Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege Kauder hat eine elegante Volte gemacht, indem er das Ganze auf eine Frage des Opferschutzes reduziert hat. Das ist natürlich nicht richtig. Dieser Gesetzentwurf hat einen ganz anderen Umfang. Die Frau Kollegin von der FDP hat das ja bereits dargelegt.
Sie werden damit vor dem Verfassungsgericht wahrscheinlich erneut in Teilen scheitern. Es ist eine bewährte Übung in diesem Haus, dem höchsten deutschen Gericht sozusagen einmal die Leviten zu lesen, indem man Gesetzentwürfe verabschiedet, die geltenden Gesetzen entgegenstehen.
Ich erkenne anhand der Zwischenrufe, dass Sie diese ganz merkwürdige Einstellung haben. Sie wissen alle, welch hohe Hürden vor einer Wiedereinsetzung stehen. Wenn Sie sagen, aus Gründen der Praktikabilität ließen Sie die Leute in Haft, offenbart dies eine Rechtsgüterabwägung, die mich erschreckt. Ich sage Ihnen das ganz offen.
Sie haben auch kein Wort darüber verloren - das sind für Sie wahrscheinlich Peanuts -, dass der bargeldlose Zahlungsverkehr eingeführt wird. Sie verkennen immer wieder, wie viele Menschen in diesem Land nicht an dem bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können.
Sie verkennen auch, was es eigentlich heißt, dass Sie bei der Nichtzulassung immer wieder mit der Grenze von 20 000 Euro operieren. Es gibt Leute, für die das kein Problem ist, es gibt aber auch Menschen, die Recht suchen und für die das ein Problem darstellt.
All diese Dinge sind hier nicht zur Sprache gekommen.
Ich sage aber ganz offen: Diese verblassen sogar vor der Art und Weise, wie Sie dieses Gesetz durchgepeitscht haben. (Dr. Carl-Christian Dressel [SPD]: Jetzt kommen die Textbausteine!)
Herr Kollege Kauder, es mag ja sein, dass der Entwurf für Sie eine lange Vorgeschichte hat; trotzdem kann die Bevölkerung dieses Landes von ihrem Parlament die parlamentarische Behandlung eines Gesetzentwurfs verlangen. Die Tatsache, dass Sie die entsprechende Anhörung, die Sie ursprünglich selbst nicht durchführen wollten, auf zehn Minuten nach Schluss der letzten Haushaltswoche terminiert haben
(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Nutzen Sie Ihre Redezeit doch für Kritik und nicht für Formalismus!)- die Frau Kollegin hat das bereits gesagt -,(Joachim Stünker [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)
zeigt im Grunde genommen nichts anderes, als dass Sie weder an einer Anhörung noch an einer vertieften Diskussion über Ihre Gesetzesvorhaben interessiert sind. (Beifall bei der LINKEN)
Sie sind nicht daran interessiert. (Beifall bei der LINKEN)
An den Schulen unseres Landes wird eine Vorstellung von parlamentarischen Verfahren vermittelt, die Sie längst ad acta gelegt haben. Sie machen Ihre Gesetze vorher selber - wo auch immer - und dann werden sie hier abgenickt. Auf diese Art und Weise kann ein Parlament nicht funktionieren. Wir sind auch nicht bereit, eine solche Art und Weise hinzunehmen. Dass Sie das Thema sechs Tage nach dieser Farce von Anhörung im Parlament beraten wollen, vertieft den Eindruck nur noch mehr.
(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Was Sie gerade machen, ist ungehörig!)
Denn wir leben leider in einem Land, in dem in zunehmendem Maße von Interessierten, manchmal auch von Interessenverbänden und von der Regierung Gesetze gemacht werden. Aber die üblichen parlamentarischen Verfahren zur Rechtsfindung werden nicht mehr gewährleistet. Wir jedenfalls sind nicht bereit, das zu tolerieren. Selbst wenn man dem Gesetz in Teilen positiv gegenübersteht,
(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal, zu welchen
Teilen Sie positiv stehen!)
erzwingt allein die Tatsache, wie Sie in dieser Frage mit dem Parlament umgehen, das Nein zu diesem Vorhaben. (Beifall bei der LINKEN)

Die Bevölkerung dieses Landes kann von ihrem Parlament die parlamentarische Behandlung eines Gesetzentwurfs verlangen!
Rede
von
Ulrich Maurer,