Die Fraktion DIE LINKE. fordert eine deutliche Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms. Es ist ein wirksames Instrument zur Schaffung von Arbeitsplätzen in mittelständischen Unternehmen und fördert gleichzeitig den Umwelt- und Klimaschutz. Die Einführung börsennotierter Immobilienfonds, die so genannten REITs, wären eine Gefahr für die Mieterinteressen und müssen verhindert werden: Die Wohnung als soziales Gut bleibt auf der Strecke und die öffentliche Hand verliert den Zugriff und verschenkt damit Einflussmöglichkeiten auf die regionalen Wohnungsmärkte. Heidrun Bluhm, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., in der abschließenden Haushaltsdebatte zum Einzelplan 12, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung betreffend.
"Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Tiefensee, mit der Gestaltung des Einzelplans 12 bietet sich die Chance, die großen Problemfelder, die uns heute beschäftigen, zu bewältigen und diese auch wirklich zukunftsorientiert zu gestalten. Auf diese Problemfelder muss die Politik Antworten finden. Das sind aus unserer Sicht insbesondere der demografische Wandel, der damit zusammenhängende Niedergang ganzer Regionen, die weiter von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden, das große Thema Mobilität, also die Chance einer nachhaltigen und ökologischen Verkehrspolitik, der Bereich Wohnen, also die Themenfelder Bauen und Stadtentwicklung, und - was gerne übersehen wird - auch der Aufbau Ost. Herr Hübner, wenn es Ihnen eben auch emotionsgeladen gelungen ist, den Aufbau Ost ebenfalls als eine Erfolgsstory darzustellen, müssen meine Fraktion und ich als Abgeordnete aus dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern feststellen, dass der Aufbau Ost eben nicht mehr die Priorität hat, die er eigentlich verdient. (Beifall bei der LINKEN - Uwe Beckmeyer [SPD]: Wieso das denn? Das müssen Sie beweisen!) Obwohl die Bundeskanzlerin Merkel und auch der für den Aufbau Ost zuständige Minister Tiefensee alleine aufgrund ihrer Herkunft einen besonderen Bezug zu Ostdeutschland haben müssten und ihnen auch die spezifischen ostdeutschen Probleme genauestens bekannt sein müssten, ist es eben nicht mehr so, dass der Aufbau Ost im Hauptfokus der Entwicklung der gesamten Bundesrepublik steht. Wir kritisieren das an dieser Stelle. (Beifall bei der LINKEN) Herr Tiefensee, in Ihrem Interview der vergangenen Woche in der "Berliner Zeitung" war zu lesen - ich zitiere -: Wenn es uns gelingt, das Geld richtig einzusetzen, dann werden wir gut 30 Jahre nach der friedlichen Revolution, also 2020, mindestens in einigen Wachstumsregionen eine stabile Wirtschaft haben ... Es wird aber auch zukünftig regionale Unterschiede geben. Diese Realität müssen wir akzeptieren. (Christian Carstensen [SPD]: Da hat er Recht!) Im Umkehrschluss heißt das, dass große Teile der deutschen Bundesländer von der Bundesregierung abgeschrieben werden. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist absoluter Unsinn!) Dieses klare Eingeständnis, dass die Gleichheit der Lebensbedingungen, die durch das Grundgesetz definiert wird, nicht erreicht wird, (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Blödsinn!) passt nicht mit einem immer größeren Druck auf Arbeitslose, verbunden mit noch schärferen Sanktionen, zusammen, wenn diese Politik die Menschen nicht gleichzeitig auch mit Angeboten versorgt und ihnen Perspektiven aufzeigt. Es ist ein Anerkenntnis dafür, dass wir wachsende Regionen, aber auch sterbende Regionen in den neuen Bundesländern und in ganz Deutschland haben werden. (Christian Carstensen [SPD]: Quatsch! - Klaas Hübner [SPD]: Da klatschen noch nicht einmal die eigenen Leute!) Die Zielsetzung des Programms "Soziale Stadt" ist dabei sehr wünschenswert. Aufgrund des Umfangs wird es jedoch nur zu bloßen Schönheitsreparaturen kommen. Es wird nicht durch weitere Maßnahmen flankiert, durch die vor allem die Ursachen für diese Misere bekämpft werden. Der vorgelegte Einzelplan 12 enthält auch einzelne Maßnahmen, durch die zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das sehen auch wir und das erkennen wir auch an. Die Größenordnung der Investitionsprogramme steht unserer Meinung nach jedoch in keinem angemessenen Verhältnis zu den Problemen. Diese Probleme im Osten lassen sich nicht allein durch eine bessere Infrastruktur und eben auch nicht nur durch Straßenneubau lösen. Lassen Sie mich einen Satz zur Einnahmeseite des Haushalts sagen, vor allem auch, um den Vorwurf zu entkräften, dass wir uns nicht um die Haushaltslage bemühen und dass wir nicht anerkennen, dass nur das geschafft werden kann, was bezahlt werden kann; denn wir Linken können auch rechnen. (Beifall des Abg. Roland Claus [DIE LINKE] - Lachen bei der SPD - Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das musste jetzt auch einmal festgehalten werden!) Herr Hübner, auch hier haben Sie Ihre Erfolgsstory im Hinblick auf das Maut-Betreiberkonsortium letztlich wieder eindrucksvoll, für uns aber nicht überzeugend dargestellt. Sie kritisieren unseren Antrag, den wir letztlich in Verbindung damit gestellt haben. Ich sage Ihnen: Sie hätten von vornherein Sorge dafür tragen müssen, dass hier vernünftige vertragliche Verhältnisse zwischen den Betreibern und der Bundesrepublik hergestellt werden; denn dann hätten diese Mittel heute schon zur Verfügung stehen können. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]) Da das nicht der Fall ist, müssen wir eben davon ausgehen, dass das Geld letztlich durch eine Schiedsklage eingetrieben wird. Ob es nun in diesem Jahr oder im nächsten Jahr zur Verfügung steht: Auf jeden Fall muss es her und dafür ausgegeben werden, wofür es geplant war. (Beifall bei der LINKEN - Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Es ist doch noch gar nicht sicher, ob es überhaupt Geld gibt!) Wir brauchen mehr öffentliche Zukunftsinvestitionen in die vorhandene Infrastruktur, in Verkehr und in die ökologische Modernisierung. Im Gegensatz zu Steuergeschenken für Unternehmen wird die Konjunktur durch Investitionsprogramme in Schwung gebracht, wodurch neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das sagen Sie aber auch selbst und ich denke, das erkennen Sie auch an. Damit aber nicht genug. Hinzu kommt, dass die öffentliche Hand ihr Vermögen wie bereits in den Jahren zuvor verschleudert und ihre Substanz verzehrt. Diese Tendenz beobachten wir nicht nur auf kommunaler Ebene, sondern auch auf Bundesebene. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Nennen Sie mal ein Beispiel!) So plant die neu geschaffene Bundesanstalt für Immobilienausgaben nach Aussagen des Vorstandssprechers, jedes Jahr Immobilien im Wert von einer halben Milliarde Euro - insgesamt sollen es 8,3 Milliarden Euro sein - zu verkaufen. Die Erwartungshaltung der Bundesregierung, insbesondere die kostenträchtigen und unrentablen Objekte veräußern zu können, teilen wir keineswegs. Privates Geld ist bekanntlich insbesondere daran interessiert, sich zu vermehren. Es wird also vor allem in solche Objekte gesteckt, deren Bewirtschaftung Geld bringt. Es steht zu erwarten, dass dem Bund genau deshalb nur etwa 3 000 Wohnungen an entlegenen Standorten verbleiben werden, das heißt, das Ihre Rechnung nicht aufgehen wird und Vermögen unwiederbringlich verloren geht. Dass die Bundesregierung erwägt, auch börsennotierte Immobilienfonds, die so genannten REITs, als Instrument für die Abgabe ihrer Immobilien zu nutzen, halten wir für fatal. Das setzt dem Privatisierungswahn die Krone auf. (Beifall bei der LINKEN - Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Siehe Dresden! - Patrick Döring [FDP]: Das ist eine Chance! - Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Mieterschutz wurde durch den Verkauf nicht aufgehoben!) Für internationale Finanzinvestoren sind Wohnungen reine Wirtschaftsgüter und Renditeobjekte. Die von den internationalen Finanzinvestoren erwarteten Renditen sind hierbei nur durch Mieterhöhungen, Entlassungen von Mitarbeitern, so genannte betriebswirtschaftliche Optimierungen, Umwandlungen von Mietwohnungen in Wohneigentum, Weiterverkäufe sowie Investitionsstopps zu erreichen. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie schüren doch nur die Ängste! Sie wissen, dass das nicht zutrifft!) Das heißt, Wohnungsbestände, die nicht als leicht verwertbar eingestuft werden, werden nicht saniert oder modernisiert. (Patrick Döring [FDP]: Falsch!) Die Wohnung als soziales Gut bleibt auf der Strecke und die Interessen der Bewohner und der Städte im Hinblick auf die Stadtentwicklung werden in den Hintergrund treten. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Sprechen Sie über die Städte, in denen Sie mitbestimmen, oder worüber reden Sie? - Patrick Döring [FDP]: In Dresden hat die PDS doch zugestimmt!) Die öffentlichen Hände verlieren den Zugriff auf die eigenen Wohnungsbestände und verschenken damit Einflussmöglichkeiten auf die regionalen Wohnungsmärkte für den Preis, die Versorgung mit sozialem Wohnraum später teuer zurückkaufen zu müssen. Wir lehnen den Verkauf und die Privatisierung von bundeseigenen Immobilien ebenso ab wie den Verkauf des kommunalen Wohnungsvermögens. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wie wollen Sie die zusätzlichen Einnahmeausfälle denn decken, Frau Kollegin?) Vieles deutet darauf hin, dass beim Börsengang der Deutschen Bahn AG der gleiche Fehler in großem Maßstab wiederholt und ebenso auf bedingungslose Privatisierung gesetzt wird, als sei dies schon ein Wert an sich. Die berechtigten Zweifel am Börsengang der Bahn dringen mittlerweile auch in die Regierungsparteien vor. Das gesamte Unternehmen für läppische 10 Milliarden bis 15 Milliarden Euro - also weit unter seinem Wert - zu verkaufen, wäre nicht nur dumm, sondern würde auf den Punkt gebracht das Verscherbeln von Volksvermögen bedeuten. (Beifall bei der LINKEN) Dass die Bundesprogramme zum Stadtumbau, zur Städtebauförderung, zum städtischen Denkmalschutz und das Programm "Soziale Stadt" auf hohem Niveau fortgesetzt werden, ist folgerichtig und wird auch von uns begrüßt. Daneben gilt es, das selbstständige Wohnen im Alter attraktiv zu machen und zu fördern, um auch der älteren Bevölkerung ihr gewohntes Wohnumfeld langfristig zu erhalten und gewachsene Wohnquartiere zu festigen. Vor allem in den Städten im Osten Deutschlands drückt sich der demografische Wandel schon heute in einem beschleunigten Schrumpfungsprozess aus. Der notwendige Anpassungsprozess verlangt nach einem Instrumentarium, das einen systematischen und zielgerichteten Umbau unserer Städte unterstützt. Wir brauchen qualitativ mehr Stadt für quantitativ weniger Bürger. Das Programm "Stadtumbau Ost", das Bund und Länder gemeinsam auf den Weg gebracht haben, hat hierbei eine Schlüsselfunktion. Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Stadtumbau ist die Erkenntnis, dass vor allem der städtische Schrumpfungsprozess von außen nach innen verlaufen soll, nicht nur, um dem Willen der Bevölkerung gerecht zu werden, die die Innenstädte als Ort hoher Lebensqualität zu schätzen wissen, sondern auch, um verödete, unattraktive Innenstädte zu verhindern. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang, dass die Mittel für den Umbau West aufgestockt worden sind, weil wir mittlerweile sehen, dass es auch hier Brandherde gibt, die entsprechend zu bearbeiten sind. Investitionen in den vorhandenen Bestand sind auch unter dem Stichwort der zunehmenden Versiegelung unserer Landschaften und des steigenden Flächenverbrauchs Neubauprojekten vorzuziehen. Die Zielsetzung der Bundesregierung, die Inanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 Hektar pro Tag - das entspricht 7 227 Fußballfeldern im Jahr - im Jahr 2020 zu reduzieren, reicht bei weitem nicht aus. Die verfehlte Verkehrspolitik der vergangenen Jahre zugunsten der Straße, die auch von Rot-Grün nicht unterbrochen wurde, ist eine Hauptursache für die stetige und teilweise rücksichtslose Versiegelung unserer Landschaften. (Zuruf von der CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht!) Durch richtige Prioritätensetzung - zum Beispiel für den Stadtumbau Ost - könnte zukünftig eine positive Flächenbilanz erreicht werden. (Beifall bei der LINKEN) Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird nach unseren Vorstellungen ein sinnvolles Programm sein. Durch die energetische Sanierung von Wohngebäuden werden unterschiedliche Zielstellungen erreicht. Ohne Frage verbinden sich mit der Umsetzung dieses Programms klima- und umweltpolitische Ziele zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes in Deutschland und zum sparsamen Umgang mit Energieressourcen. Wir sehen auch die Chancen für die deutsche Bauwirtschaft und das Handwerk wie auch die Beschäftigungseffekte, die ein solches Programm erzielen kann. Wir haben angesichts zum Teil drastisch gestiegener und weiter steigender Energiepreise aber auch die Erwartung, dass die Heizkosten für die Bürgerinnen und Bürger gesenkt werden können. Angesichts dessen halten wir die im Haushalt vorgesehenen Mittel für Zins- und Investitionszuschüsse letztlich für zu gering. Wir fordern deshalb in unserem Änderungsantrag eine Verdoppelung der Zins- und Investitionszuschüsse zur Förderung von Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung inklusive der Erhöhung der Verpflichtungsermächtigungen um zusätzliche 800 Millionen Euro auf 1,6 Milliarden Euro, um dem Nachholbedarf an dieser Stelle gerecht zu werden. (Beifall bei der LINKEN) Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Themen ansprechen, die wir Ihnen in parlamentarischen Initiativen in den nächsten Wochen vorlegen wollen. Das ist erstens die Altschuldenhilfe. Sie ist eine vereinigungsbedingte Sonderaufgabe des Bundes. Wir als Ostdeutsche und Linke fordern die Streichung der Altschulden. Wir werden Sie in den nächsten Wochen mit diesem Thema vertraut machen. Der zweite Punkt ist die Grunderwerbsteuer bei Fusionen von Wohnungsunternehmen in Ostdeutschland. Hierbei kommt es uns darauf an, die zum Jahresende auslaufende Frist entsprechend zu verlängern, damit der in Gang gekommene Fusionsprozess fortgesetzt werden kann. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen. Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Abschließend möchte ich die Kürzung der Regionalisierungsmittel streng rügen. Darauf ist aber bereits an anderer Stelle eingegangen worden. Deshalb komme ich damit zum Schluss. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN)"
DIE LINKE fordert: Privatisierung öffentlichen Eigentums stoppen - Börsengang der Bahn verhindern.
Rede
von
Heidrun Bluhm-Förster,