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Alexander Ulrich: Auf Industrie und Gewerkschaften hören und massiv Investieren

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Linke fordert heute nicht zum ersten Mal, dass wir für den sozialen Zusammenhalt, für die Zukunftsfähigkeit des Landes und auch für den Erhalt von vielen, vielen Arbeitsplätzen deutlich mehr Investitionen in Deutschland brauchen. Deswegen wollen wir Sie heute erneut mit dieser Forderung konfrontieren.

Laut ZDF-Politbarometer sind mittlerweile 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger der Auffassung, dass in diesem Land deutlich mehr investiert werden muss.

(Reinhard Houben [FDP]: Na ja, die finden ja Herrn Habeck auch so gut wie Frau Merkel!)

Diese Mehrheiten gibt es in allen politischen Gruppen, von FDP, AfD über SPD bis zu den Linken. In allen politischen Gruppen gibt es deutliche Mehrheiten für diese Forderungen. Das sind genau die Menschen, die jeden Tag mitbekommen, was in diesem Land passiert, wenn man sich nicht endlich öffnet, wenn der Staat auf allen Ebenen nicht mehr macht.

Das sind die Menschen, die wissen, wie schlecht es in den Kindertagestätten aussieht, die wissen, wie sehr es in die Schulen reinregnet, die wissen, in welch schlechtem Zustand die Infrastruktur, die Straßen, die Bahnnetze sind,

(Otto Fricke [FDP]: Meine Herren, ist das schlecht in Deutschland! – Peter Boehringer [AfD]: Die wissen auch, dass das Ländersache ist!)

die wissen, wie schlecht es an den Universitäten und Krankenhäusern aussieht, die wissen, wie schlecht in diesem Land die Mobilfunknetze und das schnelle Internet – wo wir mittlerweile sogar Entwicklungsland sind – ausgebaut sind.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sie wissen schon, was das Subsidiaritätsprinzip ist, oder?

Das alles sind auch Ihre Wählerinnen und Wähler, und Sie müssen diesen Wählerinnen und Wählern erklären, warum Sie weiterhin glauben, die schwarze Null und die Schuldenbremse wären das wichtigste politische Signal aus diesem Haus.

(Beifall bei der LINKEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Keine Ahnung!)

Wenn Sie Ihren eigenen Wählerinnen und Wählern da Antworten schuldig bleiben: Wir als Linke sind froh, dass wir mittlerweile immer mehr Unterstützung bekommen,

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Wo das denn? Der war großartig!)

dass wir mittlerweile auch vom Sachverständigenrat gesagt bekommen: Es muss mehr investiert werden. – Auch er stellt die Schuldenbremse infrage.

Das, mit dem wir Sie heute konfrontieren, ist kein Antrag von uns, sondern Sie müssen jetzt dem BDI und dem Deutschen Gewerkschaftsbund sagen, warum ihre Forderungen falsch sind.

(Otto Fricke [FDP]: Ach, wenn der BDI was sagt, ist das erst mal richtig für Sie!)

Wenn der BDI und der Deutsche Gewerkschaftsbund in einer gemeinsamen Erklärung sagen, in Deutschland müssten in den nächsten 14 Jahren mindestens 450 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden, dann merken diese Organisationen, dass dieses Land auf Verschleiß gefahren wird und dass, wenn die Politik nicht endlich handelt, viele Arbeitsplätze in der Industrie vernachlässigt und gefährdet werden. Sie müssen das dem BDI und dem DGB erklären. Wir werden all Ihre heutigen Reden an den BDI und den DGB weiterleiten.

(Beifall bei der LINKEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Auf jeden Fall! Damit die mal was lernen! – Otto Fricke [FDP]: Die Linke und ihre Freunde vom BDI!)

Sie müssen sich auch Gedanken darüber machen, dass der BDI und die Gewerkschaften Gruppen sind, die im täglichen Leben eigentlich wenig gemeinsam haben. Es ist fast schon ein Notruf an die Politik, wenn diese Gruppen zu dieser gemeinsamen Erklärung kommen.

Wir haben einen Wirtschaftsminister, der in diesem Bereich auch zu wenig tut. Er sagt immer nur: Wir müssen die Lohnnebenkosten senken! Wir müssen Steuern senken! – Ich sage ganz klar: Es ist nicht Zeit für Steuersenkungen, es ist Zeit für Zukunftsinvestitionen; da können wir mit Steuersenkungen nicht viel anfangen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich – Sie haben ja die schwarze Null zu einem Dogma erklärt –:

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das muss grausam für Sie sein!)

Wir verstehen überhaupt nicht, dass ein SPD-Finanzminister nicht mehr dem zuhört, was der Deutsche Gewerkschaftsbund sagt. Ich weiß, dass die SPD schon einmal näher am DGB war; da hatten Sie noch 30 Prozent. Heute hören Sie nicht mehr auf den DGB und sind bei 14 Prozent. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, ob da nicht irgendein Zusammenhang besteht.

(Beifall bei der LINKEN – Nezahat Baradari [SPD]: Der DGB-Vorsitzende kommt zu uns zur Fraktionssitzung!)

Der DGB und der BDI sagen auch ganz deutlich: Die 450 Milliarden Euro sollen nicht aus einem bestehenden Haushalt umgeschichtet werden, sondern es muss zusätzliches Geld bereitgestellt werden.

(Sonja Amalie Steffen [SPD]: 450 Milliarden Euro! Aber auch an die Kinder muss man denken!)

Dafür muss man auch – gerade in einer Niedrigzinsphase – die schwarze Null und die Schuldenbremse überdenken. Wir wollen für die Wiedereinführung der goldenen Regel werben, dass Zukunftsinvestitionen bei der Verschuldung oder bei der Berechnung der schwarzen Null nicht mitgerechnet werden. Das wäre notwendig. Gehen Sie diesen Weg endlich mit! Das Land braucht diese Investitionen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zuallerletzt. Ich glaube, die Bedarfe sind groß. Auch die Kommunen haben einen riesigen Investitionsstau.

(Sonja Amalie Steffen [SPD]: Richtig!)

Dazu sagen der BDI und der DGB: Wir brauchen einen Altschuldenfonds und eine entsprechende Finanzierung der Kommunen,

(Otto Fricke [FDP]: Aber Sie haben doch gesagt: Schulden sind nicht schlimm!)

damit sie endlich wieder die Kraft für Investitionen haben. – Wir als Linke haben dafür einen Vorschlag in den Bundestag eingebracht. Dazu müssen Sie sich durchringen. Noch einmal: Die Kommunen brauchen endlich einen Schuldenschnitt – gerade in Nordrhein-Westfalen, in Hessen, in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern, damit da viel investiert werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Reinhard Houben [FDP]: Das ist wirklich unlogisch, was Sie hier sagen!)