Die Wahrnehmung von Verbraucherrechten darf nicht von den sozialen Lebensbedingungen abhängig sein.Gute personelle Voraussetzung an den Bundesämtern BVL und BfR müssen nun für den Bereich der Risikobewertung bei Infektionskrankheiten von Tieren im Friedrich-Loeffler-Institut dringend nachgeholt werden.“ Rede von Kirsten Tackmann zu Anträgen der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen „Moderne Verbraucherpolitik fortführen und weiterentwickeln“ (DS 16/684) und FDP „Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft …“
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Viele der im Antrag der Grünen konkret genannten Forderungen waren und sind auch Forderungen meiner Fraktion. Wir selbst haben bereits die Streichung der Ministererlaubnis beantragt. Unsere Kritik am Herkunftslandsprinzip der EU-Dienstleistungsrichtlinie war unüberhörbar. Ebenso wichtig ist uns die Forderung nach Unisextarifen bei Versicherungsverträgen, die Sicherung der Postversorgung im ländlichen Raum und vieles mehr. Allerdings unterscheidet uns, glaube ich, die Sicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Linke hat ein anderes Grundverständnis von Verbraucherschutzpolitik: Für uns steht der Mensch als Sozialwesen im Mittelpunkt, das seinen Mitmenschen, aber auch der Umwelt und den nachfolgenden Generationen verpflichtet ist. Dieser Mensch ist aufgrund der Machtverhältnisse in der Marktwirtschaft schutzbedürftig, Herr Goldmann, und zwar als Konsument von Sach- und Dienstleistungen, als alltäglicher Vertragspartner und als Adressat von hoheitlichen Vorschriften, Informationen und behördlichem Handeln. Historisch gesehen resultiert der Verbraucherschutzgedanke aus der Erkenntnis, dass wirtschaftliche Machtunterschiede zwischen Vertragsparteien oft zu Defiziten beim Interessenausgleich führen. (Beifall bei der LINKEN) Mündigkeit und Aufgeklärtheit allein darauf reduziert es die FDP ändern noch nichts am Bedarf der Sicherstellung eines gerechten Interessenausgleichs. (Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Genau!) Verbraucherinteressen unterliegen ganz konkreten sozialen Rahmenbedingungen. Daher fordern wir, dass die Wahrnehmung von Verbraucherrechten nicht von den sozialen Lebensbedingungen abhängig sein darf. (Beifall bei der LINKEN) Das erfordert unter anderem kostenlose Informationszugänge, langfristig gesicherte, kostenfreie und dezentral verfügbare Beratungsstrukturen sowie ein Verbands- und Vereinsklagerecht, das es auch den Armen ermöglicht, ihre Rechte wahrzunehmen. (Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Ganz wichtig!) Rot-Grün hat unbestritten das Verdienst, Fragen des Verbraucherschutzes politisch aufgegriffen und die Sensibilität dafür verstärkt zu haben. Das war und bleibt richtig. Allerdings fordern wir zum Beispiel einen Informationsanspruch statt einer elitären Informationsgewährung. Diese unterschiedliche Sichtweise zeigte sich kürzlich bei § 28 a des Gentechnikgesetzes, den wir als einzige Fraktion abgelehnt haben, weil er eben keinen Anspruch auf Informationen sichert, erst recht keinen umfassenden. (Beifall bei der LINKEN) So ganz freiwillig war aber auch die Neuorientierung hin zu mehr Verbraucherschutz nicht. Erst die BSE-Krise hat den Stein richtig ins Rollen gebracht. Ob aus den damaligen Analysen wirklich die richtigen Schlussfolgerungen gezogen wurden, muss angesichts immer neuerer Skandale hinterfragt werden. Bei den damals neu gegründeten Bundesämtern, dem BVL und dem BfR, wurden immerhin die personellen Voraussetzungen geschaffen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Das muss nun für den Bereich der Risikobewertung bei Infektionskrankheiten von Tieren im Friedrich-Loeffler-Institut dringend nachgeholt werden. Hier muss die Bundesregierung endlich die richtigen Schlussfolgerungen aus den vergangenen Wochen ziehen. Werden andererseits die Bewertungen der politikberatenden Bundesforschungseinrichtungen von den Entscheidungsträgern ernst genug genommen? War beispielsweise die Entscheidung zugunsten niedrigerer Altersgrenzen bei BSE-Untersuchungen das soll nun korrigiert werden wirklich wissenschaftlich begründet? Warum reagiert die Bundesregierung so zögerlich auf den Nachweis der Druckerchemikalie ITX in Getränken, obwohl das BfR feststellt, dass „die zum Teil hohen Rückstände … aus Sicht der Risikobewertung nicht akzeptabel“ sind? Warum wird hingenommen, dass die Industrie die zur Bewertung notwendigen Daten erst 2010 bzw. 2015 vorlegen will, obwohl das BfR das beanstandet hat? Allein diese Fragen zeigen, wie wichtig das Anliegen der vorliegenden Anträge ist. Aber über die Umsetzung werden wir uns noch streiten müssen. Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Mechthild Rawert (SPD)) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Das Wort hat jetzt die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß von der SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dateiende
Der Mensch steht im Mittelpunkt moderner Verbraucherpolitik
Rede
von
Kirsten Tackmann,