Zum Hauptinhalt springen

Bundesregierung legt "heimliches Jahressteuergesetz 2014" vor

Rede von Richard Pitterle,

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Der Entwurf den uns die Bundesregierung hier vorgelegt hat heißt ganz unscheinbar „Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“. Man könnte also denken, hier ginge es nur um ein, zwei kleine Änderungen, die durch den Kroatien-Beitritt notwendig geworden wären.

Tatsächlich aber setzen Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, uns hier ein neunzigseitiges Monstrum vor, das auf den ersten Blick nur sehr schwer zu durchschauen ist! Sie sehen in dem Entwurf so viele Gesetzesänderungen vor, dass er teils sogar schon als „heimliches Jahressteuergesetz 2014“ bezeichnet wird.

Zwar will ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, erst einmal zugestehen, dass es sich bei vorliegendem Gesetzentwurf zu großen Teilen auch um eine begrüßenswerte Entrümpelungsmaßnahme im völlig unüberschaubaren Wust des Steuerrechts handelt. Dass Sie zum Beispiel längst überholte Paragraphen im Einkommensteuergesetz streichen war sozusagen ohnehin überfällig. Eines können wir nämlich mit Bestimmtheit sagen: Jedes kleine bisschen mehr an Transparenz und Verständlichkeit ist wünschenswert. Das wird jeder bestätigen können, der schon mal mehr als einen Blick ins deutsche Steuerrecht werfen musste.

Einige Stellen in Ihrem Entwurf geben aber auch Anlass zur Sorge. Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: In Ihrem Entwurf wollen Sie unter anderem das Gewerbesteuerrecht ändern, indem sie die Liste der Ausnahmen von der Gewerbesteuerpflicht erweitern. Zwar mag es sich letztlich gemessen an der Summe der dadurch bedingten Steuerausfälle hier nur um „Peanuts“ handeln – Sie wissen aber auf der anderen Seite ganz genau, dass die Gemeinden in Deutschland teilweise so pleite sind, dass sie auf die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, und seien es nur „Peanuts“, schlichtweg nicht verzichten können!

Die LINKE hat dies im Gegensatz zu Ihnen erkannt und erst kürzlich einen Antrag zur Stärkung der Kommunalfinanzen eingebracht. Wir fordern statt der Aushöhlung der Gewerbesteuer deren Ausbau und Weiterentwicklung hin zu einer Gemeindewirtschaftssteuer, damit die Kommunen ihren öffentlichen Aufgaben endlich wieder nachkommen können – kaputte Straßen und verfallende Schulen und Krankenhäuser gehen zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger, das sollte Ihnen doch wohl klar sein!

Und wo wir schon dabei sind, hier noch eine weitere Anregung, die Sie unbedingt beherzigen sollten: In Ihrem Sammelsurium von Änderungen, die Sie mit diesem Gesetzentwurf vorlegen, müssen Sie dringend auch den durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofes aus dem August letzten Jahres angefallenen Reformbedarf bei den umsatzsteuerlichen Regelungen zum Übergang der Steuerschuld bei der Erbringung von Bauleistungen berücksichtigen. Es kann nicht angehen, dass bei Bauleistungen zwischen zwei Unternehmen am Ende keiner weiß, wer denn nun die Umsatzsteuer zu zahlen hat. Sie haben hier bereits entsprechende Änderungen im vorliegenden Gesetzentwurf angekündigt, lassen Sie dem auch Taten folgen!

Letztlich befürchte ich, dass im Zuge der kommenden Anhörung im Finanzausschuss noch einiges mehr in diesem Gesetzentwurf aufgedeckt werden könnte, was eher schlecht als recht ist. Man könnte ja sogar auf die Idee kommen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, dass Sie uns hier im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft, wo fast sämtliche Augenpaare der Republik bereits nach Brasilien gerichtet zu sein scheinen, noch ein paar unliebsame Überraschungen durch diesen Gesetzentwurf unterjubeln wollen. Aber, wie heißt es doch so schön: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!