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Die Bundesratsinitiative zur Quote muss verbessert werden!

Rede von Cornelia Möhring,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Buschmann, das müssen Sie uns zugestehen: Angesichts der vielen guten Argumente für die Quote, die wir hier in gefühlten 150 Debatten schon ausgetauscht haben, werden Sie sicherlich verstehen, dass wir an Ihrer Lernfähigkeit langsam erhebliche Zweifel haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Quote bedeutet deutlich mehr als eine Verbesserung von Karrierechancen für Frauen. Die Quote ist ein Instrument für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an den Entscheidungen und den Ressourcen in unserer Gesellschaft. Die Linke steht dazu und sagt es immer wieder: Wir sind für eine geschlechtergerechte Gesellschaft, und wir sind auch für eine geschlechtergerechte Besetzung von Vorständen und Aufsichtsratsgremien.

Wenn es nach uns ginge, würde sich dies auch in Zahlen ausdrücken. Der Hälfte der Bevölkerung steht auch die Hälfte zu.
(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist schlicht nicht hinnehmbar, dass Frauen mit einem Anteil von lediglich 15,6 Prozent in Aufsichtsräten und von nur 4,2 Prozent in Vorständen vertreten sind.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Warum haben Sie keine gleichberechtigte Doppelspitze? Warum ist Gysi allein? Wo ist er denn?)

Herr Kauder, auf Ihre Zwischenrufe gehe ich gerne an anderer Stelle ein. Jetzt kümmere ich mich um das Wesentliche.
(Beifall bei der LINKEN)

Der Gesetzentwurf, den wir heute behandeln, weckt in mir trotzdem, ehrlich gesagt, zwiespältige Gefühle, weil er, wie ich finde, Ausdruck eines aussichtslosen taktischen Spielchens ist. Sie glauben doch nicht allen Ernstes, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen, dass CDU/CSU und FDP sich darauf einlassen? Die zeigen heute wieder deutlich, dass sie so blockiert sind, dass sie schlicht keine geschlechtergerechte Gesellschaft wollen.
(Beifall der Abg. Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich muss aber auch deutlich sagen: Ich hatte schon bei der Einbringung der Bundesratsinitiative zur Festschreibung einer verbindlichen Quote zwiespältige Gefühle. Einerseits verstehe ich es natürlich. Angesichts der Unbeweglichkeit dieser Regierungskoalition in der Frage der gesetzlichen Quote wäre es natürlich erfreulich, wenn wir auch mit den Stimmen von CDU-regierten Ländern tatsächlich erstmals eine verbindliche Quote festschreiben könnten.

Andererseits - das finde ich bedauerlich - waren Grüne und SPD in ihren Forderungen schon einmal erheblich weiter,
(Beifall bei der LINKEN)

sowohl in ihren eigenen parlamentarischen Initiativen als auch im Rahmen des überparteilichen Bündnisses der Berliner Erklärung.
In diesem Bündnis haben wir gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen - auch mit einigen aus den Koalitionsfraktionen - als ersten Schritt gefordert, dass alle börsennotierten, mitbestimmungspflichtigen und öffentlichen Unternehmen verpflichtet werden, in ihren Aufsichtsräten bis zum Jahr 2018 - ich betone das, denn 2013 finden die entscheidenden Wahlen statt - eine Mindestquotierung von 30 Prozent zu erreichen und diesen Anteil dann zügig weiterzuentwickeln.
Weil wir alle wissen, dass Freiwilligkeit zu keinem Erfolg führt, haben wir spürbare Sanktionen vorgesehen: So sollten, wenn die Zusammensetzung eines Aufsichtsrates dieser Regelung widerspricht, die Beschlüsse unwirksam werden.

Jetzt, wo sogar der Entwurf eines entsprechenden fraktionsübergreifenden Gruppengesetzes auf dem Tisch liegt, verlassen ausgerechnet SPD und Grüne den Konsens dieses Bündnisses und legen den vorliegenden Gesetzentwurf vor, einen Gesetzentwurf, der deutlich hinter den bisherigen Eckpunkten der Berliner Erklärung zurückbleibt.

In welchen Punkten gibt es Abweichungen? Diese möchte ich hier nennen, weil ich darauf aufmerksam machen möchte, dass wir entsprechende Änderungsanträge einbringen werden.
Erstens. Für Unternehmen gibt es in diesem Gesetzentwurf viel zu viele Ausnahmen.
Zweitens. Erst ab 2018 soll die erste Stufe mit 20 Prozent Frauen in Aufsichtsräten erreicht werden.
Drittens. Sie haben ein paar butterweiche Sanktionen eingebaut, nämlich die Namensnennung von Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, und die Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit von Aufsichtsratsvergütungen.
Ich sehe schon, wie alle Angst bekommen.
(Heiterkeit der Abg. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE))

Warum weichen also SPD und Grüne von den gemeinsam ausgehandelten und breit getragenen Forderungen der Berliner Erklärung kampflos ab? Weil Ihnen der Spatz in der Hand lieber ist als die Taube auf dem Dach? Oder aus wahltaktischen Gründen?
(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil mir der Spatz in der Hand lieber ist als gar keine Taube!)

Sollte Ihnen damit tatsächlich die Meisterleistung gelingen, die Regierungskoalition auf den Weg einer gesetzlichen Quote zu bringen, werde ich die Erste sein, die sagt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war ein Glanzstück.

Sie werden wahrscheinlich erwidern, dass die Einbringung des Bundesratsentwurfs durch die Bundesregierung dauern würde, bis wir hier alle Moos ansetzen.
(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir werden hier kein Moos ansetzen!)

Das glaube ich auch. In den letzten 22 Jahren hat nämlich keine Bundesregierung - im Übrigen auch nicht die rot-grüne - etwas Substanzielles geleistet, um den Gleichstellungsauftrag des Grundgesetzes im Hinblick auf die Vertretung von Frauen in Führungspositionen umzusetzen. An dieser Tatsache kommen Sie nicht vorbei.
Das hätten wir alles auf Grundlage der Berliner Erklärung diskutieren können.

Ich sehe, meine Zeit hier geht langsam dem Ende zu,
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

deswegen abschließend noch zwei Bemerkungen:
Für die Linke bleibt es dabei: Wir wollen, dass es in diesem Land geschlechtergerecht zugeht. Wir halten uns an die im Bündnis „Berliner Erklärung“ getroffenen Vereinbarungen.
(Beifall bei der LINKEN)

Wir wissen: Es gibt genug qualifizierte Frauen, um schon 2013 Gremien wie Aufsichtsräte anders zu besetzen. Deshalb werden wir entsprechende Änderungsanträge in die weiteren Beratungen einbringen.

Ich vermute, dass sich CDU/CSU und FDP diesen Änderungsanträgen wie Ihrem Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, nicht anschließen werden. Deswegen will ich Sie schon jetzt ermuntern, sich dann unseren Änderungsanträgen anzuschließen, damit wir konstruktiv vorankommen.
(Beifall bei der LINKEN Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Machen wir! Die kommen aber auch nicht durch!)

In diesem Sinne wünsche ich uns weitere konstruktive Debatten und endlich einen Schritt in Richtung mehr Geschlechtergerechtigkeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)