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Der Verlauf der KFOR Mission unterstreicht, dass Krieg kein Mittel der Politik sein kann

Rede von Paul Schäfer,

Der NATO-Krieg war und bleibt ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. KFOR leistet keinen Beitrag zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen den Bevölkerungsgruppen im Kosovo. Stattdessen geht es der NATO um die Lostrennung des Kosovo. Aus diesen Gründen lehnt Paul Schäfer, der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., im Namen der Fraktion eine Verlängerung des KFOR Mandats ab und fordert die Regierungen der NATO Staaten auf, in Zukunft prinzipiell auf selbstmandatierte Einsätze zu verzichten.

Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Potemkin baut in Orahovac. Das geht so: 40 Häuser, die bei den Märzunruhen 2004 zerstört worden sind, werden jetzt wie sich die Mitglieder des Verteidigungsausschusses vor kurzem vor Ort überzeugen konnten wieder aufgebaut. Die Verkaufsverhandlungen mit Kosovoalbanern sind praktisch bereits im Gange. Die für die kosovarischen Familienverhältnisse zu kleinen Häuser werden dann abgerissen werden. Darin drückt sich leider ein Trend aus: Die jungen Serbinnen und Serben gehen, ein Teil der älteren bleibt. Der Antrag der Bundesregierung ist überschrieben mit „Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der Internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleistung eines sicheren Umfeldes für die Flüchtlingsrückkehr“ das ist Teil eins der Überschrift. In den Ohren der weit über 200 000 Flüchtlinge und Vertriebenen Serben, Sinti und Roma muss das wie Hohn klingen. Das passierte bekanntlich unter den Augen der NATO-Truppen. Das Beispiel Orahovac zeigt, wie weiter an der Legende gestrickt wird, dass der KFOR-Einsatz für ein multiethnisches Kosovo sorgen werde. Ich weiß, dass die Soldatinnen und Soldaten wir haben es gesehen: die deutschen, die schweizerischen, die österreichischen sehr bemüht sind, diesen Auftrag zu erfüllen. Es geht aber um das Versagen der Politik. (Beifall bei der LINKEN) Das Kriegsziel „multiethnisches Kosovo“ ist spätestens mit den Luftangriffen der NATO an der Seite der UCK verspielt worden. Die International Commission on the Balkans, der Carl Bildt und Richard von Weizsäcker angehörten, hat im letzten Jahr festgestellt: “Die Situation der serbischen Minderheit in Kosovo ist die größte Anklage gegen den Willen und die Fähigkeit Europas, seine eigenen proklamierten Werte zu verteidigen. (Beifall bei der LINKEN) Der zum Staatsmann gewendete Kriegsherr Agim Ceku redet ich habe genau mitgeschrieben vom Ausgleich zwischen den Kommunitäten. Derweil rappt die kosovarische Jugend zu heroischen Bildern von „Albania“, so der Titel des Videoclips, den uns die KFOR gezeigt hat und der in den Diskotheken der Hit ist, und träumt den großalbanischen Traum. Ich will das nicht überdramatisieren, aber bereits heute stellt sich die Frage: Was kommt nach der Unabhängigkeit des Kosovo? Die Lostrennung des Kosovo ist Kollege Paech hat es gesagt ausgesprochene Politik der NATO. Ahtisaari wird sich dem anschließen. Auch in dieser Hinsicht entspricht der Antrag der Bundesregierung längst nicht mehr den Realitäten. Es geht nicht um die Durchsetzung der Resolution 1244, sondern um eine weitgreifende Änderung. Natürlich kann über diese Änderung des Status verhandelt werden. Aber es muss eine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten geben, kein Oktroi. Denn sonst kommen wir in Teufels Küche. (Beifall bei der LINKEN) Krieg produziert Folgezwänge, denen man sich realpolitisch kaum entziehen kann. Ich weiß, es gibt Gründe dafür, zu sagen: Wir müssen jetzt die Minderheiten im Kosovo durch die KFOR schützen. Aber wir wollen eine andere Logik der internationalen Politik durchsetzen. Für uns ist Krieg kein Mittel der Politik. Gerade Kosovo hat gezeigt, dass Krieg eine immense Eskalation von Gewalt und Hass mit sich bringt. Sehen Sie sich die Zahlen der Vertriebenen und der Todesopfer an! Krieg darf kein Mittel der Politik sein. Deshalb stimmen wir gegen den Antrag der Bundesregierung. (Beifall bei der LINKEN) Wir wollen jetzt, da sich die jugoslawische Tragödie dem Ende nähert, deutlich sagen: Politik muss sich strikt ans Völkerrecht halten. Das fordern wir von dieser und von jeder künftigen Bundesregierung. Der NATO-Krieg war und bleibt ein eklatanter Bruch des Völkerrechts. Die NATO muss deshalb, wenn sie im nächsten Jahr ihre Strategie überarbeitet, definitiv auf selbstmandatierte Militäreinsätze verzichten. (Beifall bei der LINKEN) Schließlich: Ohne eine genauere Schuldzumessung für die verschiedenen Beteiligten der Balkankriege hier vornehmen zu können oder zu wollen, finde ich, dass es an der Zeit ist, Gerechtigkeit für Serbien zu fordern. Da dieses Land nicht zuletzt durch äußere Einflüsse um viele Jahrzehnte zurückgeworfen worden ist, geht es jetzt um Hilfe, um Unterstützung, um Integration und nicht um Demütigung und Pression. (Uta Zapf (SPD): Die haben sich doch erst mal selbst kaputt gemacht, Paul!) Das schlimme Ausdruck „Die Serben in die Knie zwingen“ das hat ein bundesdeutscher Außenminister gesagt, liebe Kollegin klingt mir noch in den Ohren. Ich finde, es ist an der Zeit, den Serben jetzt wieder auf die Beine zu helfen. Danke. (Beifall bei der LINKEN Uta Zapf (SPD): Das haben wir ja vor!)