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André Hahn: LINKE fordert Auflösung der Verfassungsschutzämter

Rede von André Hahn,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gegen das jetzt zu beschließende Gesetz hat sich einhellig eine ungewöhnlich breite Allianz aus Chaos Computer Club, Facebook, Google und vielen anderen ganz entschieden ausgesprochen. Auch die Kritik nahezu aller Sachverständigen in der Anhörung des Innenausschusses war ungewohnt deutlich.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Mit der vorgesehenen Regelung werden die Geheimdienste zur Quellen-TKÜ in Form einer Onlinedurchsuchung light ermächtigt. Alle wissen: Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen beiden Überwachungsmaßnahmen ist ebenso wenig möglich wie eine wirksame parlamentarische Kontrolle. Das ist ganz offenkundig verfassungswidrig!

(Beifall bei der LINKEN)

Dass die Anbieter von Internetdiensten verpflichtet werden sollen, aktiv bei der Infektion der Computersysteme und Endgeräte ihrer Kundinnen und Kunden mitzuwirken, ist nichts anderes als eine erzwungene Beihilfe zu staatlichem Hacking.

Wir als Linke bleiben dabei: Die Geheimdienste brauchen keine zusätzlichen Befugnisse, sondern klare Grenzen für die Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Institutionen, deren Einhaltung durch die parlamentarischen Gremien wirksam kontrolliert werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Insbesondere der Verfassungsschutz hat nicht in Ermangelung von nachrichtendienstlichen Mitteln beim Thema NSU, beim Umgang mit V-Leuten oder in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus versagt. Konstantin von Notz von den Grünen hat gestern im Innenausschuss völlig zu Recht formuliert – ich zitiere –: Das V-Leute-Unwesen ist ein Sicherheitsrisiko ersten Ranges! – Ich teile diese Bewertung und füge hinzu: Der Verfassungsschutz benötigt keine Quellen-TKÜ, sondern gehört aus Sicht der Linken aufgelöst.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Christoph Bernstiel [CDU/CSU])

Wir haben zur geordneten Abwicklung der Behörde einen mehrstufigen Maßnahmenkatalog vorgelegt, mit der die Auflösung des Bundesamtes für Verfassungsschutz möglich ist, ohne dass Sicherheitslücken entstehen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Dann lösen Sie erst einmal den Kramer ab!)

Er soll durch eine unabhängige „Beobachtungsstelle Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit” ohne nachrichtendienstliche Befugnisse ersetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzte Anmerkung. Die jüngsten Vorkommnisse in Sachsen belegen die Fehlentwicklungen beim Verfassungsschutz auf erschreckende Art und Weise. Das dortige Landesamt hat laut Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission, der ich selbst 17 Jahre angehört habe, festgestellt, dass der Verfassungsschutz Dossiers unter anderem über den stellvertretenden Ministerpräsidenten von der SPD, den Fraktionschef der Linken, den Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen sowie weitere Landtagsabgeordnete angelegt hat, weil diese in öffentlichen Veranstaltungen Kritik an der CDU-geführten Regierung geäußert oder zu Recht auf die Mitverantwortung der seit 30 Jahren regierenden Union für den Aufstieg der Rechten von NPD bis AfD hingewiesen haben. Wenn das, wenn solche politischen Aussagen zur Bespitzelung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz führen,

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Willkommen in der Bundesrepublik, Herr Hahn!)

dann gibt es nur eine vernünftige Lösung, und zwar die unverzügliche Abschaffung dieser Behörde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)