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Biogas als Energieträger der Zukunft braucht mehr als ein paar Paragraphen

Rede von Hans-Kurt Hill,

Auf lange Sicht hat Biogas nur eine Chance, wenn etwas grundlegend geändert wird: Die Gasnetze sind den Energiekartellen zu entziehen und sie sind in die öffentliche Hand zurückzuführen. Sie müssen dem Interesse des Allgemeinwohls dienen - und nicht den Aktionären. Hans-Kurt Hill hat seine Rede zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Biogaseinspeisungsstrategie entwickeln und Biogaseinspeisungsgesetz“ (Drs. 16/582) zu Protokoll gegeben

Die Treibhausgaskonzentration lag im vergangenen Jahr so hoch wie nie zuvor. Der CO2-Anteil in der Erdatmosphäre steigt weiter an - und das immer schneller. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen weltweit die Auswirkungen der Klimaveränderungen. Eine der Hauptursachen: der Energiehunger der Industriestaaten. Dennoch setzt auch Deutschland maßgeblich weiter auf fossile Energieträger, verfehlt das selbst gesteckte Klimaschutzziel und erhöht die Importabhängigkeit bei Erdöl, Erdgas und Kohle. Es wird Zeit, dass wir zur Kenntnis nehmen: Die bisherige Energiepolitik ist gescheitert. Die Antwort der Bundesregierung: ein Abendessen in erlauchtem Kreise bei der Frau Kanzlerin. Die Gästeliste sagt uns ganz deutlich, wohin die Reise geht: nach hinten. Ich kann nur sagen „Guten Appetit“. Über den Knackpunkt, die unverantwortliche Atomenergie, wird natürlich nicht geredet. Vielleicht liegt das daran, dass sich die Grünen und die Energiewirtschaft jetzt in Sachen Atom-Endlager einig geworden sind. Persönliche Konsequenzen in der Fraktion der grün Gebliebenen lassen auf einiges schließen. Rezzo Schlauch und Jürgen Trittin wissen da sicherlich mehr. Eine echte Alternative zum bisherigen Energiedesaster steht heute zur Diskussion: Biogas. Als zukunftsträchtiger Energieträger lässt er sich einfach und zügig in die Energiestruktur einbauen - wenn man es denn will. Denn Deutschland hat ein funktionierendes Gasnetz. Nichts wäre einfacher, als Biogas in großem Umfang einzuspeisen. Technisch ist dies aufgrund der chemischen Verwandtschaft zum Erdgas kein Problem und das Potenzial an Biomasse ist vorhanden. Biogas bremst nicht nur den CO2-Ausstoß im Energiesektor. Seine Produktion schafft ganz konkret Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Bis zu 80 000 neue Beschäftigungsverhältnisse können in der Biogasbranche bis zum Jahr 2020 entstehen. Aber schon die kleinen Stadtwerke haben Schwierigkeiten, das Erdgas ihrer Wahl durch die Rohre zu bekommen. Das Gasoligopol sitzt auf den Leitungen, wie fette Hennen auf ihren Eiern. Das ist wie beim Energiegipfel: Die Kleinen müssen draußen bleiben. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen: Der Regulierungsansatz im Gasmarkt ist ein wichtiger Schritt. Er wird aber nicht viel bewirken, weil die Energiekartelle nicht aufgebrochen werden. Bei denen wartet keiner auf Ökogashersteller. Für die Einspeisung von Biogas bedeutet dies: Wir müssen mehr tun, als einen Vorrang festzuschreiben. Das EEG hat in seiner jetzigen Form die Energiekonzerne auch nicht davon abgehalten, die Einspeisung von Strom aus KWK und Wind zu behindern. Ich habe Zweifel, ob ein zusätzliches Gesetz die Einspeisebedingungen für Biogas wirksam verbessert. Hier sollte zunächst geprüft werden, ob eine Ergänzung im Energiewirtschaftsgesetz den notwendigen Vorrang für Biogas festschreiben kann. Neue Paragrafenwerke führen in der Regel nicht zu Vereinfachungen. Das zeigt der Entwurf der Bundesregierung zum Energiesteuergesetz: Er ist eine unleserliche Zumutung. Er hält sich nicht an die Notwendigkeiten einer zukunftsgerechten Energieversorgung. Er spiegelt schlicht die Machtverhältnisse in der Energiewirtschaft wider. Auf lange Sicht hat Biogas nur eine Chance, wenn etwas grundlegend geändert wird: Die Gasnetze sind den Energiekartellen zu entziehen und sie sind in die öffentliche Hand zurückzuführen. Sie müssen dem Interesse des Allgemeinwohls dienen - und nicht den Aktionären. Das Interesse der Allgemeinheit ist: Schutz der Erdatmosphäre, sozial gerechte Energiepreise und eine sichere Energieversorgung.