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Beratung des Haushaltes 2008 - BMZ

Rede von Michael Leutert,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch die Linke begrüßt und unterstützt, dass von den im Gesamtetat neu zu verteilenden 12,7 Milliarden Euro 660 Millionen Euro in den Haushalt des BMZ fließen. Wir sind froh, dass nicht auch diese 660 Millionen Euro im Etat des Verteidigungsministers gelandet sind. Weil ein Argument, das ich in der Debatte über den Haushalt des Auswärtigen Amtes angeführt habe, sehr gut angekommen ist, möchte ich es gerne wiederholen: Die Freude auf unserer Seite wird sehr stark dadurch getrübt, dass die Mehreinnahmen, die wir verteilen, nicht dadurch zustande gekommen sind, dass eine kluge und gerechte Einnahmepolitik betrieben wurde, sondern dadurch, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses Geld durch die Mehrwertsteuererhöhung abgenommen haben. Es gehört zur Haushaltswahrheit und -klarheit, auch das zu sagen, und ich vermute, dem stimmt auch die FDP zu.

Wir haben schließlich nicht aus populistischen Gründen gegen die Mehrwertsteuererhöhung gekämpft, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass sie falsch ist. Man muss das im Gesamtzusammenhang betrachten. Es geht nicht immer um einzelne Politikbereiche, sondern manchmal auch um größere Zusammenhänge. Jetzt stehen uns 5,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Es geht nun darum, nach welchen Prioritäten dieses Geld angelegt wird. Der Kollege Westerwelle hat in der Debatte am heutigen Vormittag mit Bezug auf China gesagt, wir würden im Bereich der Entwicklungshilfe Geld verplempern.

Dazu möchte ich ganz klar und deutlich sagen: Ich glaube, fraktionsübergreifend sind wir hier anderer Meinung. Die Runde der Berichterstatter des Haushaltsausschusses war in diesem Sommer in China - die FDP war dort nicht vertreten -, um sich dort verschiedene Projekte in den Bereichen Klimaschutz, Aufforstung und Gesundheit, unter anderem zu präventiven Maßnahmen gegen Epidemien, Krankheiten usw., anzusehen. Wir sind der Auffassung, dass eine Unterstützung solcher Projekte eine sinnvolle Investition in eine sichere Zukunft ist. Denn in einem Wachstumsmarkt wie China mit 1,3 Milliarden Menschen werden wir in Zukunft nur dann Sicherheit und eine stetige Entwicklung gewährleisten können, wenn dort auch eine soziale und ökologisch nachhaltige Entwicklung stattfindet.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Mittlerweile stellt sich nicht mehr die Frage, ob China uns in Zukunft braucht, sondern die Frage, ob wir in Zukunft China brauchen. Daher müssen wir in sinnvolle Projekte investieren. Wenn es darum geht, in welchem Bereich Geld verplempert wird, dann sollten wir über das Thema reden, über das wir gerade namentlich abgestimmt haben. Ich meine die 95 Millionen Euro, die für den UNIFIL-Einsatz bereitgestellt werden. In der Begründung des Antrags der Bundesregierung steht, dass der Waffenschmuggel auf dem Seeweg effektiv unterbunden wurde.

Als ich heute im Haushalts- und im Menschenrechtsausschuss gefragt habe, wie viele Boote aufgebracht und wie viele Waffen sichergestellt worden sind, lautete die Antwort: 9 008 Schiffe wurden registriert, 36 wurden an die libanesischen Streitkräfte gemeldet, und die Zahl der gefundenen Waffen ist 0. Niemand fragt nach, wofür diese 95 Millionen Euro verwendet werden. Dieses Geld wird einfach rausgeschmissen. In China investieren wir im Rahmen von TZ und FZ in jedem Jahr insgesamt 167 Millionen Euro. Auch hier frage ich nach dem Verhältnis zwischen zivilen und militärischen außenpolitischen Instrumenten. Ich glaube, es liegt auf der Hand, welches Instrument besser geeignet ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind keine abenteuerlichen Zusammenhänge. Es geht darum, wie man die verschiedenen Instrumente der Außenpolitik einsetzt.

Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Leutert, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage, und nehmen Sie damit das Angebot aus der FDPFraktion an, Ihre Redezeit noch ein wenig zu verlängern? Michael Leutert (DIE LINKE): Bitte.

Hellmut Königshaus (FDP): Herr Kollege, es gibt gute Projekte, die auch die FDP kennt. Auch wir wollen diese Projekte nicht einstellen. Niemand hat jemals gesagt, wir sollten dort keine technische oder sonstige Unterstützung leisten. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Stimmen Sie mit mir überein, dass wir von Ländern, die über eine Wirtschafts- und Finanzkraft wie China verfügen, die Kosten solcher Projekte also selbst tragen können, einen ordentlichen Eigenbeitrag verlangen sollten, anstatt sie obendrein dadurch zu erniedrigen, dass wir so tun und sogar öffentlich erklären, wir könnten diese Länder quasi kaufen, indem wir ihnen ein paar Millionen Euro an die Hand geben und damit Einfluss auf ihre Politik nehmen?

Michael Leutert (DIE LINKE): Herr Kollege, ich bin mit Ihnen dieser Meinung. Aber erstens geschieht das meiner Kenntnis nach im Fall China. Zweitens ist Entwicklungshilfe natürlich immer auch eine Hilfe für das Geberland. Mindestens 2 Euro fließen für 1 Euro, der in Wirtschaftshilfe investiert wird, zurück. (Widerspruch bei der FDP) - Ich kann Ihnen die Studien gern zusenden. Drittens habe ich davon gesprochen, dass es für uns aus sicherheitspolitischen Gründen relevant ist, wie wir in der Außenpolitik mit China in diesen Bereichen umgehen. China ist - zumindest meiner Erfahrung aus Begegnungen nach - sehr offen gegenüber Problemen und sehr an Know-how- und Technologietransfer interessiert.

Das ist eine Strukturfrage, die wir in den nächsten Beratungen klären können. Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit gehören nach Auffassung meiner Fraktion zu den wichtigsten außenpolitischen Instrumenten im zivilen Sektor. Es tut mir leid, wenn ich den Vergleich noch einmal anstellen muss, aber das wird durch die Haushaltsstruktur provoziert: Unserer Meinung nach wäre die 1 Milliarde Euro, die auf den zweitgrößten Etat - den des Verteidigungsministeriums - daraufgelegt wird, wesentlich sinnvoller im BMZ angelegt. Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Wodarg [SPD])