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Alexander S. Neu: Bundeswehr Mittelmeer-Mission IRINI - eine absurde Farce

Rede von Alexander S. Neu,

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Heute reden wir zur Abwechslung mal wieder über einen der vielen Auslandseinsätze, in dem Falle über die Mission Irini. Es gibt bei diesem Einsatz aber einen Unterschied zu den übrigen Auslandseinsätzen. Der Unterschied liegt darin, dass dieser Auslandseinsatz schon durch den Mandatstext zum Scheitern verurteilt ist; da steht das Scheitern gewissermaßen schon drin.

Der Reihe nach. Der Hauptauftrag sei also, dass wir das UNO-Waffenembargo gegenüber Libyen – übrigens mit „i“ gesprochen, Herr Außenminister, nicht mit „ü“ -

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Endlich sagt es mal einer!)

durchsetzen. Dazu gehört die Aufklärung, dazu gehört die Datensammlung, dazu gehört die Weiterleitung derselben an die Vereinten Nationen und an die Europäische Union, dazu gehören das Anhalten, die Kontrolle und die Durchsuchung sowie die Umleitung von Schiffen, die verdächtigt sind, gegen das Waffenembargo zu verstoßen. So weit, so gut.

Auf den ersten Blick wirkt das sehr entschlossen und robust – ist es aber nicht. Irini ist zahnlos. Warum ist Irini zahnlos? Es wurde mehrfach angesprochen: weil es keine effektive Verhinderung von Waffenembargobrüchen gibt. Zur Durchsetzung bedarf es nämlich der Zustimmung des Flaggenstaates. Keine Zustimmung des Flaggenstaates bedeutet: keine Durchsuchung der Schiffe. Diese Auftragsrestriktion ist lächerlich. Sie führt die Mission Irini hinsichtlich der Auftragslage, wohlgemerkt, ad absurdum.

Wie diese Absurdität in der Praxis aussieht, zeigt unser geliebter NATO-Partner Türkei. Die Türkei bricht das Waffenembargo immer wieder, sogar unter Androhung von Waffengewalt. Beispiel 10. Juni 2020: Eine türkische Fregatte hat das Feuerleitradar auf eine französische Fregatte gerichtet. Kurzum: Der NATO-Partner Türkei richtet seine Waffen gegen den NATO-Partner Frankreich. Oder anders ausgedrückt: EU-Partner Frankreich wird durch EU-Anwärter Türkei mit Waffen bedroht. Was sagt die Bundesregierung dazu? Da vorne sitzt ein Vertreter der Bundesregierung. Was sagt er dazu? – Nichts sagt er. Es gibt keine Solidarisierung mit Frankreich in diesem Fall. Es gibt keine Kritik an der Türkei. Stattdessen gibt es weiter Waffenlieferungen seitens Deutschlands an die Türkei, auch U-Boote fürs Mittelmeer.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Skandalös!)

Auch in diesem Antrag sind keine Aussagen zur Türkei als Embargobrecher enthalten, ganz so, als sei die Türkei, die das Embargo bricht, nicht die Türkei, die Mitglied in der NATO ist, als seien das zwei verschiedene Staaten und nicht derselbe Staat.

Sehr geehrte Damen und Herren, was ist Irini? Um diese Frage zu beantworten, muss man, glaube ich, zunächst einmal sagen, was Irini nicht ist. Irini ist definitiv kein Einsatz zur effektiven Durchsetzung des UNO-Waffenembargos. Irini ist letztendlich eine Farce, eine Farce, weil sie von der Türkei und anderen Staaten durchbrochen wird, eine Farce, für die der deutsche Steuerzahler 32 Millionen Euro zahlen wird. Was ist denn nun Irini? Nun, die EU-Operation Irini und die NATO-Operation Sea Guardian sind nichts anderes als Show-of-Force-Einsätze, das heißt die Demonstration maritimer Macht im Mittelmeer seitens der NATO und der Europäischen Union, nicht mehr und nicht weniger.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Harald Weyel [AfD]: „Show ohne Force“ könnte man auch sagen!)