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Agrokraftstoffquoten absenken!

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben gerade gehört: Minister sind unfehlbar.
(Beifall bei der LINKEN)
„Ein guter Tag fürs Klima“ titelte Der Spiegel in dieser Woche in Bezug auf den Stopp der Biospritverordnung. Ich bin mir da überhaupt nicht sicher; denn Umweltminister Gabriel ist ja nicht wegen der miesen Klimabilanz des Bioethanols oder wegen der irrwitzigen Auswirkungen der Agrospritimporte auf Tropenwälder und Menschenrechte auf die Notbremse getreten. Nein, die Strategie wurde nur ins Wanken gebracht, weil Bioethanol den Motoren schaden könnte. Er, Gabriel, erklärte in einer Presseerklärung zudem entwaffnend offen, die Agrospritstrategie habe eigentlich nie primär etwas mit Klimaschutz zu tun gehabt.
Es sei vielmehr darum gegangen, den Automobilherstellern Investitionen in sparsamere Autos zu ersparen.
(Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Aha!)
Nunmehr soll das Weniger an Bioethanol zum Teil durch ein Mehr an Biodiesel ausgeglichen werden. Diese 15 Prozent ursprünglich waren es 17 Prozent wären aber immer noch rund das Dreifache dessen, was inländisch nachhaltig an Biomasse produziert werden kann. Der Rapsanbau in Deutschland stößt bereits jetzt an seine Grenzen. Schon heute basiert Biodiesel hierzulande zu rund einem Fünftel auf tropischem Sojaöl. Herr Gabriel, wir haben damals gefordert, dass es keine Beimischungspflicht gibt. Das wissen Sie auch. Die Anträge liegen vor.
(Beifall bei der LINKEN)
Steigende Importe von Agrokraftstoffen sind weiterhin Ihr Programm, so, als gäbe es überhaupt keine Debatten über die erschreckenden Auswirkungen vieler Agroenergien auf die Tropenwälder und die Welternährung. Schauen Sie sich die Dinge an, die von Misereor und anderen christlichen Organisationen dazu geschrieben wurden. Dann werden Sie sehen, was hier geschieht. Stattdessen wird immer wieder auf Zertifizierung gesetzt, die jedoch das versichern uns die meisten NGOs zur Erfolglosigkeit verurteilt ist. Das liegt nicht nur an Korruption, mafiösen Strukturen und mangelnder Überwachung in vielen Produzentenländern, sondern es sind vor allem die indirekten Verdrängungseffekte der Agroenergie, die die Zertifizierungen ins Leere laufen lassen.
Sorgen macht uns in diesem Zusammenhang zusätzlich eine neue Verordnung, die Ende letzten Jahres verabschiedet wurde. Sie erlaubt ab 2010 die Hydrierung solcher Pflanzenöle, die bisher nur in Kraftwerken einsetzbar waren. Palmöl aus Indonesien etwa, für das dort riesige Urwaldgebiete gerodet werden, lässt sich dann auch in Autos verfahren. Das ist ja klasse: Der Druck auf die Wälder in Borneo und Sumatra wird also noch weiter zunehmen. Wie steht es eigentlich mit Wirtschaftsminister Glos? Er ist leider nicht anwesend.
(Zuruf von der SPD: Er trinkt gerade eine Tasse Ethanol!)
Wie ich der Welt am Sonntag entnehmen durfte, hat er wie im Übrigen auch Herr Söder und die gesamte CSU angeblich schon seit Jahren gewusst, dass der Run auf den Agrosprit zulasten tropischer Wälder und ihrer Bewohner erfolgt.
Allerdings wird man den Verdacht nicht los, dass Herr Glos lediglich Argumente sammelt, die belegen könnten, dass sich das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung langsam in Luft auflöst. Solche Argumente kann er nämlich gerade gut gebrauchen, beispielsweise um die Atomkraft wieder ins Spiel zu bringen. Dafür wird neuerdings wenn nötig mit der Brechstange auch eine Stromlücke beschworen. Aber Entschuldigung, es handelt sich natürlich um fundierte Analysen der Deutschen Energieagentur. Man kann froh sein, wenn man zu diesem Thema eine Auskunft erhält. Als mein Abgeordnetenbüro nach besagter dena-Studie fragte, wurde es zuerst an die Pressestelle verwiesen, die uns dann mitteilte, die Langfassung der Studie sei nicht öffentlich. Ferner dürfe nicht darüber informiert werden, wer der Auftraggeber der Studie sei.
Das ist schon seltsam. Statt Rohdaten darf man sich eine Power-Point-Präsentation aus dem Internet laden. Ich denke, das ist keine Grundlage seriöser Energiepolitik.
(Beifall bei der LINKEN)
Gleichzeitig pöbelt Wirtschaftsminister Glos gegen das Umweltbundesamt, weil dieses in einer eigenen Studie keine Stromlücke feststellen konnte. Das UBA habe für Energieprognosen keinerlei Kompetenz, schreibt er. Ich finde, nach Transrapid und Landesbankskandalen sollten Sie, meine Damen und Herren von der CSU, sich in Sachen Kompetenzbeurteilung etwas zurückhalten.
(Beifall bei der LINKEN, Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da hat sie mal recht!)
Ich komme abschließend noch einmal auf den Agrosprit zurück und fordere die Bundesregierung auf: Zwingen Sie deutsche Autofahrer nicht, Urwälder Südamerikas oder Asiens in ihren Tanks zu verheizen! Reduzieren Sie die Agrospritziele auf ein Maß, welches mit inländischer Produktion erreicht werden kann!
Ich komme zum Schluss. Wir müssen weiter über die Verkehrsvermeidung reden. Es muss dringend gehandelt werden. Das Tempolimit ist sehr wichtig. Wenn wir es im Übrigen schaffen, den Spritverbrauch jedes Autos um einen Liter zu reduzieren, dann sparen wir 12 Prozent Kraftstoff oder 10 Millionen Tonnen CO2 ein.
(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist zu wenig!)
Sie sagen, dies sei zu wenig. Es ist immerhin ein Anfang. Ich kann aber nur eine Zugabe fordern.
Wir könnten im Sinne des Klimaschutzes noch weiter diskutieren.
(Beifall bei der LINKEN)