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De-Mail ist alles andere als verbraucherfreundlich

Rede von Halina Wawzyniak,

Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir Linken begrüßen es, wenn elektronische Kommunikation zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Verwaltung einer höheren Vertraulichkeit und Authentizität unterliegt. Mit diesem Gesetzentwurf wird dieses Ziel allerdings nicht erreicht. Deshalb wird die Linke diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie verkaufen De-Mail als große Vereinfachung für Bürgerinnen und Bürger. Wenn Ihnen aber tatsächlich daran gelegen wäre, neue, gute und sichere Kommunikationswege zu schaffen, hätten Sie nach der Anhörung im Innenausschuss am 7. Februar Anregungen aufgenommen und Änderungen an Ihrem Entwurf vorgenommen, und zwar Änderungen, die in der Anhörung angesprochen worden sind, und nicht die, die Sie tatsächlich vorgenommen haben.
Sie fahren aber lieber eingleisig und halten an Ihrem Entwurf fest, der - einmal vorausgesetzt, die Verbraucher machen mit; das sehe ich bei Ihrem angeblich bürgerfreundlichen Gesetz aber noch nicht - eher dem Staat dient und der Wirtschaft ermöglicht, Kosten zu sozialisieren, Profite zu maximieren und Kontrollmechanismen auszubauen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass Sachverständigenanhörungen zu Alibiveranstaltungen verkommen. Im Rahmen der Anhörung spielte die fehlende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung beispielsweise eine zentrale Rolle. Solange eine solche Ende-zu-Ende-Verschlüsselung fehlt oder nicht verbindlich festgeschrieben ist, können wir diesem Gesetz nicht zustimmen. Da sind wir tatsächlich Fundamentalisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen eine durchgehende Inhalteverschlüsselung und nicht lediglich eine Verschlüsselung vom Absender zum Provider und dann vom Provider zum Empfänger. Solange das nicht passiert, sehen wir tatsächlich - da hat Herr Binninger recht - das Post- und Fernmeldegeheimnis als nicht gesichert an.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das stimmt doch nicht!)

Es gibt im Übrigen, wie in der Anhörung vorgetragen, auch keine kollidierenden Verfassungsgüter, die eine Außerkraftsetzung dieser Grundrechte begründen könnten; es sei denn, es gibt einen Generalverdacht. Ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist es so, als würde beispielsweise die Post des Finanzamtes an den Bürger und die Bürgerin und umgekehrt grundsätzlich vorher geöffnet - ich sage: geöffnet, nicht gelesen -, bevor sie an den Empfänger weitergeleitet wird. In der analogen Welt wäre dies unvorstellbar; in der digitalen Welt halten Sie es offensichtlich für vertretbar. Wir tun das aber nicht, und das macht den kleinen, aber feinen Unterschied aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie werden hier auch selbst unlogisch; denn der Gesetzentwurf soll angeblich Kosten sparen. Sie müssen mir einmal erklären, wie Sie Kosten sparen wollen, wenn das BSI zusätzliches Personal für jährlich eine halbe Million Euro und der Bundesdatenschutzbeauftragte Personal für eine Viertelmillion Euro einsetzen soll.

Oder sehen wir uns die Prognose der Bundesregierung bezüglich der Endpreise für die Verbraucher und Behörden an. Ich zitiere aus dem Gesetzentwurf:
Außerdem ist nicht auszuschließen, dass der Preis pro De-Mail-Nachricht unter den heute üblichen Portokosten liegen wird.
- "Es ist nicht auszuschließen": Das ist wirklich überzeugend. Für mich klingt das nicht nach einer sicheren Bank.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein weiterer Grund für unsere fehlende Zustimmung ist das Fehlen einer einheitlichen, verbindlichen und providerunabhängigen Kennzeichnung der De-Mail-Adresse. Nur so kann tatsächlich eine Unterscheidbarkeit zu normalen E-Mail-Adressen erreicht werden. Vor allem ist nur so für den Verbraucher und die Verbraucherin die Sicherheit gegeben, dass sie im Rahmen des Wettbewerbs den Anbieter wechseln können. Und wenn Sie schon nicht auf mich hören wollen, dann hören Sie wenigstens auf den Deutschen Landkreistag, der ausdrücklich kritisiert, dass die Festschreibung einer einheitlichen Kennzeichnung fehlt.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Binninger, die Mitglieder des Landkreistages sind genauso wenig wie die Grünen Sozialisten. Für demokratischen Sozialismus war, ist und bleibt die Linke zuständig, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Gerold Reichenbach [SPD]: Das war jetzt Etikettenschwindel!)

Mit diesem Gesetz leisten Sie leider einen Beitrag, die vielfältig noch anzutreffende und nicht immer von der Hand zu weisende Kritik in Bezug auf elektronische Verfahren zur Verwaltungsvereinfachung zu bestätigen. Damit erreichen Sie genau das Gegenteil von dem, was beabsichtigt war. Das Gesetz schadet mehr, als es nutzt. Und das machen wir nicht mit.