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Besser als Nichts - Rede zur Karenzzeit-Regelung für ausscheidende Regierungsmitglieder

Rede von Halina Wawzyniak,

Halina Wawzyniak (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine sehr Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zwei gute Nachrichten. Die erste ist: Wir streiten einmal nicht darüber, ob ein Gesetzentwurf, der von der Großen Koalition vorgelegt wird, verfassungsgemäß ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die zweite gute Nachricht ist, dass jetzt eine gesetzliche Regelung zu Karenzzeiten vorliegt; da war ja auch einmal etwas anderes im Gespräch. - Das sind die guten Nachrichten. Die schlechte Nachricht ist, dass der vorliegende Gesetzentwurf einige Mängel aufweist, weswegen wir ihm nicht zustimmen können.

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)

Ich will jetzt keine Grundsatzdebatte über dieses Thema aufmachen. Die Position meiner Fraktion ist bekannt. Wir haben uns für eine Karenzzeitregelung eingesetzt, die sich an der Dauer des Anspruchs auf Übergangsgeld und an der ressortmäßigen Zuständigkeit orientiert. Sie haben einen anderen Weg gewählt; das ist auch völlig okay. Sie hätten dann aber in Ihrer Logik konsequent sein müssen. Das haben Sie aus unserer Sicht nicht gemacht; denn Sie haben sich dafür entschieden, dass im Falle der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen die Karenzzeit im Regelfall 12 Monate, im Ausnahmefall 18 Monate betragen soll. Ich weiß immer noch nicht - außer dass Sie auf die EU-Kommission Bezug nehmen -, welche sachlichen Gründe für diese Zeiträume sprechen. Aber das ist jetzt nicht mein Thema.

Ich will auf ein anderes Problem aufmerksam machen. Wenn Sie konsequent gewesen wären, hätten Sie die Mindestdauer des Übergangsgeldes an die Länge der Karenzzeit anpassen müssen; denn mit der jetzt vorgesehenen Regelung laufen Sie Gefahr, etwas zu ermöglichen, was Sie wahrscheinlich gar nicht wollen. Stellen Sie sich einmal vor, in der Bundesregierung wäre das Klima so wundervoll, dass ein Minister nach acht Monaten sagt: Mir reicht es. ‑ Das ist bei Ihnen natürlich absolut unvorstellbar. Ich weiß das; aber nehmen wir das einmal an.

(Burkhard Lischka (SPD): Wenn es am schönsten ist, soll man gehen! ‑ Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr ehemaliger Parteivorsitzender war so einer! Er hieß Lafontaine!)

Dann würde dieser Minister nach der jetzigen Regelung 8 Monate Übergangsgeld bekommen. Wenn dieser Minister sich nun einen Job sucht, der garantiert zu einer Karenzzeit führt, dann bekommt er nach der von Ihnen vorgeschlagenen Regelung 12 oder 18 Monate Übergangsgeld. Ich glaube, das entspricht nicht Ihrer Logik. Das haben Sie sicher nicht gewollt. Diese Logik ist aber in Ihrem Gesetzentwurf angelegt, und das finden wir falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Der zweite Punkt, den wir kritisieren, betrifft das beratende Gremium. Wir kritisieren nicht das beratende Gremium an sich. Das kann man machen; das ist völlig okay. Es ist auch okay, dass es von unabhängigen Sachverständigen besetzt wird. Aber wir haben das Problem, dass dieses sachverständige Gremium zunächst eine nichtöffentliche Empfehlung abgibt und die Bundesregierung dann entscheidet, ob sie dieser Empfehlung folgt. Dieses sachverständige Gremium wird auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten ernannt. Wir finden, da es in diesem Gesetzentwurf um Staatssekretäre und Minister geht, wäre es klug gewesen, den Fraktionen entweder ein Vorschlagsrecht zu gewähren ‑ nicht bezogen auf Parlamentarierinnen und Parlamentarier, sondern bezogen auf unabhängige Sachverständige; nicht, dass wir uns da falsch verstehen ‑ oder den Bundestag die Sachverständigen wählen zu lassen. Das haben Sie nicht gemacht. Das finden wir traurig. Insofern können wir Ihrem Gesetzentwurf, obwohl es gut ist, dass es eine gesetzliche Regelung geben soll, nicht zustimmen.

Ich habe 46 Sekunden Redezeit gespart. Vielleicht kann ich die irgendjemandem aus meiner Fraktion schenken.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)