Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Frage der Netzneutralität gehört zu den wichtigsten Herausforderungen der aktuellen Netzpolitik. Für die Linke ist klar: Wir wollen die Netzneutralität dauerhaft sichern. Wie dies geschehen kann, haben wir in unserem Antrag beschrieben. Wir begrüßen es, dass - anders als die Regierungskoalition - auch die Grünen die Netzneutralität sichern wollen. Herr Dörmann, wenn Ihnen nicht ausreicht, was wir machen, empfehle ich Ihnen: Lassen Sie es uns machen wie in Schleswig-Holstein. Dort gibt es einen Antrag von Rot-Rot-Grün "Netzneutralität in Europa sichern".
(Beifall bei der LINKEN)
Die Regierung setzt auf die Kräfte des Marktes. Diese Strategie ist gescheitert. Der Gesetzgeber muss endlich handeln.
(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! - Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Wo ist sie gescheitert?)
Worüber reden wir hier? Das Internet, wie wir es bisher kennen, verdankt seinen Erfolg unter anderem der Tatsache, dass es einen gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Datenverkehr gibt, unabhängig vom Inhalt oder dem verwendeten Dienst. Bisher ist es völlig egal, ob ein Nutzer Videos bei YouTube anschauen oder Fotos an seine Verwandten verschicken wollte. Der Zugang und die Qualität waren für alle Nutzerinnen und Nutzer gleich. Auf der anderen Seite konnten die Anbieter neuer Dienste davon ausgehen, dass die Nutzer ihre Angebote in gleichem Maße nutzen konnten wie existierende Dienste. Dies ist möglich, weil die Netzbetreiber selbst seit einigen Jahren sogenannte Netzmanagementmaßnahmen ergreifen. So ist es zum Beispiel für ein störungsfreies Internettelefonat notwendig, dass die Datenpakete zur richtigen Zeit und in der richtigen Reihenfolge bei den Teilnehmern ankommen.
Das soll auch so bleiben. Wir lehnen eine rein technisch bedingte Priorisierung von Datenpaketen nicht ab. Wir sagen: Eine rein technisch bedingte Priorisierung ist möglich und in engen Grenzen sinnvoll, aber eine Priorisierung als Geschäftsmodell zur Profitsteigerung der Netzbetreiber, wie in jüngster Zeit offen gefordert, lehnen wir ab. Hierbei geht es allein um den schlichten Versuch, die eigenen Profite zu maximieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Dabei hat doch in den letzten Jahren der Ausbau der Netzinfrastruktur mit den technischen Entwicklungen bei Diensten und Inhalten Schritt gehalten. Warum das nicht mehr gehen soll, konnte bisher kein Netzbetreiber ausreichend erklären. Trotz mehrmaliger Nachfrage konnten bis heute auch keine Zahlen vorgelegt werden, die zeigen, dass das Internet demnächst tatsächlich aus allen Nähten platzt. Hier wird aus reiner Profitgier der Teufel an die Wand gemalt. Doch wir bezweifeln, dass es diesen Teufel überhaupt gibt.
(Beifall bei der LINKEN - Claudia Bögel [FDP]: Unfassbar!)
Der Ausweg, den die Netzbetreiber anbieten, um aus dem vermeintlichen Dilemma herauszukommen, ist ein massiver Ausbau der Netzinfrastruktur mit Kosten in Milliardenhöhe. Dies wollen sie freilich nicht selbst finanzieren; im Gegenteil, sie wollen doppelt kassieren. Das notwendige Geld wollen sie sich bei den Endkunden und Inhalteanbietern holen. Die Endkunden, also Sie und ich, sollen extra zahlen, wenn sie ruckelfreies Onlinefernsehen oder die Möglichkeit des Videotelefonierens nutzen wollen,
(Jimmy Schulz [FDP]: Mehr Leistung kostet mehr Geld!)
und die Anbieter sollen dafür zahlen, dass ihre Inhalte schneller beim Kunden ankommen. Das Ganze wird dann unter dem Begriff "Qualitätsklassen" schmackhaft gemacht. Dahinter versteckt sich allerdings die Abkehr vom Prinzip eines gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Datenverkehrs, und das ist am Ende nichts anderes als der Anfang vom Ende des freien Internets.
(Beifall bei der LINKEN)
Bestimmte, von den Netzbetreibern definierte Dienste und Anwendungen sollen priorisiert, andere hingegen behindert und blockiert werden. Zukünftig entscheiden also Telekom, Vodafone und Co., welche Inhalte im Netz schnell und in guter Qualität genutzt werden können und welche nicht. Die Folge ist ein Basisinternet für alle und ein Premiuminternet für die, die es sich leisten können. Das ist mit uns nicht zu machen,
(Beifall bei der LINKEN)
auch deshalb nicht, weil beispielsweise NGOs, die für die Verbreitung ihrer Arbeit auf Internetvideos setzen, gar nicht in der Lage sind, Geld dafür zu bezahlen, dass ihre Videos ins Netz gelangen.
Wir wollen die Festschreibung der Netzneutralität anhand klarer Kriterien. Dies haben wir in unserem Antrag formuliert. Dafür bitten wir um Ihre Zustimmung. Wenn das Sozialismus ist, dann ist es Sozialismus, aber es schadet ja nichts.