Zum Hauptinhalt springen

Die Linke kämpft für Equal Pay

Rede von Jutta Krellmann,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Gerede hin und her stellt sich die Frage, wo wir beim Thema Leiharbeit stehen.
(Karl Schiewerling (CDU/CSU): Wir sitzen! Sie stehen!)
Wir sollen einen Mindestlohn in der Leiharbeit bekommen, nicht nur in der verleihfreien Zeit; aber von gleichem Lohn für gleiche Arbeit ist keine Rede mehr. Dieses Ergebnis zur Leiharbeit ist der Stand der Verhandlungen zum Hartz-IV-Regelsatz. Das ist schlichtweg enttäuschend.
(Beifall bei der LINKEN)
Der beschlossene Branchenmindestlohn in der Leiharbeit ist ein untaugliches Feigenblatt und wird Lohn- und Sozialdumping weiterhin zulassen. Die Leiharbeitsfirmen werden damit geschützt, und eine spürbare Verbesserung für die Beschäftigten wird es nicht geben. Wir reden über 7,60 Euro im Westen und 6,55 Euro im Osten. Keiner von Ihnen würde für so wenig Geld irgendwo arbeiten wollen.
(Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Sie auch nicht!)
Diese Beträge sind derzeit in Tarifverträgen festgelegt. Das haben die Gewerkschaften in den letzten Jahren vereinbart, also zu einer Zeit, als Sie die Rahmenbedingungen für das Aushandeln von vernünftigen Tarifverträgen systematisch zerstört haben. Die Bundesregierung und „Frau von der Leiharbeit“
(Gitta Connemann (CDU/CSU): Ha! Ha!)
legalisieren damit Lohndumping für immer mehr Beschäftigte. Leiharbeiter bekommen weiterhin nur die Hälfte des Lohnes, den ihre festangestellten Kollegen bekommen, und das bei gleicher Arbeit.
Die Zahl der Aufstocker in der Leiharbeit steigt jedes Jahr. Im angeblichen Jobwunderland Baden-Württemberg sind seit Mitte letzten Jahres circa 33 000 neue Arbeitsplätze entstanden, allein 27 000 davon in der Leiharbeitsbranche. Das sind 83 Prozent; ich wiederhole: 83 Prozent. Ihr Jobwunder basiert also auf Leiharbeit. Es handelt sich um 27 000 Beschäftigte, die auch in Zukunft weniger Geld bekommen als ihre Kolleginnen und Kollegen nebenan. Ich sage Ihnen: Diese moderne Lohnsklaverei muss endlich aufhören.
(Beifall bei der LINKEN)
Heute ist der Aktionstag der Gewerkschaften gegen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung. Die Beschäftigten geben sich nicht mit Mindestlösungen zufrieden, und das zu Recht. Im Moment demonstrieren beispielsweise Beschäftigte der Firma MetoKote gemeinsam mit Kollegen der Firma John Deere in Mannheim vor den Betriebstoren. Warum? Die Firma John Deere hat einen ganzen Produktionszweig einfach an ihren Zulieferer MetoKote ausgegliedert und die beschäftigt jetzt nur noch Leiharbeitnehmer. Das Schlimmste an der Sache ist: Diese Praxis des Unternehmens bleibt auch nach dem neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung legal. Wir als Linke unterstützen die zahlreichen Proteste der Gewerkschaften und der Beschäftigten gegen Unternehmenswillkür und prekäre Beschäftigung per Gesetz.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Bundesregierung legt hier einen Entwurf vor, der für viele Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer keine großen Verbesserungen bringt. Trotzdem stellt sich Arbeitgeberpräsident Hundt hin und sagt: Egal, was Sie neu regeln, wir werden es unterlaufen. Dem muss man doch die Stirn bieten können. Das ist Gesetzesbruch mit Ansage. Das ist unglaublich.
(Beifall der Abg. Sevim Dağdelen (DIE LINKE))
Das kann die Bundesregierung doch nicht dulden. Wer darf das wieder ausbaden? Die betroffenen Beschäftigten der Leiharbeit, denen Equal Pay verwehrt wird, und die Menschen, die mit ihren Steuern Aufstockerleistungen an Arbeitnehmer in Leiharbeitsfirmen subventionieren müssen, leiden darunter. Leiharbeit bedeutet Unsicherheit für die Betroffenen und auch weniger Geld, weniger Rechte und weniger Anerkennung der eigenen Arbeit.
Meine Damen und Herren von der SPD, das Tragische an diesem Kompromiss ist, dass Sie dazu beigetragen haben und morgen dieser Kuhhandel mit Ihren Stimmen den Bundestag passieren wird. Das ist äußerst bedauerlich und aus meiner Sicht eine absolut verpasste Chance.
Wir wollen eine Lösung bei der Leiharbeit, die den Beschäftigten wirklich hilft. Der vorliegen Antrag der SPD hört sich nicht schlecht an, liest sich auch nicht schlecht, ist aber aus meiner Sicht absolut unglaubwürdig. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist nicht einmal das Papier wert, auf dem er steht.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Linke zeigt, dass es auch anders geht. Wir haben ein klares Konzept und stehen auch dazu. Unsere zentrale Forderung ist: gleiches Geld für gleiche Arbeit von Anfang an, und ohne Ausnahme.
(Beifall bei der LINKEN)
Wer die Arbeit der Beschäftigten in Deutschland schätzt, der gesteht den Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern auch gleichen Lohn zu. Wir wollen die Verleihdauer wieder auf maximal drei Monate begrenzen; das ist ja nichts Neues. Leiharbeit muss wieder ein Thema für Auftragsspitzen in Unternehmen sein und darf keine reguläre Beschäftigung ersetzen. Wer ständig die Arbeit und den Arbeitsplatz wechselt, der hat auch Anspruch auf eine höhere Bezahlung und verdient mehr Anerkennung. Eine Flexibilitätsprämie von 10 Prozent ist an dieser Stelle das richtige Zeichen für die Beschäftigten.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber auch die Leiharbeitsfirmen müssen endlich Verantwortung übernehmen. Deswegen muss das Synchronisationsverbot wieder eingeführt werden.
(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Sehr richtig!)
Sie dürfen ihre Beschäftigten nicht mehr zwingen, als Streikbrecher zu fungieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Nicht zuletzt ist es notwendig, die Mitbestimmung innerhalb der Betriebe zu stärken; denn nur der Betriebsrat kann beurteilen und einschätzen, ob Leiharbeit überhaupt notwendig ist oder für Lohndumping benutzt wird.
Wir waren noch nie so dicht am Kern des Problems und an einer möglichen Lösung. Die Linke ist damit die einzige Partei, die zu ihrem Wort steht, weil wir Equal Pay prinzipiell richtig und wichtig finden.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Deshalb fordere ich als Gewerkschafterin die Abgeordneten aller Fraktionen, die, wie wir gegen Leiharbeit und prekäre Beschäftigung sind, auf: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, damit endlich etwas zugunsten dieser Kolleginnen und Kollegen passiert.
(Beifall bei der LINKEN)