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2. und 3. Beratung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs

Rede von Jörn Wunderlich,

Während die bislang geltenden Regelungen zum Versorgungsausgleich von Wissenschaft und Praxis einheitlich als kaum beherrschbar, undurchschaubar und im Ergebnis ungerecht empfunden wurden, stellt der Gesetzentwurf eine erhebliche Verbesserung und Vereinfachung der Rechtslage dar, nicht nur für Anwälte und Gerichte, sondern auch für den Rechtsunkundigen.

 

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Szenen aus dem Gerichtssaal, die das Fernsehen nicht zeigt - ich habe das auch schon im Ausschuss vorgetragen -: Beim Scheidungstermin übergibt der Richter den noch verheirateten Ehepartnern ein dreiseitiges Rechenwerk, an dessen Ende steht, wie viele Rentenanwartschaften von dem einen Ehegatten auf den anderen übertragen werden. Dann sagt der Richter: Fragen Sie mich nicht, wie sich diese Berechnung zusammensetzt. Das werden Ihnen Ihre Anwälte erklären. Daraufhin werden die Anwälte bleich. - Das ist der Normalfall. Solche Szenen dürften bald der Geschichte angehören.

(Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE]: Hoffentlich!)

- Ja, hoffentlich.

Die bislang geltenden Regelungen zum Versorgungsausgleich - das ist schon angesprochen worden - wurden von Wissenschaft und Praxis einheitlich als kaum beherrschbar, undurchschaubar und im Ergebnis ungerecht empfunden. Leidtragende waren in der Regel Frauen. Eine Rechtsmaterie, die selbst von Experten als kaum beherrschbar bezeichnet wird, führt letztlich an die Grenzen der Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips, nämlich des Bestimmtheitsgebots. Somit war eine grundlegende Änderung dieser Vorschrift überfällig und geboten.

In der endgültigen Fassung des Gesetzentwurfes wurde eines der möglichen Reformkonzepte aufgegriffen, und dieses wurde - so weit ist sich die überwiegende Mehrheit der Fachwelt einig - schlüssig und klar formuliert und gut strukturiert umgesetzt. Es handelt sich also um einen guten Gesetzentwurf.

(Beifall des Abg. Volker Schneider [Saarbrücken] [DIE LINKE])

Dem ursprünglichen Gesetzentwurf hätten wir nicht zustimmen können. Es gab zu viele kritikwürdige Punkte, die unter anderem auch von den Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung aufgegriffen wurden. Im Laufe der sich daran anschließenden Debatten - an dieser Stelle möchte auch ich mich bei den Berichterstattern für die sachliche Arbeit in den Gesprächsrunden bedanken - wurden nahezu alle diese Kritikpunkte ausgeräumt, sodass der Gesetzentwurf nun stimmig ist und auch besonderen Fallkonstellationen angemessen Rechnung trägt.

Der Gesetzentwurf stellt eine erhebliche Verbesserung und Vereinfachung der Rechtslage dar, nicht nur für Anwälte und Gerichte, sondern auch für den Rechtsunkundigen; er ist nämlich besser zu durchschauen. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass keine Vergleichbarmachung an sich nicht vergleichbarer Ansprüche stattfindet. Die Barwertverordnung - auch dieses Stichwort ist schon gefallen - gehört der Geschichte an. Bestehende Ansprüche werden dort ausgeglichen, wo sie tatsächlich bestehen, also innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung, innerhalb der betrieblichen Altersversorgung. Auch wenn dies insbesondere den privaten Versorgungsträgern ein gewisses Mehr an bürokratischem Aufwand abverlangt - später wird er ein wenig ausgeglichen -, ist dies im Ergebnis für alle Beteiligten, insbesondere für die rechtsunkundigen scheidungswilligen Bürgerinnen und Bürger, nachvollziehbar und verständlich.

Soweit eine externe Teilung mit Zustimmung des Berechtigten erfolgt - auch das ist bereits angesprochen worden -, haben wir uns selbst die Aufgabe gestellt - so steht es auch in der Beschlussempfehlung -, bis zum Inkrafttreten am 1. September 2009 eine entsprechende Ausgleichskasse gesetzlich zu verankern, damit auch insoweit Rechtssicherheit herrscht.

Geblieben ist die Ungleichbehandlung im Rahmen der nachträglichen Anpassung von Anwartschaftsübertragungen. Dort werden nur die Regelsicherungssysteme erfasst. Warum nicht auch betriebliche und private Altersversorgungen? Oder sollte die nachträgliche Anpassung vielleicht nicht in Gänze entfallen?

Unter dem Strich sind die Gründe, welche bei der Abstimmung zu einer Enthaltung geführt hätten, letztlich doch noch, vorgestern Abend, entfallen, nachdem die Opposition - das ist im Zusammenhang mit den entsprechenden Anträgen angesprochen worden - noch einmal darauf gedrängt hatte, dass die eingetragenen Lebenspartnerschaften genauso behandelt werden wie Eheschließungen. Vorgestern hat sich die Große Koalition auf Art. 14 Grundgesetz besonnen und dem Ansinnen der Opposition Folge geleistet. So kann das Gesetz doch noch mit den Stimmen des ganzen Hauses verabschiedet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es bleibt die Frage der Renten der geschiedenen Frauen aus der DDR; aber das ist an anderer Stelle zu klären. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Mechthild Dyckmans [FDP])