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Brigitte Freihold: Kultur im ländlichen Raum nicht den Rechtspopulisten überlassen!

Rede von Brigitte Freihold,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die soziale Struktur der ländlichen Regionen ist nicht mit der urbanen vergleichbar. Es treffen Menschen aufeinander, die nicht in homogenen Milieus aufgehen können wie in der Stadt. Hier sind die Menschen auf Nachbarschaft angewiesen, auch solche mit Differenzen. In Zeiten hoher gesellschaftlicher Mobilität und zunehmender Individualisierung von Lebensstilen liegen aber Möglichkeiten, neue Formen solidarischen Zusammenhaltes zu erproben. Dieses Potenzial sollte endlich anerkannt und unterstützt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Kultur im ländlichen Raum darf nicht den Rechtspopulisten überlassen werden. In diesen Herausforderungen liegt die eigentliche Bedeutung kultureller Akteure, ohne die vielerorts kulturelle Teilhabe gar nicht möglich wäre. Das Spektrum reicht von Künstlerinnen, die ihr Atelier öffnen, über freie, mobile Theater- und Projektgruppen bis hin zu Menschen, die sich im Kulturverein zusammenschließen, die kulturelle Bildungsangebote organisieren, sich aber auch gegen Nationalismus, Antisemitismus und Antiziganismus organisieren.

(Beifall bei der LINKEN – Enrico Komning [AfD]: Und Hass und Hetze!)

Sie schaffen in den ländlichen Räumen Orte, an denen Menschen aktiv mitmachen: die Werkstatt für lebenslanges Lernen in Qualitz, Mecklenburg-Vorpommern, die Kulturinitiative „Baruther Bank“ in Kannawurf in Thüringen sowie den Arbeitskreis „Geschichte der Juden in Pirmasens“. Das sind nur einige Beispiele. Erwähnens- und begrüßenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Angriffe auf den Verein Treibhaus in Döbeln, Sachsen, tätig in der freien Jugendhilfe, maßgeblich von der AfD vorangetrieben, abgewehrt werden konnten. Die Förderung findet weiter statt. Das ist ein klarer Erfolg für die Zivilgesellschaft.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Leni Breymaier [SPD])

Doch diese kulturellen Akteure, die nicht in etablierten Einrichtungen eingebunden oder Teil der etablierten Infrastruktur sind, werden auch im vorliegenden Antrag der Koalition, der eine Wiederholung aus der vorangegangenen Legislaturperiode darstellt, primär nicht in den Blick genommen.

(Marianne Schieder [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen ruht die Gewährleistung kultureller Teilhabe im ländlichen Raum zu einem nicht unerheblichen Teil auf den Schultern genau dieser Akteurinnen und Akteure. Wir müssen diese durch einen Bürgerkulturfonds, der dieses Engagement fördert, nachhaltig unterstützen. Deshalb fordert Die Linke, den Fonds Neue Länder auf alle ländlichen Räume auszudehnen und weiter auszustatten, statt ihn auslaufen zu lassen. Das wäre eine Stärkung dieser kulturellen Akteure.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen nicht Teilförderungen und noch mehr Projektitis, sondern eine Anerkennung ihrer kulturellen Leistungen und gesellschaftlichen Rolle. Diese Förderung muss auf alle Regionen ausgeweitet werden. Deshalb fordern wir auch die Verankerung eines Staatsziels Kultur und die Möglichkeit eines Zusammenwirkens von Bund, Ländern und Kommunen zum Schutz und zur Förderung der Kultur, ohne die ländlichen Räume bei der kulturellen Teilhabe auf sich allein gestellt zu lassen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)