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Alexander Ulrich: Für ein solidarisches Europa: Corona-Krise gemeinsam bewältigen!

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist ein aberwitziger Antrag der AfD. Aber es überrascht nicht, dass sie uns auch in dieser Krise mit noch mehr Spaltung, nationalem Egoismus und Ausländerfeindlichkeit beschäftigt. Man ist fast schon beschämt, wenn man den Inhalt dieses Antrags liest. Denn es kommt einem wirklich so vor, als glaube die AfD, sie wäre auf einer einsamen Insel und der Wohlstand in Deutschland würde dadurch entstehen, dass man die Grenzen schließt, auch die Grenzen der Solidarität.

Es gehört zur Wahrheit dazu, dass auch wir als Linke dem Rettungspaket zugestimmt haben. Wir haben vieles zu kritisieren, wir haben zu Detailfragen, auch jetzt wieder bei der Kurzarbeit, ganz andere Vorschläge; vieles geht uns nicht weit genug. Aber eines ist doch relativ klar: Jeder Euro, der in Deutschland für die Arbeitsplätze, für die Zukunft unseres Landes bewegt wird, nützt doch nichts, wenn wir zusehen, wie die Nachbarländer kaputtgehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb braucht es mehr europäische Solidarität. Ja, auch Deutschland muss mehr Geld in die Hand nehmen, um Europa hier nach vorne zu bringen. Deshalb ist der AfD-Antrag nicht das Papier wert, auf dem er steht, und er wird von uns natürlich abgelehnt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Problem ist aber, dass in der Bundesregierung insbesondere die CDU/CSU nicht gerade immer europäisch-solidarisch handelt. Und zur Wahrheit gehört auch dazu: Dass wir in Deutschland die schwarze Null hatten und wir die Schuldenbremse eingehalten haben, war wahrscheinlich weniger Ergebnis guter Regierungspolitik, sondern Ergebnis der europäischen Finanz- und Euro-Krise, aufgrund derer wir durch die Niedrigzinspolitik laut „Handelsblatt“ – Stand Dezember – 440 Milliarden Euro zusätzlich gewonnen haben, weil wir durch die niedrigen Zinsen, die nicht unserer Wirtschaftsleistung entsprachen, von der Schwäche anderer europäischer Länder profitiert haben. Und wenn wir durch die Schwäche anderer europäischer Länder 440 Milliarden Euro bekommen haben, ist es doch richtig, dass von uns aus Solidarität ein Teil dessen wieder in diese Länder zurückfließt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Wer kam auf die Idee, den ESM wieder zu bemühen? Der ESM ist gerade bei südeuropäischen Ländern so was wie das schlimmste Instrument, das man zur Anwendung bringen kann;

(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Wie die Treuhand in der DDR!)

die Troika und die EU-Kommission haben gewütet. Allein zwischen 2008 und 2011 hat die EU-Kommission dafür gesorgt, dass in diesen Ländern 63-mal Kürzungen im Gesundheitswesen umgesetzt werden mussten. Also: Der ESM ist gerade das Gegenteil von Solidarität. ESM bedeutet Austerität, Sozialabbau und noch weniger Gleichheit in der Europäischen Union. Dass diese Länder den ESM ablehnen, ist völlig klar, und es wird auch von uns unterstützt, dass in dieser Krise die Mittel nicht aus dem ESM kommen.

Wir bräuchten ein solidarisches Europa. Wir könnten das auch umsetzen, wenn wir eine Finanzierung der öffentlichen Haushalte direkt über die Europäische Zentralbank hätten, wie es so ähnlich auch in den USA passiert. Das geht bei uns leider nicht; aber es wäre durchaus möglich, Coronaanleihen über die Europäische Investitionsbank umzusetzen. Das erlaubt das europäische Recht, und das ist unser Vorschlag und auch der anderer europäischer Parteien.

Deshalb: Mehr Solidarität bedeutet weniger Politik der AfD, aber auch weniger Blockadehaltung der CDU/CSU in dieser Bundesregierung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])