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Beim Gewässerschutz nicht nur die Länder in die Pflicht nehmen!

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zu lange schon hat sich die Bundesregierung bei Umsetzung der Wasserahmenrichtlinie hauptsächlich auf die Länder verlassen. Aber - und das ist Inhalt des Antrags der Grünen, den wir unterstützen - der Bund hat hier eine konkrete Verantwortung, auch wenn die Länder für einen wesentlichen Teil der Gewässerpolitik zuständig sind.
Das Umweltbundesamt hat bisher schon koordinierende Funktionen bei der Umsetzung dieser wichtigsten europäischen Gewässerschutzrichtlinie wahrgenommen. Einmal als Scharnier zwischen den Ländern und Brüssel, aber sicher auch, um Strafzahlungen des Bundes an die EU zu entgehen. Der Bund muss sich schließlich auch dann mit mindestens 15 Prozent an etwaigen Strafen beteiligen, wenn die Länder versagt haben.
Diese Mithaftung ist logisch, denn die Bundesregierung hat viele Möglichkeiten, den Gewässerschutz in Deutschland zu beeinflussen. Dass sie aber zu wenig wahrgenommen werden, trägt mit dazu bei, dass bis zum Jahr 2015 rund die Hälfte der Oberflächengewässer nicht den in der Richtlinie vorgeschriebenen „guten ökologischen Zustand“ und die gleichfalls geforderte „gute chemischen Qualität“ erreichen werden. Jedenfalls nicht ohne zusätzliche Anstrengungen.
Wo liegen die Defizite?
Erstens ist weiterhin der Eintrag von Schad- und Nährstoffen unakzeptabel hoch. Beispielsweise führen Düngemittel-Überschüsse aus der Landwirtschaft nach wie vor zu Algenblüten in den Seen und Küstengewässern. Die von der Bundesregierung hoch gelobte „gute fachliche Praxis“ in der Landwirtschaft ist ein stumpfes Schwert. Sie ist zu unkonkret und kaum kontrollierbar. Auch die Düngemittelverordnung war hier offensichtlich wenig hilfreich.
Die Bundesregierung muss also gesetzlich und mit Maßnahmeplänen flankierend tätig werden, um solche Einträge - und auch solche aus dem industriellen oder gewerblichen Bereich - zu minimieren. Beim UGB sollte sie insbesondere die Chance nutzen, ausreichend breite Gewässerrandsstreifen mit entsprechenden Nutzungsverboten bundesweit vorzuschreiben.
Was die Wasserstraßen betrifft hat der Bund natürlich direkten Einfluss darauf, ob unsere Flusslandschaften Frachtautobahnen oder vielfältige Lebendräume sind. Gerade hier ist uns vollkommen unverständlich, wie das Bundesverkehrsministerium immer wieder unsinnige Großprojekte vorantreibt. So beantragt etwa Herr Tiefensee bei der EU 33 Millionen für eine fragwürdige Studie, um den Bundestagsbeschluss aus dem Jahr 2002 kippen zu können, nachdem die Donau nur mit flussbaulichen Maßnahmen, und eben explizit nicht mit zerstörerischen Stauanlagen ausgebaut werden soll.
Auch am unsinnigen Ausbau der Saale und Havel wird festgehalten. Damit einmal die Woche ein Großschubverband passieren kann, wird wertvolle Flusslandschaft zerstört. Die Maßnahmen machen nur Sinn, wenn später auch die Elbe und die Oder ausgebaut werden.
Und ist nicht klar, wie dieser Wahnsinn im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie stehen soll. Schließlich ist hier das Verschlechterungsverbot für Gewässer verankert.
Ähnliches gilt für die Salzlaugeverklappung des Unternehmens Kali und Salz in Werra und Weser. Mit einer Fracht von täglich zusätzlich 2,5 Millionen Liter Lauge werden die Gewässer niemals aus dem Status der schlechten Qualität herauskommen - im Gegenteil, sie werden weiter degradiert.
Unter dem Strich unterstützen wir die Forderung der Grünen, die Bundesregierung solle eine nationale Strategie vorlegen, wie die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erfüllt werden können. Dabei sollte sie sich auch schnellstens darüber Gedanken machen, wie das Vertragsverletzungsverfahren abgewendet werden kann, dass die EU gegen Deutschland eröffnen will, weil die Bundesrepublik nicht wie vorgeschrieben alle bedeutsamen Gewässernutzungen einer umweltökonomischen Analyse unterzogen hat. Genau solche Analysen wären sicherlich spannend. Manches Projekt würde sich dann vielleicht viel früher als Unsinn erkannt werden.
Allerdings knüpfen wir nicht allzu hohe Erwartungen an ein solches Instrument. Denn die Unsinnigkeit der genannten Flussausbauprojekte ist ja seit langem bekannt. Und trotzdem tauchen sie immer wieder aus den Schubladen auf. Dagegen hilft dann bürgerliches Engagement und Widerstand. Und beides wird die LINKE weiter unterstützen.