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Birke Bull-Bischoff: Gute Bildung für alle - Abschaffung des Kooperationsverbots jetzt!

Rede von Birke Bull-Bischoff,

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Unser Bildungssystem ist chronisch unterfinanziert. Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört zu den Alltagserfahrungen vieler Menschen. Das sorgt – wie ich finde, zu Recht – überall für Empörung.

Ich bin seit vielen Jahren Bildungspolitikerin in Sachsen-Anhalt und habe erlebt, wie Jahr für Jahr eine wunderbare Idee, nämlich die einer inklusiven Schule, schrittweise ruiniert worden ist, weil eben engagierten Pädagoginnen und Pädagogen das Geld und das notwendige Personal entzogen wurden. Wir erlebten in der Tat mitunter Kitas, Schulen und Hochschulen in einem Zustand, dass es den Hund jammert. In Halle beispielsweise müssen angehende Grundschullehrkräfte ihr Fach in einem Haus studieren, von dem ich Ihnen mit Sicherheit sagen kann, dass es im nächsten Jahr aus bautechnischen Gründen gesperrt wird.

Digitale Bildung scheitert allein am Mangel an Software und Hardware. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat in der vorvergangenen Woche von einem Sanierungsbedarf von 34 Milliarden Euro gesprochen. Ich vermute, wenn wir gute Schule sehr viel weiter verstehen als nur die Hülle drumherum, landen wir mit Sicherheit bei einem notwendigen Finanzierungsbedarf von etwa 40 bis 50 Milliarden Euro: für eine gute und moderne Bildung in Kita, in Schule und in Hochschule.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Was gehört zu den großen Barrieren? Vieles, meine Damen und Herren. Aber zu den großen Barrieren für eine vernünftige gemeinsame Finanzierung gehört das Kooperationsverbot. Kein Mensch kann nachvollziehen, weshalb es dem Bund nicht möglich sein soll, sich an guter Bildung finanziell zu beteiligen,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und weshalb wir in diesem Hause ständig Schleich- und Umwege suchen müssen, anstatt den direkten Weg zu gehen. Gerade wir in den neuen Ländern haben positive Erfahrungen mit dem Ganztagsschulprogramm damals von Rot-Grün gemacht; da war ja nicht alles schlecht, keine Frage.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Diese Erfahrungen möchten wir gerne weiterhin machen.

Ich vermute, allein dieser ganzen Debatte um den Zustand unseres Bildungssystems verdanken wir es, dass wahrscheinlich mindestens die Hälfte der Bevölkerung weiß, was das Kooperationsverbot ist. Alle fragen sich, warum wir im Bund zwar die Leistungsfähigkeit feststellen dürfen, aber uns an einer Verbesserung dieser Leistungsfähigkeit nicht beteiligen können. Ehrlich gesagt, das kann man nicht nur niemandem erklären. Ich mag es auch niemandem mehr erklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Ihnen liegt unser Antrag vor, weil wir finden: Wir brauchen gute Bildung und gute Schulen, und zwar für alle Kinder, gleich welcher kulturellen und sozialen Herkunft, gleich welchen Geschlechts.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen inklusive Lernlandschaften statt einstürzender Schulbauten. Digitale Bildung geht nun einmal weder ohne Ressourcen noch ohne gut ausgebildete Pä­dagogen. Deshalb muss das Kooperationsverbot in diesem Bereich fallen. Wir brauchen eine Gemeinschaftsaufgabe „Bildung“, an der sich alle drei Ebenen beteiligen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Gemessen daran, mit welcher Vehemenz diese Forderung auch von anderen Parteien zumindest im Wahlkampf vertreten wurde – von FDP, Grünen und SPD –, müsste unser Anliegen eine Zustimmung von mindestens 369 Stimmen finden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte auf ein Argument etwas genauer eingehen. Es wird immer gesagt, die Länder und die Kommunen seien zuständig und hätten eigenes Geld. Abgesehen davon, dass ich es für eine Legende halte, dass die Kommunen vernünftig ausfinanziert sind, haben die Länder kein Geld und vor allem nicht die Möglichkeit, Steuergerechtigkeit herzustellen.

(Beifall der Abg. Helin Evrim Sommer [DIE LINKE])

Uns geht es darum, gemeinsam die notwendigen Ressourcen bereitzustellen und Bildung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz zu verankern.

Im Moment bestehen kein Koalitionszwang und kein Sondierungszwang. Es gibt nur eine Mehrheit, die sich im Grunde einig ist. Ich freue mich sehr auf die Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])