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Das, was sie hier offenbart haben, sind Abgründe von Verleumdung und vor allem von Heuchelei

Rede von Ulrich Maurer,

Ulrich Maurer (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gelernt, dass es im Parlament erlaubt ist, zu lügen. Das haben Sie ausgiebig getan.

(Beifall bei der LINKEN)

Was ich hier gehört habe, waren viele Lügen und viele Verleumdungen.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ich werde Ihnen das jetzt belegen. Wenn jemand seit Jahren an der Seite des syrischen Widerstands gegen Assad steht, dann sind es die Linken in Deutschland. Sie nicht!

(Zuruf von der CDU/CSU: Lächerlich!)

Sie haben eine lange Tradition der Kollaboration mit dem Regime Assad.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Götzer (CDU/CSU): Was war denn zu DDR-Seiten?)

Es war nicht gut, dass in diesem Aufruf, den sechs von uns unterzeichnet haben, die Brutalität des Regimes nicht angesprochen wurde. Ich zitiere hier aus einer Erklärung der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW:
Keiner der Unterzeichner des Aufrufs verteidigt die brutale Gewalt des syrischen Präsidenten gegen sein eigenes Volk. Ziel des Aufrufs ist allein, vor der drohenden Kriegsgefahr für die Bürger in Syrien und im Iran durch eine Eskalation der Konflikte aufgrund der Embargopolitik und permanenter Kriegsdrohungen zu warnen.

(Otto Fricke (FDP): Das muss man wohl ablesen!)
Ja, Sie lesen auch viel ab; aber ich lese wenigstens wahrheitsgemäß ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese internationale Ärzteorganisation hat den Vorwurf also zurückgewiesen.
Ich sage es noch einmal: Es war nicht gut, dass in dem Aufruf, den sechs von uns unterschrieben haben, nichts von der Brutalität des Regimes stand. Aber jetzt kommen wir zur Wahrheit und zum Kern des Problems.

Ich zitiere Frau Kollegin Steinbach aus Ihren Reihen, die in der Rheinischen Post sagte:
Wenn am Ende überall der islamische Fundamentalismus obsiege, werde man „vielleicht sagen müssen, dass für Christen die Regime von Mubarak & Co. das kleinere Übel waren ...“

(Zurufe von der LINKEN: Ah!)

Fangen Sie mit den Klärungsprozessen in diesem Punkt also einmal bei sich an. Fangen Sie damit an!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich zitiere aus Parlamentsdokumenten, dass Sie auf Anfrage der Fraktion Die Linke eingeräumt haben, dass noch 2011 166 Menschen aus Deutschland nach Syrien abgeschoben werden sollten,

(Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Unerhört!)

darunter Deserteure, die sich gegen Assad gewandt haben. Wir verteidigen diese Menschen, und Sie sagen, ab nach Ungarn zu ihren Parteifreunden! Von ihnen weiß man ja, dass sie diese Deserteure direkt an die syrischen Folterer weitergeben. Das ist Ihre Praxis in Deutschland.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen ist das, was Sie hier betreiben, verlogen und heuchlerisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei einem Treffen des syrischen Widerstands vor wenigen Wochen waren mein Kollege Gehrcke und ein Beobachter der SPD anwesend. Von Ihnen wurde niemand gesehen. An der Erklärung des syrischen Widerstands hat unser außenpolitischer Sprecher als Autor maßgeblich mitgearbeitet.

Und weiter zu Ihren Traditionen. Noch 2009 ist Ihr damaliger Wirtschaftsminister Guttenberg auf der Tagung „Gastland Syrien“ in Berlin zum Zweck der Exportförderung herumstolziert. Dabei ging es um Geschäfte. In einer Panorama Sendung aus dem Jahre 2011, die ich Ihnen empfehle, ist ein hochrangiger Entwicklungsexperte der GIZ mit den Worten zu hören: Natürlich habe ich mich nie mit der syrischen Opposition getroffen; das wäre für meine Mission schädlich gewesen.

Im Deutschen Bundestag gab es einen Antrag der Linken mit dem Titel „Solidarität mit den Demokratiebewegungen in den arabischen Ländern - Beendigung der deutschen Unterstützung von Diktatoren“, in dem Syrien ausdrücklich genannt wird. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt. Das ist das, was hier in diesem Parlament real passiert.

(Beifall bei der LINKEN – Birgit Homburger (FDP): Sagen Sie mal, was in diesem Antrag gestanden hat!)

Um es auf den äußersten Punkt zu bringen: Sie haben es sogar geschafft – ich zitiere aus dem Protokoll , im Jahre 2011 einen Antrag der Linken mit folgendem Titel abzulehnen: „Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern nach Syrien endgültig stoppen“. Dieser Antrag wurde in der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am 29. Juni 2011 beraten. In der Abstimmung im Bundestag ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf deren Verlangen die heutige Debatte stattfindet gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt worden. Sie schaffen es, im Juni 2011 einen Antrag der Linken gegen Waffenlieferungen an Assad abzulehnen. Dann stellen Sie sich hierhin, blasen sich auf und verbreiten Lügen und Verleumdungen gegen unsere Partei.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Ihre Politik! Harald Koch (DIE LINKE): Eigentor!)

Ich zitiere aus einer Anfrage meiner Kollegin Inge Höger:
Ist die Bundesregierung angesichts der andauernden Gewalt in Syrien und des fatalen Signals an syrische Deserteure und Verweigerer, das durch die drohende Abschiebung von syrischen Deserteuren aus der bayrischen Abschiebehaft nach Ungarn und von dort nach Syrien gegeben wird, bereit, die bisherige Praxis der Rückführung in angeblich sichere Drittstaaten aufzugeben und zukünftig allen Menschen, die sich dem Militärdienst in Syrien und damit der gewaltsamen Unterdrückung von Aufständischen verweigern, in Deutschland Asyl zu bieten?

Wissen Sie, wie die Antwort der Bundesregierung war? Sie ist dazu nicht bereit. Das, was Sie hier offenbart haben, sind Abgründe von Verleumdung und vor allem von Heuchelei.

(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)