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Achim Kessler: Kostenlose Schnelltests für alle: ein Zeichen der Solidarität im Kampf gegen Corona

Rede von Achim Kessler,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dieser Rede fragt man sich ja fast, ob die SPD noch in der Regierung ist oder nicht mehr. Aber sei’s drum.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Karin Maag [CDU/CSU] und Dr. Andrew Ullmann [FDP])

Schnelltests, durchgeführt beim Gesundheitsdienst, in Arztpraxen und Apotheken, aber auch als Selbsttests für zu Hause, sind ein wichtiges Mittel – ich glaube, darin sind wir uns einig – zur Bekämpfung der Pandemie. Die Linke hat schon seit dem Sommer gefordert, dass Schnelltests flächendeckend zur Verfügung stehen müssen, und zwar kostenlos. Meine Damen und Herren, Beharrlichkeit zahlt sich aus: Wir freuen uns sehr, wenn unsere Forderung jetzt tatsächlich eine Mehrheit bekommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber der Gesundheitsminister hat dieses Thema monatelang verschlafen. Für die Impfungen wurden Hunderte Millionen Euro ausgegeben. Für die Beschaffung von Masken hat der Bund Milliarden Euro in die Hand genommen. Aber bei Schnelltests, insbesondere bei Schnelltests in Eigenanwendung, ist nichts passiert. Das rächt sich jetzt; denn angesichts des Mangels an Impfstoffen, angesichts der Mutationen, die sich wesentlich schneller verbreiten, gibt es gar keine andere Möglichkeit, Lockerungen von freiheitseinschränkenden Maßnahmen herbeizuführen, als durch massenhafte Schnelltests. Wie immer in dieser Pandemie fährt die Bundesregierung nur auf Sicht. Angesichts der katastrophalen Folgen für die Menschen ist das wirklich unverzeihlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, sogar ohne Geld und ohne staatliche Einkaufsprogramme hätten Sie etwas machen können. Es hätte ja schon geholfen, wenn Sie frühzeitig die Medizinprodukte-Abgabeverordnung geändert hätten, damit nicht nur Ärzte, sondern auch alle anderen die Schnelltests kaufen können. Das wäre ein Anreiz gewesen, die Tests zur Selbstanwendung schnell zu entwickeln. Das hätten Sie schon im letzten Sommer machen können, als wir das gefordert haben. Passiert ist es erst jetzt, am 2. Februar 2021. Diese fortgesetzte Weigerung, Maßnahmen vorausschauend – da kann ich der Kollegin Mattheis nur zustimmen – vorzubereiten, wirft die Frage auf, ob Sie in der Pandemie überhaupt regierungsfähig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich freue mich, dass sich zuerst die SPD und dann auch der Gesundheitsminister unserer Forderung angeschlossen haben, Schnelltests kostenlos anzubieten. Das war aber auch wirklich höchste Zeit. Denn es darf nicht sein, dass die Möglichkeit, sich testen zu lassen, vom Geldbeutel abhängt. Ich traue es den meisten Menschen zu, dass sie auch mit einem positiven Ergebnis eines privat durchgeführten Tests verantwortungsvoll umgehen werden. Denn gerade Menschen, die sich privat selbst testen, beweisen, dass ihnen die Pandemie und das Virus nicht egal sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie beweisen Rücksicht, sie beweisen Verantwortungsbewusstsein, sie beweisen Solidarität, und genau darin will Die Linke die Menschen bestärken und unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Spahn, ich habe mich persönlich wirklich sehr gefreut, als Sie kostenlose Schnelltests für den 1. März angekündigt haben. Umso größer jetzt die Enttäuschung. Das weitere Aufschieben von kostenlosen Schnelltests durch die Bundesregierung versteht wirklich niemand mehr.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wegen einer Woche?)

Zusagen in Höhe von 9 Milliarden Euro für die Lufthansa? Das geht ruckzuck; das ist gar kein Problem. Aber die Einführung kostenloser Schnelltests erfolgt erst nach Monaten öffentlicher Debatte. Und jetzt verschieben Sie die Einführung noch mal. Dabei bräuchten wir die Schnelltests so dringend, um die Zeit zu überbrücken, bis wir endlich genug Impfstoffe haben, damit alle geimpft werden können. Dieses Totalversagen der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Pandemie muss jetzt wirklich ein Ende haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ob zu Hause, in der Schule, am Arbeitsplatz oder perspektivisch vor einem Theater- oder Kinobesuch: Schnelltests können erheblich dazu beitragen, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und Infektionsketten zu unterbrechen.

Die Bundesregierung muss endlich alle Möglichkeiten ergreifen, um die Pandemie weltweit zu besiegen und Freiheitseinschränkungen so schnell wie möglich wieder zu beenden. Dazu gehört – ich habe hier öfter darüber geredet – die Freigabe der Impfstoffpatente, damit weltweit Impfstoffe produziert werden können; dazu gehört eine Teststrategie, die auch kostenlose Schnelltests für alle ermöglicht.

Dass es bisher versäumt wurde, allen Menschen mit Kundenkontakt, zum Beispiel Kassiererinnen, Zustellern, Schnelltests zur Verfügung zu stellen, ist unverzeihlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Schutz am Arbeitsplatz muss endlich verbindlich geregelt und mit Kontrollen abgesichert werden.

(Beifall bei der LINKEN – Rudolf Henke [CDU/CSU]: Das ist doch die Sache der Betriebe!)

– Nein, das ist nicht die Sache der Betriebe, sondern es ist Aufgabe dieser Regierung, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wenn ich zum Beispiel mit Lehrerinnen und Lehrern spreche, dann höre ich, dass bei vielen noch immer keine Schnelltests durchgeführt werden. Das wäre aber dringend notwendig, wenn wir jetzt die Schulen wieder öffnen wollen. Ähnliches gilt für Erzieherinnen und Erzieher, und es gilt auch für gefährdete Personengruppen, zum Beispiel in Sammelunterkünften, aber auch für Menschen mit Behinderung und mit selbst organisierten Pflegemodellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen Sie endlich Ihrer Verantwortung nach, die umfassende Versorgung mit kostenlosen Schnelltests zu gewährleisten. Dazu, meine Damen und Herren, gehört auch, die Gesundheitsämter und die Kommunen personell und finanziell so auszustatten, dass sie die Bürgerinnen und Bürger in der Pandemie umfassend begleiten und beraten können, auch und gerade im Zusammenhang mit den Schnelltests für zu Hause.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Keine Regierung hat den Gesundheitsämtern mehr zur Verfügung gestellt als die aktuelle! Sie haben niemals mehr Geld bekommen! Niemals! Unglaubliche Fehlinformation!)

Der Antrag der FDP hat das Ziel, die Zulassung von Schnelltests zu beschleunigen. So lobenswert dieses Ziel ist, so verantwortungslos ist der vorgeschlagene Weg.

(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Jetzt bin ich aber gespannt!)

Wir sind von der FDP einiges gewöhnt, aber an dieser Stelle stockt einem wirklich der Atem. Die offizielle Zulassung der Schnelltests durch – ich zitiere – „eine einfache und unbürokratische Selbstverpflichtung“ des Herstellers zu ersetzen, offenbart, dass es Ihnen gar nicht um den Schutz der Menschen geht, sondern es geht Ihnen schlicht und ergreifend um Wirtschaftsförderung.

(Widerspruch bei der FDP)

Ich bin mir ganz, ganz sicher, dass die Spenden aus der Pharmaindustrie für den Bundestagswahlkampf der FDP kräftig sprudeln werden. Die Linke jedenfalls lehnt diesen verantwortungslosen Unfug ab.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gut, dass Sie nicht mit Unterstellungen arbeiten! Das finde ich super! Unglaublich!)