Im Konflikt um das iranische Atomprogramm beharrt die Bundesregierung auf unrealistischen Forderungen gegenüber dem Iran, während die US-Regierung immer wieder mit einer „militärischen Option“ droht. Dazu sagte der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Prof. Dr. Norman Paech, in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesaußenminister, Sie haben es erwähnt: Morgen empfangen Sie Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates, um mit ihnen ein Problem zu besprechen, das die USA als das größte außenpolitische Problem der nächsten Zukunft bezeichnet haben, nämlich das iranische Atomprogramm. Nun haben die USA sich entschlossen, wie damals im Falle des Iraks den Schraubstock des UN-Sicherheitsrats auch dem Iran anzulegen. Man weiß allerdings nie, wer dabei mehr in die Klemme kommt: der, der dreht, oder der, der eingeklemmt werden soll. (Beifall bei der LINKEN) Sie versichern zwar immer - ich glaube Ihnen das auch -, Herr Steinmeier, dass es nicht zu militärischen Sanktionen kommen soll. Aber was verleitet Sie eigentlich, Ihren Kollegen Rumsfeld und Cheney nicht zu glauben, die immer wiederholen, dass nichts ausgeschlossen werden darf und damit auch nicht die militärische Option? Wer sich - das ist die Warnung - in den Mechanismus des UNO-Sicherheitsrats begibt, wird es schwer haben, sich aus ihm wieder herauszulösen, bevor alle seine Mittel ausgeschöpft sind. Kapitel VII der UNO-Charta ist in den Händen Ihrer Kollegen ein vergiftetes Friedensangebot, weil die militärische Option immer enthalten ist. (Beifall bei der LINKEN) Vor zwei Tagen erst hat das hier in Berlin eine große Rolle gespielt, als der ehemalige US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski auf einem Forum der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung diese Option als ein Hindernis für die Verhandlungen bezeichnet hat, weil sie auf der Seite derer, mit denen man verhandeln will, eigentlich nur Furcht erzeugt. Wenn Sie, Herr Bundesminister, den Verhandlungsweg noch nicht abgeschrieben haben, wird es morgen auch um einen Kompromissvorschlag an den Iran gehen, das heißt konkret: um den Abschied von der Maximalforderung an den Iran, vollständig und auf unbestimmte Zeit auf die Urananreicherung zu zivilen Zwecken zu verzichten. Staatsminister Erler hat einen solchen Schritt bereits angedeutet und das ist sehr positiv. Machen wir uns Folgendes einmal klar: Da geben sich die Staaten einen Atomwaffensperrvertrag als Atomwaffenordnung und dann kommen die mächtigsten Staaten daher und zwingen die schwächeren Staaten, auf die Rechte aus diesem Vertrag zu verzichten. Gleichzeitig kümmern sich die stärksten Staaten einen Dreck um ihre eigenen Verpflichtungen aus diesem Vertrag, (Beifall bei der LINKEN) indem sie immer neue Generationen von Atomwaffen - ob Mininukes oder Trident-Nachfolger - entwickeln. Diesen Zynismus können Sie niemandem vermitteln; so etwas ist zutiefst unglaubwürdig. (Beifall bei der LINKEN) Eine Maxime jeder glaubwürdigen Außenpolitik lautet doch: Behandle andere nach den gleichen Prinzipien, nach denen du selbst behandelt werden möchtest! Das gilt auch für einen zweiten Konflikt, den ich ansprechen möchte und der seit langem die Form eines Zermürbungskrieges angenommen hat, den Konflikt zwischen Palästina und Israel. Ohne eine Lösung wird der ganze Nahe und Mittlere Osten nie zur Ruhe kommen. Sie kennen den Vorschlag, den wir gemacht haben: eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im Nahen Osten einzuberufen, die nicht nur helfen soll, das Palästinaproblem, sondern auch das Problem des iranischen Atomprogramms zu lösen. Nach zwei Wahlen in Palästina und in Israel kann die deutsche Außenpolitik ihre immer zu Recht betonte Verantwortung für die Region nicht mehr dadurch erfüllen, dass sie auf der einen Seite Druck erzeugt, der anderen Seite aber alles, was sie macht, ohne einen offenen Kommentar durchgehen lässt. Es ist vollkommen richtig, von einer von der Hamas geführten Regierung die Anerkennung des Existenzrechts Israels, die Einhaltung der abgeschlossenen Verträge und der internationalen Verträge und die Einstellung aller Terrorakte und aller Gewalt zu fordern. Aber fordern Sie auch von der neuen Regierung in Jerusalem nicht nur die Einhaltung der Roadmap, die - auch durch die vergangene israelische Regierung - vollkommen verschlissen ist, sondern auch ganz konkret die Anerkennung eines souveränen palästinensischen Staates, die Einhaltung aller Verträge und des Völkerrechts, die Aufgabe der Besatzung der Westbank und den Abzug aller Siedler sowie die Einstellung des Terrors der gezielten Tötungen. (Beifall bei der LINKEN) Erst wenn Sie mutig auch an diese Seite des Konflikts herangehen, zeigt sich die wahre Verantwortung der deutschen Außenpolitik. Und nur dann kann es eine dauerhafte Lösung des Konflikts im Nahen und Mittleren Osten geben. Danke sehr. (Beifall bei der LINKEN - Markus Löning [FDP]: So toll war die Rede auch wieder nicht!)
„Abschied von Maximalforderungen an den Iran“
Rede
von
Norman Paech,