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André Hahn: Klimawandel erst nehmen - Hochwasserschutz verbessern

Rede von André Hahn,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch die von mir betreuten Landkreise Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Meißen zieht sich ein blaues Band: die Oberelbe – wie ich finde, eine der schönsten Regionen in Deutschland. Allerdings sind Hochwasser in diesem Bereich der Elbe keine Seltenheit. Besonders verheerend waren das Winterhochwasser von 1845 und die sogenannte Jahrhundertflut im August 2002. Damals, 2002, verloren zigtausend Menschen ihren Besitz. Viele von ihnen hatten nicht einmal eine Versicherung gegen die Schäden. Das ist im Übrigen bis heute ein Problem.

2006, 2010 und 2013 gab es erneut starke Hochwasser an der Elbe. Die Abstände werden hier und in anderen Regionen, wie in Bayern und am Rhein, immer kürzer.

Die zunehmend extremen Wetterlagen haben unbestreitbar etwas mit dem Klimawandel zu tun. Das ist aber nur eine von mehreren Ursachen für die Entstehung von Hochwasser. Hinzu kommen eine starke landwirtschaftliche Nutzung und eine zunehmende Flächenversiegelung in den Städten und Gemeinden an den Nebenflüssen. Dadurch wird weniger Wasser vom Boden aufgenommen. Außerdem wurden viele Deiche sehr nah am Fluss errichtet. Ein Abfließen des Wassers in ursprüngliche Gewässerauen ist dadurch häufig nicht mehr möglich.

Innerhalb Deutschlands müssen sich zehn Bundesländer auf gemeinsame Maßnahmen einigen. Am 10. November 2006 unterschrieben diese zusammen mit dem Bund Maßnahmen gegen Hochwasser. Sie planten unter anderem, weitere Retentionsräume einzurichten, aber auch Bebauungsverbote und Überschwemmungsgebiete festzusetzen.

Dieses Ziel unterstützen wir, sofern es sich auf das gesamte Einzugsgebiet der Elbe bezieht. Warum mache ich diese Anmerkung? Anfang Juni 2014 teilte der sächsische Staatssekretär Jaeckel auf einer öffentlichen Veranstaltung zum Hochwasserschutz in Bad Schandau mit, dass das angestrebte Schutzziel bei Hochwasser im Oberen Elbtal nicht erreichbar sei und jeder Bürger in Flussnähe Eigenvorsorge zu treffen habe. Das ist für mich nicht akzeptabel. Auch das Obere Elbtal braucht einen wirksamen Hochwasserschutz. Der internationale Hochwasserrisikomanagementplan für die Elbe muss ab Schmilka, ab der Grenze, und nicht erst ab kurz vor Dresden gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Heute stimmen wir über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung ab, zu dessen Zielen es gehört, für den Bau von Hochwasserschutzanlagen die Möglichkeiten für beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren auszuschöpfen. Daneben soll es für diese Gebiete Neuregelungen für ein hochwasserangepasstes Bauen und ein Verbot neuer Heizölverbrauchsanlagen geben. Mit dem Gesetz soll das Nationale Hochwasserschutzprogramm in Höhe von circa 5,5 Milliarden Euro flankiert werden.

Die Umsetzung ist aus unserer Sicht jedoch unzureichend. Wir meinen, die Flüsse brauchen mehr Raum. Durch die Bodennutzung muss die Wasseraufnahme des Bodens so weit wie möglich gewährleistet werden. Für die Linke heißt das Zauberwort deshalb „Hochwasservorsorge“. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung verfehlt dieses Ziel leider.

Für mich sind die zu erwartenden Auswirkungen auf den Städtebau sehr problematisch. In der Anhörung im Umweltausschuss wurde darauf hingewiesen, dass Risikogebiete nicht hinreichend abgegrenzt seien, was hinsichtlich der Restriktionen für Bauleitplanung und Bauweise zu großen Schwierigkeiten führen kann. Auch müssen die Lasten gerecht verteilt werden. Laut Gesetzentwurf der Bundesregierung kommen auf die Bürgerinnen und Bürger über 1 Milliarde Euro zu, auf die Wirtschaft knapp 22 Millionen Euro, auf die Verwaltungen in den Ländern nicht einmal 3 Millionen Euro, und für den Bund entsteht gar kein Erfüllungsaufwand.

Bei dem Gesetzentwurf, der auf der Zielgeraden noch nachgebessert wurde, und beim Entschließungsantrag der Koalition wird sich die Linke der Stimme enthalten.

Neben dem Gesetzentwurf liegt heute – auch die Ministerin hat darauf hingewiesen – auch das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ zur Abstimmung vor. Mit diesem Programm soll verstärkt in die Renaturierung von Bundeswasserstraßen investiert werden. Daneben sollen neue Akzente in Richtung Natur- und Gewässerschutz, Hochwasservorsorge sowie Wassertourismus, Freizeitsport und Erholung gesetzt werden. Dieses Bundesprogramm wird auch seitens der Linken positiv bewertet.

Dem Entschließungsantrag der Koalition können wir dennoch nicht zustimmen. Wir haben im Ausschuss sechs konkrete Kritikpunkte benannt. Aufgrund der geringen Redezeit kann ich hier heute nur einen herausgreifen.

Es ist essenziell für die Wirkung des Programms, dass andere Vorhaben der Bundesregierung dem damit verbundenen Ziel nicht entgegenwirken. Wir sagen hier: Die geplante Weser- und Elbvertiefung ist definitiv kontraproduktiv und daher abzulehnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gilt jetzt also, die Ziele aus diesem Programm gemeinsam mit den Ländern und Kommunen, den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft durch konkrete Maßnahmen umzusetzen. Dies wird – so ist zumindest meine Hoffnung – auch dem Nationalpark Sächsische Schweiz, den Bewohnern der Region und ihren Gästen zugutekommen – und dies nicht nur heute, sondern hoffentlich auch in der nahen und fernen Zukunft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)