Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich will mit einer grundsätzlichen Bemerkung beginnen. Ich finde, jeder – und jede – sollte das Recht haben, seinen Lebensmittelpunkt dort zu wählen, wo es für ihn und seine Familie am besten ist. Das ist eine Frage der Menschlichkeit, das ist eine Frage der Sicherheit, und es ist nicht zuletzt eine Frage der eigenen Zukunftsperspektive, die man im Leben hat.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich finde weiter: Gute Arbeit mit gutem Einkommen zu finden, hat große Integrationskraft und kann auch für die Wahlheimat ein ganz großer Gewinn sein. Kompetenzen, Wissen, Problemlösungsstrategien aus anderen kulturellen Perspektiven zu erleben, davon können auch wir lernen.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb sprechen wir heute darüber, welche Chancen hierzulande den Fachkräften aus anderen Ländern eingeräumt werden, um ihre Qualifikation zu nutzen, und unter welchen Bedingungen das geschieht. Drei kritische Bemerkungen will ich machen.
Problem Nummer eins – der Klassiker –: Diagnostiziert werden uns erhebliche Unterschiede in den Verfahren der einzelnen Bundesländer. Die Interessentinnen und Interessenten wissen nicht nur viel zu oft zu wenig über Hilfestellungen; offenbar gibt es viel zu wenig Personal in den zuständigen Stellen und – gelinde gesagt – überbordende gesetzliche Zeitrahmen. Die Betroffenen verlieren Monate über Monate Zeit. Die öffentliche Hand im Übrigen verliert Steuern und die Sozialversicherungen Beitragszahlungen. Ich denke, hier gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf.
(Beifall bei der LINKEN)
Problem Nummer zwei: Interessanterweise schneiden Industrie, Handel und Handwerk bei der Frage der Anerkennung der im Ausland erworbenen Kompetenzen vergleichsweise schlecht ab, trotz des erhöhten Fachkräftebedarfs. Meine Vermutung ist, da es in vielen anderen Ländern kein vergleichbares System der beruflichen Bildung gibt, dass die Feststellung der Gleichwertigkeit deutlich komplizierter ist. Das heißt für uns, dass wir der Forderung der Europäischen Union aus dem Jahr 2012 nachkommen müssen, eine Validierungspraxis von informellen und non-formellen Kompetenzen auf rechtlich verlässliche Füße zu stellen.
(Beifall bei der LINKEN)
Problem Nummer drei: Das Anerkennungsverfahren ist für die Betroffenen nicht zuletzt auch eine Kostenfrage. Die Übersetzung der Qualifikationszeugnisse ist teuer. Ausgleichsmaßnahmen sind teuer. Ich denke, hier gehört noch eine gehörige Schippe Geld für die Förderung der Betroffenen drauf.
(Beifall bei der LINKEN)
Was ist das Fazit? Erstens. Wir brauchen sehr viel mehr Verankerung der Anerkennungspraxis im Bereich der beruflichen Bildung. Zweitens. Die Interessentinnen und Interessenten müssen bei der Finanzierung deutlich mehr unterstützt werden. Drittens. Wir brauchen mehr Personal in den zuständigen Stellen. Dann könnten im Übrigen auch die gesetzlichen Fristen deutlich verkürzt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir würden dabei alle gewinnen: Wissenschaft, Wirtschaft, öffentlicher Dienst; aber auch die Betroffenen hätten schneller eine gute berufliche Perspektive. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre gut so.
(Beifall bei der LINKEN)