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Atomkraft hilft? Ein Irrglaube!

Rede von Ralph Lenkert,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Täglich zittere ich bei Nachrichten rund um die ukrainischen Atomkraftwerke: Artilleriebeschuss, zerstörte Stromleitungen und Personalmangel beim AKW Saporischschja beschwören die akute Gefahr eines neuen Tschernobyl, eines neuen Fukushima herauf.

Union und AfD loben die französische Energiepolitik. Frankreich steht kurz vor dem Blackout. Im August standen von 60 Gigawatt der französischen AKW nur 31 Gigawatt zur Verfügung: Durchrostende Kühlleitungen, die getauscht werden müssen, und Spannungsrisskorrosion bei einem Typ von Atomreaktoren erzwangen deren Abschaltung, übrigens entdeckt bei den zehnjährlichen Sicherheitskontrollen. – Das ist die Realität.

Die AKW Emsland, Neckarwestheim und Isar hätten spätestens 2019 diese zehnjährlichen Kontrollen durchführen müssen. Wegen der geplanten Stilllegung 2022 wurde darauf verzichtet. Trotzdem glauben Union, FDP und AfD, die deutschen AKW wären sicher und könnten problemlos weiterbetrieben werden.

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Können sie auch!)

Das ist naiv, und das ist falsch.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Statt zu glauben, halte ich mich als Techniker lieber an Fakten. Am 19. September teilte PreussenElektra mit, dass im AKW Isar 2 ein Ventil leckt; das wäre kein Problem bis zum 31. Dezember 2022.

(Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt!)

Allerdings wäre ein Ventilwechsel bei einem längeren Betrieb des AKWs notwendig, sagt der Betreiber. Die Wartung müsste spätestens im Oktober erfolgen, weil die vorhandenen Brennstäbe fast ausgebrannt seien. Wegen fehlender Reaktivität könnte sonst das AKW nicht mehr in Betrieb gehen, sagt der Betreiber. – Das ist die Realität.

Die Bestellzeit für Brennstäbe beträgt mindestens 18 Monate. – Herr Merz, dann sind die zwei kritischen Winter vorbei. – Die Brennstäbe bestehen aus Uran. 54 Prozent des weltweiten Urans werden in Kasachstan, Russland und Usbekistan gefördert. Im Jahr 2020 verbrauchten nur die USA, Frankreich, Japan und Südkorea 56 Prozent des weltweit geförderten Urans. Ohne Uran von Putins Gnaden wird es wohl keine neuen Brennstäbe für deutsche AKW geben. – Das ist die Realität.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist ja Quatsch! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Völliger Quatsch! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Die Brennstäbe kommen aus Frankreich! – Jens Spahn [CDU/CSU]: Sie werden sogar in Deutschland hergestellt! In meiner Heimat! – Gegenruf des Abg. Carsten Träger [SPD]: Das erklärt einiges!)

Liebe Bürgerinnen und Bürger, kennen Sie den Unterschied zwischen einem Atomkraftwerk und einem DDR-Pkw Trabant? Beide stammen aus dem letzten Jahrtausend, aber für den Trabant gibt es noch Ersatzteile.

Die Linke fordert die sofortige Aufhebung der Deckel bei Solar- und vor allem bei Bioenergie für ein größeres Stromangebot. Wir fordern eine Änderung der Abgabensystematik, damit Stadtwerke den Windstrom für Fernwärme nutzen können, statt dass die Windräder bei Starkstrom abgeschaltet werden. Das spart Gas für die Gaskraftwerke bei Flaute.

Wir fordern ein Ende der Profitmaximierung von Energiekonzernen. Verstaatlichen wir diese Konzerne.

(Beifall bei der LINKEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Passiert doch schon!)

Wir brauchen ein preiswertes Strom- und Gasgrundkontingent für Bürgerinnen und Bürger. Damit die Abzocke an Tankstellen und an Energiebörsen aufhört, fordert Die Linke einen Preisdeckel für Strom und Gas, auch damit die kleinen und mittleren Unternehmen finanziell überleben und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Damit Bürgerinnen und Bürger, systemrelevante Dienstleistungen und Unternehmen sicher versorgt werden, fordere ich von der Bundesregierung eine eindeutige Belieferungshierarchie.

Kolleginnen und Kollegen der Union, statt über den Weiterbetrieb der AKW zu fantasieren, arbeiten Sie lieber an umsetzbaren Lösungen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)