Zum Hauptinhalt springen

Den neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen effektiv gestalten

Rede von Michael Leutert,

(zu Protokoll)

Ich habe schon in meiner letzten Rede darauf hingewiesen, dass in Bezug auf Homosexualität die geltende Rechtsprechung in großen Teilen Nigerias aus dem vorletzten Jahrhundert stammt und auf dem britischen Common Law beruht, eine Erbschaft aus der Kolonialzeit eben. Hier zeigt sich europäische Verantwortung für die Geschichte, die für Afrika überwiegend Ausbeutung und Unterdrückung bedeutete. Sie weist Europa damit auch eine Verantwortung für die Zukunft dieser Länder zu.

14 Jahre Haft ist gegenwärtig das Strafmaß für homosexuelle Handlungen in Nigeria, ausgenommen die zwölf Bundesstaaten, in denen die Scharia gilt und Steinigung erfolgt. Stellt der Gesetzesentwurf dann nicht etwa eine Verbesserung für verfolgte Homosexuelle dar? Sieht er doch eine Haftstrafe von 5 Jahren vor. Nein, natürlich nicht. Zum einen bleibt es völlig inakzeptabel, dass Homosexualität ein Straftatbestand ist.

Zum anderen wird der Umfang der Strafbarkeit erheblich ausgeweitet und erstreckt sich auf viele gesellschaftliche Bereiche, wie öffentliche Darstellung, Meinungsbildung, Berichterstattung und zivilgesellschaftliches Engagement. Darüber hinaus droht das Gesetz, Wasser auf die Mühlen wirkungsmächtiger gesellschaftlicher Gruppen wie Christian Association of Nigeria und National Muslim Centre, die das Vorhaben ausdrücklich unterstützen, zu gießen. Das bedeutet nichts anderes als eine wachsende Bedrohung von Menschen, die homosexuell leben oder auch nur darüber aufklären. Es gibt daher keinen Grund, den vorliegenden Antrag nicht zu unterstützen.

Es liegt ein weiterer Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Die Thematik ist freilich eine andere. Es geht um den UN-Menschenrechtsrat. Aber Nigeria spielt auch hier eine Rolle. Denn eines der 13 Mitglieder Afrikas ist Nigeria. Das zeigt exemplarisch die Schwierigkeiten, mit denen dieses Gremium zu kämpfen hat. Tatsächlich gibt es einige Länder, die von der UN-Generalversammlung in den UN-Menschenrechtsrat gewählt wurden und denen die VN-Charta und die Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen nur bedingt Richtschnur ihres politischen Handelns sind. Insofern ist dem Antrag von der Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen im Großen und Ganzen zuzustimmen.

Dennoch seien mir folgende Bemerkungen erlaubt. Menschenrechtspolitik scheint in diesem hohen Hause ausschließlich auswärtige Politik. Menschenrechte werden nur im Ausland verletzt. Aber ein kritischer Blick nach innen auf die Gefährdungen von Bürger- und Freiheitsrechten in unserem Land zum Beispiel durch Überwachungsbestrebungen und Eingriffe in die Privatsphäre würde dem Streiten der Bundesrepublik Deutschland für Menschenrechte in der Welt mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Der stete Fingerzeig auf die .Anderen verweist eher auf eine Anmaßung, nämlich, vorzugsweise zusammen mit anderen westeuropäischen Staaten, letzter Gralshüter der Menschenrechte zu sein, und auch letzter Richter.

So ist es nicht zufällig, dass der vorliegende Antrag vom UN-Menschenrechtsrat objektive Resolutionen verlangt. Wer aber Objektivität einfordert, weiß offenbar, was objektiv ist. Von diesem hohen Ross sollte schnellstens abgestiegen werden.