Zum Hauptinhalt springen

Die Ampel: Regierung der gebrochenen Versprechen

Rede von Janine Wissler,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf der Ampel ist ein Kürzungshammer und sieht drastische Einschnitte vor:

(Zuruf von der FDP: Was?)

weniger Geld für Soziales, für Jugendliche, für die politische Bildung. Das hat dramatische Auswirkungen auf viele Menschen: 45 Millionen Euro weniger für Jugendsozialarbeits- und Integrationsprojekte; 35 000 Freiwilligenplätze sind gefährdet; 200 Millionen Euro weniger für die Wiedereingliederung von Langzeiterwerbslosen; der Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung wird gestrichen, das heißt noch höhere Eigenanteile für Pflegebedürftige und Angehörige; jede dritte Migrationsberatungsstelle steht vor dem Aus.

Diese Woche wurde viel über Prioritätensetzung gesprochen. Ja, die wird in der Tat deutlich. Statt den enormen Reichtum in diesem Land angemessen zu besteuern, kürzen Sie bei denen, die ohnehin schon viel zu wenig haben, bei denen, die Hilfe brauchen, bei denen, die krank sind. Das nenne ich schäbig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Sozialverbände sprechen von sozialem Kahlschlag dort, wo das Geld am nötigsten gebraucht wird. Die Ampel ist die Regierung der gebrochenen Versprechen.

(Nina Warken [CDU/CSU]: So ist es!)

Ein paar Beispiele: Im Koalitionsvertrag heißt es: „Die ... Wohlfahrtsverbände sind eine wichtige Stütze der Daseinsvorsorge, wir wollen für sie verlässliche Partner sein.“ Als „verlässliche Partner“ kürzt die Ampel den Verbänden die Mittel um ein Drittel.

Im Koalitionsvertrag steht: „Wir wollen ... den Kinderschutz stärken ...“ Im Haushaltsentwurf gibt es 44 Prozent weniger für Maßnahmen gegen sexuellen Kindesmissbrauch. „Politische Bildung und Demokratieförderung sind mehr gefordert denn je ...“ So steht es im Koalitionsvertrag. Da steht auch: Deshalb sollen die Projektmittel der Bundeszentrale für politische Bildung erhöht werden. Aber der Haushalt sieht vor, dass die Mittel um mehr als ein Fünftel gekürzt werden.

Laut Koalitionsvertrag will die Ampel die Beratungs- und Präventionsarbeit gegen rechts und gegen Rassismus stärken. Und im Haushalt? Die Zuschüsse für die Amadeu-Antonio-Stiftung, das Anne-Frank-Zentrum und andere Initiativen werden gestrichen. Projekte gegen Hass im Netz bekommen 1 Million Euro weniger. Ja, Frau Faeser, wie wollen Sie denn Ihren Aktionsplan gegen Rechtsextremismus umsetzen, wenn die Mittel dafür zusammengestrichen werden?

(Beifall bei der LINKEN)

Wollen wir unseren Kindern später ernsthaft erklären: „Sorry, ihr lebt jetzt unter einer faschistischen Regierung, aber dafür haben wir mal zwei Jahre weniger Schulden gemacht“? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Mittel für humanitäre Hilfe und Krisenprävention werden um mehr als ein Drittel gekürzt.

Und wer braucht schon Katastrophenschutz in Zeiten des Klimawandels und dessen dramatischen Folgen? Da kann man doch mal 23 Prozent einsparen. – Das ist doch verantwortungslos!

(Beifall bei der LINKEN)

Ihr eigener Koalitionsvertrag ist offenbar das Papier nicht wert, auf dem er steht.

Dann kommen wir zu dem ganzen Trauerspiel um die Kindergrundsicherung. Das größte sozialpolitische Vorhaben der Ampel sollte es werden. Das Familienministerium selbst hat 12 Milliarden Euro dafür veranschlagt. Familienministerin Paus hat im Streit über die Kindergrundsicherung das Steuerentlastungsgesetz blockiert. Frau Paus, Sie haben 12 Milliarden Euro gefordert und haben nun 2,4 Milliarden Euro statt 2 Milliarden Euro bekommen. Herr Lindner hat sich im Gegenzug noch eine weitere Milliarde für Steuerentlastungen für die Unternehmen genehmigt. Da greift man sich doch an den Kopf.

(Beifall bei der LINKEN)

Und dieser Etikettenschwindel soll die größte und letzte Sozialreform dieser Ampel gewesen sein?

Mit diesen Sozialkürzungen und ausbleibenden Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz fährt die selbsternannte Fortschrittskoalition die Zukunft an die Wand. Das Festhalten an der Schuldenbremse hat verheerende Auswirkungen für viele Menschen. Deshalb muss sie ausgesetzt, besser noch: abgeschafft werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei jeder Bahnfahrt zeigt sich doch, dass die Verkehrsinfrastruktur ein riesiges Problem ist.

(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Krankenhäuser, Bildung – chronisch unterfinanziert. Ja, was tun Sie denn dagegen in diesem Haushalt?

(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Angeblich ist kein Geld da, außer für Rüstungskonzerne und fürs Militär: 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr, fast jeder fünfte Euro fließt in die Rüstung. Da steigen die Ausgaben deutlich. Das zeigt doch: Geht doch alles, wenn ein politischer Wille da ist. Nur bei Armutsbekämpfung ist der politische Wille eben nicht da, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Steuerpolitisch ist die Ampel ein Totalausfall. Nicht mal die enormen Übergewinne der Energiekonzerne wollen Sie abschöpfen, Herr Habeck. An die großen Konzerne, die Superreichen, die Krisengewinner will die Regierung nicht ran. Aber bei Jugendprojekten sitzt der Rotstift locker.

(Zuruf des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])

Es ist doch geradezu lächerlich, wie SPD und Grüne versuchen, sich hinter Herrn Lindner und der kleinen FDP zu verstecken, wenn es darum geht, wer die Schuld an all den Kürzungen trägt. Sie sind eine Koalition. Kanzler Scholz und Vizekanzler Habeck sind doch nicht die Geiseln der FDP und von Finanzminister Lindner. Sie alle zusammen sind doch Partners in Crime.

(Beifall bei der LINKEN)

Ihre Politik verschärft die soziale Spaltung, und dafür trägt jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete in diesem Haus Verantwortung, wenn die oder der einem solchen Kürzungshaushalt seine Zustimmung gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hätten zuhören sollen, bevor Sie ein solches Zeug erzählen!)