertuscht und nicht bewältigt.

Die Probleme müssen freilich gelöst werden. Falsch ist es, Umweltzonen abzuschaffen. Das wird mit der Linken nicht zu machen sein. Deshalb fordert die Linke: erstens den Austausch aller Schrottfilter und Entzug der Betriebserlaubnisse, um dafür einen wirksamen Anreiz zu setzen; zweitens die Verlängerung der Förderdauer zur Nachrüstung bei Pkw über das Jahr 2009 hinaus sowie eine Differenzierung und Erhöhung der Fördersumme; drittens Förderprogramme zur Umrüstung von Lkw und Reisebussen;

(Dr. Andreas Scheuer (CDU/CSU): Darum geht es doch gar nicht!)

viertens Ausnahmeregelungen zur Abfederung von Härtefällen, solange es keine wirksamen Filtersysteme gibt. Das sind die Forderungen der Linken.

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Lutz Heilmann (DIE LINKE):

Solange diese Forderungen nicht erfüllt sind, werden wir jegliche Debatten über Umweltzonen ablehnen. Selbstverständlich lehnen wir auch den Antrag der FDP ab.

(Beifall bei der LINKEN - Patrick Döring (FDP): Dann hätten Sie Ihre Redezeit auch spenden können!)