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Angriffskriege unter Strafe stellen!

Rede von Jan van Aken,

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

meine Fraktion wird dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen.

Mit dem Gesetz wird das veränderte Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofes ratifiziert. Konkret geht es um die Aufnahme der Aggression, also eines Angriffskrieges, in den Katalog der Verbrechen, die vom Internationalen Strafgerichtshof geahndet werden können.

Die internationale Verankerung eines Straftatbestands der Aggression wird seit den Nürnberger Prozessen gefordert. Dass es nach langen und durchaus kontroversen Diskussionen gelungen ist, sich auf eine Definition des Aggressionsverbrechens zu einigen und damit einen Straftatbestand zu schaffen, ist ohne Zweifel ein Erfolg. Allerdings, wie so oft bei Kompromissen, ein Erfolg mit bitterem Beigeschmack.

So konnte nicht durchgesetzt werden, dass schon die Vorbereitung und Planung eines unter den Begriff der Aggression fallenden Angriffs ein Strafverfahren auslösen kann. Ein Angriff muss bereits erfolgt sein, um vom Internationalen Strafgerichtshof – nachträglich – geahndet zu werden.

Ebenfalls konnte nicht durchgesetzt werden, dass der Straftatbestand der Aggression auch für Nichtvertragsstaaten Anwendung findet – zu ihnen gehören u.a. die USA, Russland und China.

Ebenso schwer wiegt, dass die Abhängigkeit vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bestehen bleibt –der Strafgerichtshof also nicht von sich aus, unabhängig vom UN-Sicherheitsrat, tätig werden kann.

Gerade mit Blick auf den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Irak ist bedauerlich, dass nur zukünftige Aggressionsverbrechen verfolgt werden können. Frühestens im Jahr 2017 und ein Jahr nachdem mindestens 30 Staaten die Änderungen ratifiziert haben.

Nun ist es, wie es ist, die Änderung des Römischen Statuts spiegelt den Minimalkonsens wider, mehr war auf der Überprüfungskonferenz 2010 im ugandischen Kampala nicht zu erreichen.

Aber es spricht doch gar nichts dagegen, dass Deutschland bei der nationalen Umsetzung einen Schritt weiter geht – über den heute vorliegenden Gesetzentwurf hinaus.

In Artikel 26 des Grundgesetzes heißt es: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“

Bislang wurde in der deutschen Rechtsprechung lediglich die Vorbereitung eines Angriffskrieges als strafrechtlich relevant interpretiert – geregelt in §80 des Strafgesetzbuches. Das Grundgesetz betrachtet aber alle Handlungen, die friedenstörend sind, als verfassungswidrig. In diesem Sinne müssen die direkte und indirekte Beteiligung an der Durchführung von Angriffskriegen ebenso wie deren Planung und Vorbereitung unter Strafe gestellt werden.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn ein Land – sagen wir: die USA – ein anderes Land – sagen wir: Irak – völkerrechtswidrig überfällt, dann darf Deutschland das nicht direkt oder indirekt unterstützen – sagen wir: durch BND-Agenten oder durch Überfluggenehmigungen. Wenn eine Bundesregierung – sagen wir: die rot-grüne Regierung von 2003 – das unterstützt, muss sie sich strafbar machen.

DIE LINKE will deshalb eine rechtliche Klarstellung auch im Strafgesetzbuch, also eine Präzisierung von § 80 Strafgesetzbuch. Eine entsprechende parlamentarische Initiative werden wir demnächst hier vorlegen.

Es kann doch nicht sein, dass Deutschland militärisch mit Staaten kooperiert, die sich vorbehalten, Angriffskriege zu führen. Wir erwarten deshalb von Ihnen, dass Sie dafür sorgen, dass kein Land – auch nicht die USA – jemals wieder Stützpunkte in Deutschland oder deutsche Logistik für Angriffskriege nutzen kann.

Wir erwarten aber auch, dass Sie den politischen Druck auf die drei ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates USA, Russland und China erhöhen, den Internationalen Strafgerichtshof endlich anzuerkennen und sich seiner Gerichtsbarkeit zu unterwerfen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportieren sollte. Von Deutschland soll nie wieder Krieg ausgehen – auch nicht in Form von Waffenlieferungen, die Kriegsführung anderswo möglich machen.

Rede zu Protokoll

TOP 16: Entwurf eines Gesetzes zu den Änderungen vom 10. und 11. Juni 2010 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 > Drucksache 17/10975