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Absetzung der Beratung des Anpassungsprogramms Griechenland

Rede von Dagmar Enkelmann,

Geschäftsordnung, Griechenland-Paket, Ausschussberatungen,

Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion Die Linke widerspricht der Aufsetzung der Anträge der Bundesregierung zur sogenannten Griechenland-Rettung auf die heutige Tagesordnung und vor allen Dingen der Sofortabstimmung heute.
(Beifall bei der LINKEN)
In der Nacht von Montag zu Dienstag haben sich die Finanzminister der Europäischen Union geeinigt. Am Dienstagvormittag haben wir dann via Agenturmeldung erfahren, dass am Donnerstag der Bundestag abschließend über dieses Paket entscheiden soll – ohne dass sich die Fraktionen dazu verständigt haben. Dann haben wir am späten Dienstag dieses Paket von Unterlagen – Informationen, Anträge etc. – bekommen. Nicht einmal der Haushaltsausschuss oder der Europaausschuss, die am Mittwoch getagt haben, hatten sämtliche Drucksachen für ihre Beratung zur Verfügung. Im Gegenteil: Über die Auswirkungen, die zum Beispiel die angekündigten haushaltsrechtlichen Ermächtigungen mit sich bringen, konnte der Haushaltsausschuss nicht verlässlich und nicht zuverlässig beraten. Das heißt, Sie wollen in den nächsten Jahren – das kommt hinzu – ohne Nachtrag, also quasi mit einem Blankoscheck, hier über die weiteren Mittel, die in den Bundeshaushalt eingestellt werden müssen, entscheiden. Da machen wir nicht mit, ganz klar.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber kraft Ihrer Wassersuppe, also kraft der Mehrheit der Koalition, wurde das heute auf die Tagesordnung gesetzt; Schützenhilfe gab es von SPD und Grünen. Kollege Steinmeier, Sie haben vollkommen recht, wenn Sie sagen: Das Parlament darf nicht zum Abnickorgan der Regierung werden.
(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Genau!)
Vollkommen recht haben Sie damit!
(Beifall bei der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann muss das Parlament aber auch die Bereitschaft haben, sich mit der Sache auseinanderzusetzen!)
Nur: Diese Bundesregierung benutzt unser Parlament immer öfter dafür. Da machen wir als Linke nicht mit. Dagegen müssen wir uns alle wehren, als gesamtes Parlament.
(Beifall bei der LINKEN)
Bei der SPD gab es dann zwar einen Sturm im Wasserglas; aber er war schnell beendet. Deswegen meine ich, Sie haben den Titel verdient: Umfaller der Woche.
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der SPD: Oh! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, nur der Woche?)
Die Linke lehnt ein derart undemokratisches Verfahren ab. Oder haben Sie tatsächlich ernsthaft dieses ganze Paket gelesen,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja!)
beraten,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja!)
abgewogen?
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja!)
– Das alles haben Sie gemacht, Herr Kauder? Ich würde jetzt gern ein Quiz mit Ihnen machen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Also los! Auf geht’s!)
Haben Sie ernsthaft geprüft, welche Auswirkungen sich aus diesen Entscheidungen auf die kommenden Haus-halte, zum Beispiel für 2013, ergeben?
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 730 Millionen!)
In der vergangenen Woche haben wir hier den Haushalt 2013 beschlossen. Er ist schon heute Makulatur. Wir wissen, dass es im nächsten Jahr um 730 Millionen Euro geht, die weniger ausgegeben werden können. Das ist ein Problem. Wo soll das herkommen?
Da wird ganz einfach von „Umschichtung“ im Haushalt gesprochen. Das, finde ich, ist eine Volksverdummung. Man sollte ehrlich mit den Menschen umgehen. Was heißt denn „Umschichtung“? Umschichtung heißt doch, dass an irgendeiner Stelle gekürzt wird: zum Bei¬spiel bei Bildung, bei der Arbeitsmarktpolitik, bei Sozialleistungen. Sagen Sie das den Leuten! Wo soll tatsächlich das Geld für 2013 und die kommenden Jahre herkommen?
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wenn Sie aufhören, sagt Ihnen der Schäuble das!)
Die Bundeskanzlerin hat erklärt, es gehe nicht, Griechenland den Hahn abzudrehen.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Hahn ist tot!)
Das sei nicht verantwortbar.
Dass Sie hier im Schnellverfahren solche Anträge durch den Bundestag bringen wollen, das ist unverantwortbar.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass Sie nicht ernsthaft Alternativen geprüft haben, das ist in hohem Maße verantwortungslos: Verantwortungslos ist das gegenüber dem griechischen Volk; verantwortungslos ist das vor allem auch gegenüber den deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.
Stimmen Sie gegen die heutige Sofortabstimmung!
(Beifall bei der LINKEN)