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DIE LINKE fordert Schutzschirm für Ausbildung

Rede von Nele Hirsch,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Herr Minister, im Appellieren und Halten von Sonntagsreden bekommen Sie von uns ganz gewiss eine Eins. Was aber die konkrete Politik betrifft, ist es eine glatte Sechs.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Schavan, Sie haben von einem Schutzschirm für die Ausbildung gesprochen. Tatsächlich zeigt das, was Sie konkret anbieten und was Sie hier vorgeschlagen haben, aber, dass Sie tatenlos zusehen, wie die Wirtschaftskrise jetzt auch den ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen voll und ganz auf die Füße fällt. Die Linke sagt: Das darf nicht sein. Wir brauchen in der beruflichen Bildung endlich eine Politik, die Ernst damit macht, dass jeder Jugendliche das Recht auf eine Ausbildung hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Schavan, Sie haben von ermutigenden Fortschritten gesprochen. Wir haben die übliche Behauptung gehört, dass alles in schönster und bester Ordnung sei. Damit lassen sich Jugendliche heutzutage aber nicht mehr abspeisen.
Ich beginne mit der ersten Behauptung, der Statistik. Im Berufsbildungsbericht ist nachzulesen, dass es 19 500 offene Stellen gibt und dass fast alle Jugendlichen versorgt sind. Man kann sich für diesen Befund selber auf die Schultern klopfen. Wenn man aber etwas genauer nachliest und sich anschaut, was sich in Ihrer Statistik hinter dem Terminus „versorgte Jugendliche“ verbirgt, dann stellt man fest, dass es sich zu einem ganz großen Prozentsatz um Jugendliche handelt, die in eine Berufsvorbereitungsmaßnahme abgeschoben wurden, eine Einstiegsqualifizierung absolvieren oder angefangen haben, zu jobben, und sich zunächst nicht zurückgemeldet haben. Es kann keine Rede davon sein, dass diese Jugendlichen versorgt sind, wenn sie in Wirklichkeit im Übergangssystem irgendwo in der Statistik verschwunden sind.

Um auf die Zahlen zurückzukommen: Wenn man sich anschaut, wie viele Jugendliche einfach „verschwunden“ sind, dann muss man davon ausgehen, dass es sich um mindestens 250 000 Jugendliche handelt. Demgegenüber steht Ihre Behauptung von 19 500 offenen Stellen. Man braucht wirklich kein Mathematikstudium absolviert zu haben, um festzustellen, dass hier ein krasses Missverhältnis besteht und dass nicht jeder Jugendliche eine Chance auf einen Ausbildungsplatz hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite Behauptung, die immer wieder aufgestellt wird, lautet: Der Ausbildungspakt ist ein Erfolg. Sie selber sagen, der Ausbildungspakt solle dazu dienen, ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot für alle Jugendlichen zur Verfügung zu stellen. Nun haben wir erst gestern gehört, dass im letzten Jahr 2,1 Prozent weniger Ausbildungsverträge geschlossen wurden. Da frage ich mich: Wie passt das zusammen? Der Ausbildungspakt soll ein Erfolg sein? In Wirklichkeit führt er aber dazu, dass mehr Ausbildungsplätze abgebaut als geschaffen werden. Die Linke sagt deshalb: Der Ausbildungspakt ist kein Erfolg, sondern ein grandioser Misserfolg und gehört beendet.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Schlimmste ist: Dieser Rückgang lässt sich nicht auf die aktuelle Krise zurückführen. Die Auswirkungen der Krise werden wir erst noch zu spüren bekommen; Sie kennen die Prognosen genauso gut wie ich. Es wird davon ausgegangen, dass das Ausbildungsplatzangebot in diesem Jahr um bis zu 10 Prozent abnehmen wird. Im Berufsbildungsbildungsbericht 2009 der Bundesregierung lässt sich dazu die Bemerkung finden: Da sich die Zahl der Schulabsolventen verringern wird, wird die Situation „für Jugendliche nicht schlechter werden“. Frau Ministerin, Herr Minister, an dieser Stelle möchte ich Sie fragen: Was sagt denn ein Hauptschulabsolvent dazu, der nun schon seit drei Jahren verzweifelt versucht, einen Ausbildungsplatz zu finden, oder eine Absolventin der Realschule, die im letzten Jahr nur eine Einstiegsqualifizierung bekommen hat, dann nicht übernommen wurde und weiterhin ohne einen Ausbildungsplatz dasteht? Zu diesen Jugendlichen sagen Sie nun: Keine Panik! Zumindest wird es nicht schlimmer. Diese Politik, die angeblich für Jugendliche betrieben wird, ist ein Skandal. So etwas wird die Linke nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es muss endlich eine verbindliche Vereinbarung geben, das heißt ein Ende des Ausbildungspaktes und die Einführung einer gesetzlichen Ausbildungsplatzumlage.

(Beifall bei der LINKEN)

Die dritte Behauptung, die immer wieder aufgestellt wird, lautet: Ihr Ausbildungsbonus unterstützt benachteiligte Jugendliche. In der Praxis wird dieser Bonus kaum genutzt, und es gibt viele Mitnahmeeffekte. Die Linke sagt: Das ist der falsche Ansatz. Wenn Sie wirklich Förderung betreiben wollten, dann müssten Sie ausbildungsbegleitende Hilfen stärken bzw. ausbauen und als Rechtsanspruch verankern. Dann dürften Sie die Unternehmen für ihre jahrelange Ausbildungsverweigerung nicht noch belohnen. Das ist der falsche Weg. Ausbildung ist keine Wohltätigkeit der Unternehmen, sondern ihre Pflicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fasse zusammen: Sie betreiben Ausbildungspolitik nach Konjunktur und Kassenlage. Das führt gerade in einer Krise zu einer Katastrophe. Die Linke will dagegen das Recht auf Ausbildung für alle Jugendlichen durchsetzen. Wir meinen es mit dem Schutzschirm für Ausbildung ernst.

Besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN Dieter Grasedieck (SPD): Ihr fordert nur! Nur Sprechblasen!)