Klaus Ernst in der aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN zum Thema: Beschäftigungspolitische Verantwortung der Bundesregierung bei der Deutschen Telekom AG.
Klaus Ernst (DIE LINKE):Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir stehen in dieser Republik zurzeit vor einem sehr harten Arbeitskampf, den wir von diesem klimatisierten Raum unter der Kuppel aus beobachten können. Um was geht es dabei? Die Arbeitsplätze von 50 000 Menschen sollen ausgegliedert werden, und zwar mit dem Ziel, ihre Löhne um bis zu 40 Prozent zu senken und ihre Arbeitszeit auf mehr als 40 Stunden pro Woche zu erhöhen.
Um gleich Klarheit zu schaffen: Das ist nicht nur eine Angelegenheit des Herrn Obermann und seines Vorstandes, sondern auch eine Angelegenheit der Bundesregierung - die bei der Debatte über diesen Tagesordnungspunkt „zahlreich“ vertreten ist - weil sie mit 30 Prozent Anteilseigner der Telekom ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Wer 30 Prozent Anteile an einem Unternehmen besitzt, der schaut auch, was seine Vertreter im Aufsichtsrat dieses Unternehmens machen. Mir braucht keiner das Gegenteil zu erzählen. Wir wissen, dass die Vertreter der Bundesregierung einem Konzept zugestimmt haben, dessen Ergebnis es ist, dass bei den Personalkosten jährlich 900 Millionen Euro eingespart werden. Aus meiner Sicht ist das ein Skandal. Damit wir wissen, über welche Löhne wir reden: Lohngruppe 1, circa 1.700 Euro; Lohngruppe 3 - ein Monteur - , 2.162 Euro. Ich halte es für unverantwortlich, diese Löhne - letztendlich mit Zustimmung dieser Bundesregierung - weiter nach unten zu drücken. So sehen die Sozialpolitik und die Arbeitsmarktpolitik dieser Regierung aus!
(Beifall bei der LINKEN)
Ist das, was hier geplant wird, notwendig? Nein. Fakt ist, dass 3,1 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgeschüttet werden und gleichzeitig bei den Beschäftigten gespart werden soll. Es gibt offensichtlich nur ein Ziel: Der Aktienkurs dieses Unternehmens soll auf Kosten der Beschäftigten erhöht werden. Wenn man die „Financial Times Deutschland“ vom 15. Mai 2007 liest, stellt man fest, dass das nicht nur bei uns so gesehen wird. Dort heißt es
- Zitat - : Der Ausgliederungsplan ist ein schlichter Versuch, durch Senkung der Personalkosten ein wenig mehr Gewinn herauszuholen. Das ist die Realität. Ich füge hinzu: mit Zustimmung und Billigung der Bundesregierung.
(Beifall bei der LINKEN
Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Durch Wiederholen wird es nicht besser!)
Es gibt ein schönes Argument für dieses Vorgehen: Man verliert Kunden, und deshalb muss man das machen. Ziel der Zerschlagung dieses Monopols war es doch, dass mehr Unternehmen in den Markt eintreten. Dass das Unternehmen, das zuvor das Monopol hatte, dabei Kunden verliert, ist doch selbstverständlich. Das ergibt sich aus der Logik.
Es ist überhaupt nicht zu akzeptieren, dass Managementfehler von den Beschäftigten ausgebügelt werden sollen. Der schlechte Service bei der Telekom kommt unter anderem daher, dass die Menschen innerhalb kürzester Zeit 16 Umorganisationen über sich ergehen lassen mussten. Ich frage mich, warum die Vertreter der Bundesregierung im Aufsichtsrat in diesem Fall ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Haben sie nicht gemerkt, dass sie dieses Unternehmen mitruinieren?
(Beifall bei der LINKEN)
Das Klima in diesem Unternehmen ist vergiftet. Ich habe gestern an einer Veranstaltung teilgenommen. Ich habe selten erlebt, dass die Beschäftigten so sauer auf ihren Vorstand sind. Diese Menschen reagieren zu Recht mit Aggression. Und in einer solchen Situation werden an die Streikenden auch noch Schreiben mit folgendem Wortlaut verschickt
- Zitat - :
Ihr Verhalten stellt daher einen schwerwiegenden Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Wir weisen Sie darauf hin, dass wir dieses Verhalten in Form der Arbeitsverweigerung nicht akzeptieren können. Wir ermahnen Sie daher und fordern Sie hiermit auf, Ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht entsprechend der Notdienstbestellung künftig nachzukommen. Wir betonen noch einmal, dass wir weitere arbeitsrechtliche Schritte vermeiden. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Ich weiß, wie so etwas bei einem Streik wirkt. Man sagt: Der Obermann hat sie nicht mehr alle. Mit so etwas kann man Öl ins Feuer gießen und die Beschäftigten einschüchtern.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn das Streikrecht in dieser Republik noch etwas gilt, dann muss die Bundesregierung auf diesen Obermann einwirken. Dazu fordere ich die Bundesregierung auf. So kann man die Sache nun wirklich nicht lassen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein Unternehmen, in dem Belegschaft und Vorstand so zerstritten sind, hält nicht mehr zusammen. Da kommt nichts mehr bei raus.
Die Bremer Stadtmusikanten haben die Räuber in die Flucht schlagen können, solange sie einheitlich aufgetreten sind. Allerdings stand bei den Bremer Stadtmusikanten der Esel zuunterst. Das scheint mir bei diesem Konzern anders zu sein.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)
Es ist die Verantwortung dieser Regierung, Personalpolitik zu betreiben und Herrn Obermann schnellstmöglich abzulösen. Er ist aus meiner Sicht nicht in der Lage, dieses Unternehmen gemeinsam mit den Beschäftigten zu führen.
(Beifall bei der LINKEN
Martin Zeil (FDP): Und dann setzen wir Sie ein!)