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Ausbaus der Kindertagesbetreuung ist eine gesamtgesellschaftlichen Aufgabe

Rede von Diana Golze,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Auch in der letzten Sitzungswoche dieser Wahlperiode wird dank eines Antrags der Grünen noch einmal deutlich, welch ein politisches Trauerspiel wir in den letzten Jahren bei der Frage des Kitaausbaus erlebt haben. Es war auch deswegen ein Trauerspiel, weil es die Oppositionsfraktionen mit ihren Anträgen waren, die immer wieder die Bundesregierung an ihren Handlungsauftrag erinnern mussten.

Zugleich haben wir eine Ministerin erlebt, die sich auf einem Sondervermögen für den Kitaausbau ausruhte, das nachweislich falsche Bemessungsgrößen zur Grundlage hatte, sowohl was den Bedarf als auch die Ausbaukosten anging. Wir haben eine Ministerin erlebt, die die Verantwortung für den schleppenden Ausbau der Kinderbetreuungsplätze auf andere abgewälzt hat, indem sie Länder und Kommunen in gute und schlechte, in fleißige und faule eingeteilt hat, und dies alles in dem Wissen, dass es in den einzelnen Ländern und Kommunen von Beginn an unterschiedliche Ausgangslagen gegeben hat. Wir haben eine Ministerin erlebt, die die Erfüllung eines vom Bund geschaffenen Rechtsanspruches davon abhängig gemacht hat, wie voll oder wie leer die Kasse der jeweiligen Kommune ist. Damit steht und fällt aber sowohl der qualitative als auch der quantitative Ausbau der Kinderbetreuung.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Noch immer fehlt eine fundierte Bedarfsplanung. Deshalb wird an den daraus resultierenden falschen, nicht ausreichenden Ausbauzielen festgehalten. Wir haben Sie hier schon mehrfach darauf hingewiesen, dass es Erhebungen gibt, die darauf hinweisen, dass weitaus mehr als 38 Prozent der Eltern ab dem 1. August an die Rathaustüren klopfen werden, um ihren Rechtsanspruch durchzusetzen. Deshalb empfehle ich Ihnen, Frau Ministerin Schröder, endlich Ihren Blick auf die Realitäten zu richten.

Ein Sondervermögen, das auf dem Reißbrett entstanden ist und an der Realität scheitert, gehört überarbeitet. Was wir aber dank Ihrer Untätigkeit haben, sind Krisenszenarien und Debatten fernab von dem, über das eigentlich geredet werden müsste, nämlich über den bevorstehenden Fachkräftemangel, über die schwierigen Arbeitsbedingungen in der Kindertagespflege, über die Verstärkung des Betreuungsplatzausbaus, über Fachkräfteausbildung, über die Verbesserung des Betreuungsschlüssels.

Stattdessen werden Rufe nach „Kitaplatzsharing“ laut - ein ganz toller Begriff -: Bring du dein Kind vormittags; ich bring mein Kind nachmittags, und alle sind glücklich.

(Nicole Bracht-Bendt (FDP): Das gibt es schon lange! - Dorothee Bär (CDU/CSU): Gibt es schon lange!)

Was ist das für eine abstruse Vorstellung vom Betreuungsanspruch der Kinder und ihrer Eltern?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch von „Erzieheraustausch“ ist die Rede, nach dem Motto: Wandere mal durch die Einrichtungen, weil es nicht genügend Erzieherinnen und Erzieher gibt, die man einstellen kann, bzw. sich die Kommune nicht genügend leisten kann.

Wir Linke bleiben deshalb nach wie vor bei unserer Forderung nach einem Spitzentreffen zwischen den verantwortlichen Akteuren von Bund, Ländern und Kommunen und unter Beteiligung der wissenschaftlichen Fachwelt. Ein solcher Krippengipfel wird auch nach dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs im August dieses Jahres notwendig sein. Dann wird es nicht mehr nur um die Frage gehen, wie viele Plätze denn noch fehlen, sondern auch um die Frage, was getan werden muss, um den Kommunen dabei zu helfen, die vielen Klagen abzuwehren, die sich aufgrund des Platzmangels ergeben werden. Hier ist der Bund längst noch nicht aus seiner Pflicht entlassen; hier gilt es, Lösungen für das Problem zu finden, um die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwei Punkte aus dem Antrag der Grünen, die wir ein Stück weit kritisieren, wenngleich wir das Grundanliegen teilen: Wir wollen, wie gesagt, nicht vom Bund aus beurteilen, wer genügend Kraft in den Ausbau investiert hat, ohne uns vorher die Grundvoraussetzungen vor Ort angeschaut zu haben. Wir wollen auch keine sogenannten kreativen Zwischenlösungen, weil wir befürchten, dass aus Provisorien schnell dauerhafte Lösungen werden. Wir müssen grundsätzlich an dieses Problem herangehen.

Meine Damen und Herren, wir bleiben dabei: Wer in Sonntagsreden von der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe des Ausbaus der Kindertagesbetreuung spricht, der muss auch im Alltagsgeschäft die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie in diesen wichtigen Zukunftsfragen versagt hat. Deshalb gehört sie abgewählt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)