Michael Leutert zum Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2002 bis 2005 (DS-Nr. 16/3777)
Wenn man erwarten darf, dass in einem Bericht auch wirklich etwas berichtet wird, ist dieser Bericht der Bundesregierung ein guter Bericht. Darüber hinaus liefert er Stoff, der Anregungen für Nachfragen darstellt.Ich zitiere zwei Passagen. Zum einen sieht sich die Bundesregierung einem Moralprinzip unterworfen, einem sogenannten humanitären Imperativ: „Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe unabhängig von politischen, ethnischen oder religiösen Erwägungen, ein Grundsatz, der als humanitärer Imperativ bezeichnet wird.“
Dann finden wir aber doch eine politische Erwägung, die zeigt, dass humanitäre Hilfe eben nicht ausschließlich dem sogenannten humanitären Imperativ folgen kann: „Humanitäre Hilfe stößt an Grenzen, wo sie nicht willkommen ist, behindert oder instrumentalisiert wird. Auch unter schwierigen Rahmenbedingungen findet humanitäre Hilfe noch statt, solange es eine Gewähr dafür gibt, dass sie bei den bedürftigen Menschen ankommt.“
Diese Passagen zeigen m. E., dass humanitäre Hilfe zumindest für die Bundesregierung nicht klar definierbar ist.
Aber das ist unser Problem. Uns stellen sich andere Fragen. Etwa Fragen wie die folgende: Meines Erachtens ist die „Kostenrechnung“ für CIMIC-Maßnahmen irreführend. „Von 2002 bis 2005 hat die Bundeswehr fast 750 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von ca. 10,5 Mio. Euro durchgeführt. Diese wurden zu 85 Prozent durch private Spenden, zu einem geringen Prozentsatz auch aus Mitteln des BMZ finanziert.“
In eine derartige Kostenbetrachtung gehen offenbar nicht die Kostenanteile ein, die ein Militäreinsatz als solcher erst einmal erfordert. Das ist so, als würde in die Kostenrechnung pro Tonne Steinkohle nur die Arbeitskosten und die Kosten anteilig vernutzter Arbeitsmittel eingehen, ohne Erschließungskosten zu berücksichtigen. Hier wäre zu fragen, ob CIMIC nicht durch traditionelle zivile Entwicklungsmaßnahmen auch unter Kostengesichtspunkten ersetzbar wäre.
Es mag Sie ja erschüttern, aber wir halten die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht für humanitäre Hilfsmaßnahmen.