Die Strategie der Bundesregierung in Sachen Biotreibstoffe wird vor allem die großen Mineralölkonzerne freuen; denn sie können sich problemlos mit der Beimischungsquote arrangieren. Nebenbei wird das Ganze noch als Leistung für den Klimaschutz gemäß der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie angerechnet. Ein guter Deal! Auch mit dem geplanten Börsengang der Bahn oder mit der Verwirklichung des nunmehr bayerischen Wunschtraums, des Baus einer Transrapidstrecke, wird eine zukunftsfähige Verkehrspolitik nicht befördert, sondern blockiert. Die Folge wird sein: weniger Geld und Chancen für den öffentlichen und schienengebundenen Verkehr in der Fläche, dafür mehr Verkehr auf der Straße. Mehr Gerechtigkeit heißt für uns: Ölverbrauch vermindern, um dadurch dem Klimawandel und Konflikten vorzubeugen, sowie die Rohstoffe auf einem Niveau halten, damit sie sich auch ärmere Länder leisten können. Eva Bulling - Schröter in der Debatte zum Haushaltsgesetz 2006.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir alle wissen, ist der Umwelthaushalt kein Investitionshaushalt wie etwa der Verkehrshaushalt. Der Umweltminister bewegt keine Milliarden; die Finanzierung von Umweltschutzausgaben ist im Wesentlichen Aufgabe der Länder. Entsprechend klein ist das Budget des Einzelplans 16. Gleichwohl ist der Bundeshaushalt insgesamt von erheblicher Bedeutung dafür, ob und wie weit sich Deutschland in Richtung einer ökologisch und sozial nachhaltigen Entwicklung bewegt, sei es im schon erwähnten Verkehrshaushalt, im Forschungs- und Wirtschaftsetat oder beim Budget zur Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien im Umwelthaushalt selbst. Unter dem Strich ist die Bundesrepublik noch weit von einer umweltverträglichen Entwicklung entfernt. Das gilt insbesondere für die gigantischen Ressourcen, die unsere Volkswirtschaft täglich verschlingt. „Der Spiegel“ hat zufällig in dieser Woche mit diesem Thema aufgemacht, „Die Zeit“ in der letzten Woche. Ich sage Ihnen: Dieses Jahrhundert wird - muss - das Jahrhundert der Ressourcen- und Energieeffizienz sein. Schon aus sicherheitspolitischen Gründen ist es zwingend notwendig, Deutschland hinsichtlich der Rohstoffbereitstellung aus Abhängigkeiten zu befreien, allerdings nicht mit einem Bundeswehreinsatz im rohstoffreichen Kongo, wie es Herrn Stoiber und anderen vorschwebt. Stoiber hat das unsinnige Abenteuer zuletzt tatsächlich mit der Notwendigkeit der Sicherung von Rohstoffen für die deutsche Volkswirtschaft begründet. Da war er also einmal ehrlich. Mehr Sicherheit kann man in unseren Augen nur schaffen, indem man den Bezug von Rohstoffen und Materialien aus anderen Teilen der Erde drastisch verringert. Als Beispiel nenne ich den Kongo. Dort lagern die weltweit bedeutendsten Vorkommen an Coltan, aus dem das begehrte Metall Tantal gewonnen wird. Tantal ist ein strategisch wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Handys und Computern. Coltan ist nun neben Diamanten einer der Rohstoffe, mit denen die Warlords im Kongo ihre Kriege finanzieren und derentwegen sie Kriege führen. Die unstillbare Nachfrage nach Rohstoffen für Mikroelektronik - alle paar Wochen wird das für unbrauchbar erklärt, was gestern noch up to date war - dürfte sicher zu den dramatischen Verhältnissen im Kongo beitragen. Bei Erdöl und Erdgas liegt der Sicherheitsaspekt noch eindeutiger auf der Hand. Schon heute werden viele Auseinandersetzungen um diese Rohstoffe mit militärischen Mitteln geführt. Die Kriege im Mittleren Osten oder die innerstaatlichen Konflikte in Nigeria und im Tschad sind Beispiele dafür. In diesem Sinne ist jede Energiepolitik „Weg vom Öl“ eine sicherheitspolitische Investition. Leider werden auch hierzulande eher fragwürdige Multimilliardeninvestitionen, etwa in Eurofighter oder in das umstrittene Luftabwehrsystem MEADS, mit dem Argument der nationalen Sicherheit durchgesetzt. Eine konsequente Politik, die den Einsatz fossiler Rohstoffe drastisch reduziert, ist nicht zu erkennen. Die Mittel im Haushalt, die beispielsweise für die energetische Gebäudesanierung zur Verfügung gestellt werden, reichen angesichts des Energieeinsparpotenzials in diesem Bereich längst nicht aus. Die Mittel für die Titel zur Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien im Umwelthaushalt sollen zwar erhöht werden, im Vergleich zu den Kohlesubventionen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro und den Ausgaben für die nukleare Energie- und Sicherheitsforschung in Höhe von 150 Millionen Euro, die zum Beispiel nach Garching oder zur Internationalen Atomenergiebehörde wandern, sind die Ausgaben von insgesamt 43 Millionen Euro kein Ruhmesblatt im Hinblick auf eine ökologische Energiewende. Wenn Herr Steinbrück nun auch noch beim zarten Pflänzchen Biokraftstoffe zulangen will, indem er selbst reine Pflanzenöle besteuert, kann das an dieser Stelle schon fast als Boykott zukunftsfähiger Politik gelten. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eva, Eva, Eva!) - Lieber Steffen, wir meinen: Gerade dezentral hergestellten Biokraftstoffen, die in Reinform in den Tank kommen, muss zum Durchbruch verholfen werden. Die geplante Beimischungspflicht nutzt deren Herstellern naturgemäß überhaupt nichts. Die neue Steuer wird sie wirtschaftlich erdrosseln. Bitte überlegen Sie sich das noch einmal! Die Strategie der Bundesregierung in Sachen Biotreibstoffe wird vor allem die großen Mineralölkonzerne freuen; denn sie können sich problemlos mit der Beimischungsquote arrangieren. Nebenbei wird das Ganze noch als Leistung für den Klimaschutz gemäß der Selbstverpflichtung der Automobilindustrie angerechnet. Ein guter Deal! Auch mit dem geplanten Börsengang der Bahn oder mit der Verwirklichung des nunmehr bayerischen Wunschtraums, des Baus einer Transrapidstrecke, wird eine zukunftsfähige Verkehrspolitik nicht befördert, sondern blockiert. Die Folge wird sein: weniger Geld und Chancen für den öffentlichen und schienengebundenen Verkehr in der Fläche, dafür mehr Verkehr auf der Straße. Mehr Gerechtigkeit heißt für uns: Ölverbrauch vermindern, um dadurch dem Klimawandel und Konflikten vorzubeugen, sowie die Rohstoffe auf einem Niveau halten, damit sie sich auch ärmere Länder leisten können. (Beifall bei der LINKEN) Der Energiegipfel in der nächsten Woche wird nicht zu einer Energiewende führen. Die Rahmenbedingungen für die Kohleverstromung sollen verbessert werden. Ich finde diese Forderung reichlich unverschämt. Der Kohleverstromung geht es blendend. Das sieht man schon allein an den astronomischen Gewinnen der Konzerne. Das ist kein Wunder. Bei der Zuteilung und Übertragung von Emissionszertifikaten wurden RWE und Co. großzügig bedacht. Die verschenkten Zertifikate haben sie trotzdem in die Tarife eingespeist. Von den direkten Subventionen wollen wir gar nicht erst reden. Wir sind gespannt, inwieweit die Bundesregierung hierbei Rückgrat beweist und ob sie - das wäre noch besser - die Bevorteilung der Kohleverstromung, die durch Rot-Grün im NAP I festgezurrt wurde, endlich beendet. (Beifall bei der LINKEN)
Das 21.Jahrhundert - ein Jahrhundert der Ressourcen - und Energieeffizienz ?
Rede
von
Eva Bulling-Schröter,