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Axel Troost: Ein Papiertiger gegen Steueroasen

Rede von Axel Troost,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Netzwerk Steuergerechtigkeit, eine anerkannte Organisation für nationale und internationale Steuergerechtigkeit, veröffentlicht regelmäßig Listen über die weltweit führenden Steueroasen.

Auf der aktuellen Liste befinden sich auf Platz eins die Britischen Jungferninseln, laut „FAZ“ „Weltmarktführer im Geschäft mit Briefkastenfirmen“. Auf Platz zwei stehen die Kaimaninseln, eine Inselgruppe, die dafür bekannt ist, dass dort keine Körperschaftsteuer existiert, und beliebter Ort für Scheininvestitionen. Auf Platz drei folgen die Bermudainseln, die ebenfalls keine Körperschaftsteuer kennen und wohin Unternehmen wie Google und andere ihre Gewinne schleusen, in der Regel über den Umweg der Niederlande. Diese Niederlande stehen auf Platz vier, gefolgt von der Schweiz und Luxemburg. Es sind also nicht immer nur Inseln mit Palmen, sondern auch reiche europäische Staaten, die zu den Komplizen von Konzernen und Superreichen beim Steuerraub gehören. Auf Platz sieben folgt Hongkong. Auf Platz acht ist die Kanalinsel Jersey, und dann kommen am Schluss Singapur und die Vereinigten Arabischen Emirate auf den Plätzen neun und zehn.

Was hat diese ganze Liste der Steueroasen mit dem Gesetzentwurf der Großen Koalition zu tun? Leider nichts!

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Nichts, und das ist das Problem. Das Gesetz, das heute verabschiedet wird, beruht auf einer Definition von Steueroasen der schwarzen Liste der EU. Deren Kriterien sind so lax, dass letztlich auch Länder mit einem Unternehmenssteuersatz von 0 Prozent nicht automatisch auf dieser Liste landen. Wenn es einmal Probleme gibt und ein Land dennoch auf der Liste landet, wie bei den Kaimaninseln, dann wird ein bisschen gemauschelt, und schon ist man wieder runter von der Liste.

Es ist schon berichtet worden: Das Europäische Parlament hat in der Tat festgestellt: Nur 2 Prozent der Steuereinbußen werden durch die Liste überhaupt erfasst. – Lothar, auch ich schätze die Zusammenarbeit über zwölfeinviertel Jahre, und wir haben auch viel gemeinsam gemacht. Aber auf deinem großen Zollstock sind 2 Prozent leider nur ein sehr kleines Stück. Es ist schon wichtig, das so zu sehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD] und Cansel Kiziltepe [SPD])

Insofern ist dieses Gesetz aus unserer Sicht völlig unzureichend. Das erste Land überhaupt, das auf der EU-Liste steht, ist Panama. Das steht auf der Liste des Netzwerks Steuergerechtigkeit auf Platz 28. Darüber muss man sich im Klaren sein.

Es ist heute auch bei mir die letzte Rede. Ich kann nicht so staatsmännisch reden. Vielmehr muss ich mich für zwölfeinviertel Jahre Oppositionsarbeit hier im Deutschen Bundestag bedanken. Deshalb will ich durchaus zugespitzt noch einmal sagen: Der zentrale Ansatzpunkt dieses Gesetzes ist die Definition von Steueroasen der lächerlichen schwarzen Liste der EU, und damit ist auch das Gesetz ein lächerliches Gesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

In Zeiten leerer Kassen durch die Coronakrise ist es total wichtig, gegen Steueroasen vorzugehen. Die Zielsetzung des Gesetzes ist richtig. Aber gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)