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Besser spät, als nie

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Bereits seit den 80er-Jahren wird die brutale und grausame Robbenjagd in der deutschen Öffentlichkeit kritisiert. Sicher können Sie nachempfinden, wie es sich anfühlen muss, die Haut am lebendigen Leibe abgezogen zu bekommen.
Jetzt, nach 25 Jahren, regt sich endlich die Regierung und reagiert auf die tierquälerische Abschlachtung der Tiere. Allerdings sehr zögerlich. Eilig scheint es die Bundesregierung nicht gehabt zu haben. Deutschland bildet hier in Sachen Tierschutz eindeutig ein Schlusslicht. Denn die USA und Mexiko verhängten bereits vor Jahren ein Handelsverbot für Robbenprodukte. Von dem einstimmig angenommenen Antrag eines
Einfuhr- und Handelsverbots von Robbenprodukten nach Deutschland bis zum aktuellen Bundeskabinettsbeschluss sind nun fast zwei Jahre vergangen. Aus diesem Antrag wurde die Fraktion Die Linke übrigens nach den vorbereiteten Gesprächen ausgeschlossen. Jetzt liegt ein neuer Antrag der Koalition vor.
Auch die Tatsache, dass sich die Europäische Kommission bisher immer noch nicht zu dem eigentlichen Ziel - einem Einfuhrverbot auf EU-Ebene - geäußert hat, ist ein Armutszeugnis. Diese Verzögerungen sind inakzeptabel. Zum einen werden in der Zwischenzeit, bis das Gesetz in Kraft tritt, weitere 300 000 Tiere getötet. Davon wird circa 30 000 Tieren der Schädel mit Stangen eingeschlagen, und wenn sie nicht direkt sterben, wird ihnen
auch am lebendigen Leibe die Haut abgezogen. Zum anderen bekommen Länder wie Kanada die Möglichkeit, sich einen Vorrat an Robbenprodukten zuzulegen, den sie dann nach Inkrafttreten des Gesetzes weiterhin nach Deutschland importieren dürfen. Denn nach § 4 Abs. 1 dürfen Robbenprodukte von Tieren, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes getötet wurden, weiterhin importiert werden. Dadurch wird das Ziel des Gesetzes, dem tierquälerischen Massenabschlachten einen Riegel vorzuschieben, zumindest vorerst unterlaufen.
Für 2008 hat die kanadische Regierung 275 000 Sattelrobben und 8 200 Klappmützenrobben zur Jagd freigegeben, mit dem Einwand, dass dies zur Erholung der Kabeljaubestände notwendig sei. Wir allerdings sagen: Die Ursache für den Zusammenbruch der Kabeljaubestände liegt in der Überfischung der Meere.
Heute gelten 75 Prozent aller weltweit genutzten Fischbestände als überfischt oder von Überfischung bedroht.
Robben hingegen bevorzugen häufig für den Menschen unbedeutende Meerestiere. Sattelrobben fressen beispielsweise Tintenfische, zu deren Beute auch junger Kabeljau gehört. Weniger Robben heißt also auch: weniger Kabeljau.
Bei der Festlegung der Fangquote werden auch andere Gefahren für die Robbenpopulationen nicht berücksichtigt. So ist die globale Erwärmung eine akute Bedrohung für Robben, da sie auf Packeis angewiesen sind, auf dem sie ihre Jungen zur Welt bringen. Bereits im Winter 2002 starben 75 Prozent der Jungtiere, weil das Eis so dünn war, dass die noch schwimmunfähigen Jungrobben in den ersten Wochen ertrunken sind. Auch 2007 starben über 200 000 neugeborene Robben im Sankt-Lorenz-Golf aufgrund des fehlenden Packeises schon bevor die Jagd überhaupt begann.
Schön, dass dieses Gesetz, wenn auch völlig verspätet, wenigstens in der nächsten Jagdsaison im Frühjahr
2009 greifen wird.