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Birke Bull-Bischoff: Situation nicht aussitzen – Schüler*innen und Eltern helfen!

Rede von Birke Bull-Bischoff,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das Intervall, in dem wir über die Situation der Schulen in Coronazeiten debattieren, verkleinert sich. Das finde ich gut so, ganz einfach deshalb, weil das Thema viele Menschen bewegt. Aber je öfter hier auf Grundlage von Anträgen der demokratischen Opposition debattiert wird, desto weniger bewegt sich.

Wir brauchen ein Krisenmanagement – und haben es nicht. Die Debatte über kollektive Nichtzuständigkeit löst nicht nur kein Problem; vielmehr schüttelt ganz Deutschland bereits den Kopf darüber. Ehrlich gesagt, vonseiten der Union habe ich schon deutlich konstruktivere Debattenbeiträge gehört.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Schulen sind geschlossen, und das ist auch notwendig. Gravierende Auswirkungen auf den Bildungserfolg sind vorprogrammiert. Vor allem diejenigen jungen Leute haben ein Problem, denen das Schulsystem schon vor Corona einen Misserfolg nach dem anderen aufs Auge gedrückt hat, die immer noch kein eigenes Gerät haben, geschweige denn einen verbindlich geregelten Rechtsanspruch auf eine digitale Grundsicherung – und die Bundesregierung kann nicht einmal Auskunft darüber geben, wie der Stand beim Abfluss der Mittel für den DigitalPakt Schule ist. Server sind ständig überlastet, und die Diskussion über den Lehrkräftemangel ist hier bei uns im Plenum bereits ein Klassiker.

Was brauchen wir jetzt am dringendsten? Erstens. Wir brauchen klare einheitliche, vor allen Dingen aber verbindliche – verbindliche! – Regeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Empfehlungen des RKI für Schulen sind aus der Zeit gefallen. Sie müssen überarbeitet werden; zumindest für Inzidenzzahlen jenseits der 50. Aber auch hier müssen die Regeln verbindlich sein, und zwar für alle Länder.

Zweitens. Wir brauchen eine Entlastung für Schülerinnen und Schüler; denn nichts wäre absurder, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Schülerinnen und Schüler in den Präsenzunterricht zurückkommen und von Tests und Klassenarbeiten erschlagen werden. Nicht das Testen ist wichtig, zu lernen ist wichtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Schülerinnen und Schüler müssen die Sicherheit haben, dass sie eben nicht von Tests und Klassenarbeiten erschlagen werden. Sie müssen die Gewissheit haben, dass ihre Abschlussprüfungen verändert werden, und sie müssen die Gewissheit haben, dass sie bundesweit anerkannt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Um Wechselmodelle in der Zukunft zu sichern, brauchen wir dritte Räume. Wir brauchen Räume in Theatern, in Gemeinderäumen und in Jugendklubs. Natürlich brauchen wir dafür auch mehr Personal. Lehramtsstudierende müssen angesprochen werden, Studis der Sozialen Arbeit und viele andere mehr.

Herr Kollege Sattelberg, Sie reden permanent vom Coronastigma. Ich sage Ihnen: Wer in diesen Zeiten sein Lernen organisiert, Probleme gewälzt und sich mit der Situation auseinandergesetzt hat, hat eine so großartige Lebenskompetenz entwickelt, dass er allemal unsere Wertschätzung verdient.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens und letztens. Wir brauchen eine Entlastung für Eltern. Unser Vorschlag – weil Homeschooling und Homeoffice zusammen nicht funktionieren –: Es muss die Möglichkeit geben, die Situation über eine Senkung der Arbeitszeit auf 50 Prozent bei gleichzeitigem Lohnausgleich zu meistern. – Sie können als Bundesregierung die Situation von Schulen nicht aussitzen. Erklärte kollektive Nichtzuständigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist kein Krisenmanagement.

(Beifall bei der LINKEN)