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Alexander S. Neu: Bundeswehr aus Anti-IS-Einsatz abziehen, Rüstungsgeschäfte stoppen!

Rede von Alexander S. Neu,

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Im Nahen Osten tobt ein geopolitischer Machtkampf um Einflusszonen zwischen dem Westen und der Russischen Föderation. Dieser geostrategische Konkurrenzkampf ist im Falle Syriens so bestimmend für die westliche Außenpolitik, dass sie nicht zaudert, kopfabschneidende Islamisten gegen die syrische Staatlichkeit zu unterstützen und ethnische Säuberungen der türkischen Regierung gegen Kurdinnen und Kurden mindestens zu dulden. Entsprechend groß ist auch das Missfallen gegenüber dem völkerrechtskonformen Abkommen zwischen den Kurden und der syrischen Regierung.

Die innersyrische Konfliktlösung unter Vermittlung Russlands ist für den Westen einfach nicht akzeptabel; das wurde gerade noch einmal bei den Ausführungen des Ministers deutlich. Dieser geopolitische Wettkampf hat eine weitere Dimension erhalten, nämlich den Akteur Türkei. Die Türkei laviert zwischen der NATO und Russland. Das Erdogan-Regime spielt die NATO und Russland gegeneinander aus, um neo-osmanische Ziele wie zum Beispiel eine völkerrechtswidrige Besatzungszone in Nordsyrien zu erreichen, und das erfolgreich. Angesichts dieses Konkurrenzkampfes gibt es eine bescheidene Kritik an der Türkei seitens der NATO, der EU und auch der Bundesregierung; ich würde sagen: eine reine Rhetorik.

(Beifall bei der LINKEN)

Realiter hat die Türkei nichts zu fürchten, im Gegenteil: Die Bundesregierung hebt immer wieder hervor, auch Frau Merkel, man müsse ja auch Verständnis für türkische Sicherheitsinteressen haben. Nur, die Frage ist: Wie legitim sind diese Sicherheitsinteressen? Haben die syrischen Kurden, hat Syrien die Türkei angegriffen? Nein. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Syrien wird von der Türkei angegriffen. Der Grund ist doch, dass die Türkei unter Erdogan verhindern will, dass das Selbstverwaltungsmodell in Nordsyrien ein Beispiel für die Kurden in der Türkei wird.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Genau! )

Deshalb muss es in den Augen der Türkei vernichtet werden. Die Bundesregierung tut nichts anderes, als diesen Aggressionskrieg der Türkei gegen Syrien und die Kurden mit kruden Erklärungen zu rechtfertigen. Das ist unfassbar, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Warum tolerieren, unterstützen NATO, die Europäische Union und auch die Bundesregierung die Türkei? Nun, die NATO macht sich selbst dadurch erpressbar, dass sie ihr Mitglied Türkei aufgrund strategischer Interessen als unverzichtbar deklariert. Dementsprechend kann die Türkei machen, was sie will. Die NATO bedauert es nur. Und die EU macht sich aufgrund dieses schändlichen EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens erpressbar. Es ist unfassbar, wie hier Politik gegenüber der Türkei gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Immer wenn man denkt, es kann nicht schlimmer werden, taucht Verteidigungsministerin AKK auf mit einer originellen Idee – wie sie glaubt –, um ihrer Profillosigkeit etwas entgegenzusetzen. Wie versucht sie es? Die Verteidigungsministerin AKK fordert nun eine internationale Sicherheitszone in Nordsyrien – die Idee ist natürlich ganz neu – , ohne Rücksprache mit der syrischen Regierung, ohne Rücksprache mit den Verbündeten und – nebenbei – auch ohne Rücksprache mit dem Koalitionspartner, wahrscheinlich auch ohne Rücksprache mit der Kanzlerin, und blamiert damit die Bundesregierung vor der Republik.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Verantwortungslos ist das!)

AKK gestattet, großzügig wie sie ist, den Russen, ein Teil der Truppe in der internationalen Schutzzone zu sein. Das Problem ist nur, dass AKK nicht in der Lage ist, nicht versteht, wie die realen Machtverhältnisse in Syrien und im Sicherheitsrat sind. Deutschland und der Westen haben keinen Einfluss in Syrien. Wir haben dort keine Aktien. Die Folge ist, dass die Initiative, die AKK vorschlägt, eine Nullnummer ist – ohne irgendwelche Folgen. Jeder blamiert sich halt so gut, wie er kann.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Linke fordert hingegen endlich die Beendigung der deutschen Teilnahme am Anti-IS-Mandat. Wir fordern einen umfassenden Rüstungsexport- und -genehmigungsstopp gegen die Türkei.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir fordern von Ihnen, Frau Kanzlerin, dass Sie das, was die Türkei in Syrien macht, und zwar auch in Afrin, endlich als Völkerrechtsbruch deklarieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir fordern die Bereitstellung der humanitären Hilfe für Kurdinnen und Kurden und andere Kriegsopfer in Syrien. Und wir fordern, dass die Bundesregierung das Abkommen zwischen den Kurden und der syrischen Regierung unterstützt und nicht torpediert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)