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Mitbestimmung

Themenpapiere der Fraktion

Es gibt zwei Arten von Mitbestimmung: im Betrieb und im Unternehmen. Im Betrieb wählen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Betriebsrat, dessen Mitbestimmungsrechte abgestuft sind. In sozialen Belangen wie der Urlaubsplanung oder der Arbeitszeitgestaltung hat der Betriebsrat die stärkste Rechtsposition und kann wirklich mitbestimmen. Oft allerdings kann der Betriebsrat die Entscheidungen des Arbeitgebers nur verzögern und muss nur angehört werden. In den entscheidenden wirtschaftlichen Fragen (Investitionen, Produktpalette, Umfang der Produktion) hat der Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Arbeit der Betriebsräte durch äußere Umstände verschlechtert, etwa die zunehmende Internationalisierung, Digitalisierung und Deregulierung. Vor allem die steigende Zahl atypischer Arbeitsverhältnisse (Minijobs, Leiharbeit, befristete Beschäftigung) spaltet die Belegschaften. Eine gemeinsame Interessenvertretung wird erschwert. Darüber hinaus gibt es in kleinen, mittleren Betrieben oder Discounterketten häufig gar keine Betriebsräte. Die rechtlich zulässige oder sogar gewünschte Bildung von Betriebsräten wird teilweise durch Einschüchterung und Druck "von oben" verhindert. In anderen Fällen fehlt den Beschäftigten schlicht das Wissen über betriebliche Mitbestimmung. Es gibt dann gar keine Versuche, einen Betriebsrat zu gründen.

In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ist die Mitbestimmung über Vertreter der Arbeitnehmer:innen im Aufsichtsrat des Unternehmens organisiert. Allerdings können auch hier die Beschäftigten nicht gleichberechtigt mitentscheiden. Dafür sorgt das unterschiedlich gewichtete Stimmenverhältnis im Aufsichtsrat. Dabei könnte Mitbestimmung verhindern, dass Unternehmen renditegetriebene Fehlentscheidungen treffen. Diverse Unternehmen haben gezeigt, dass selbst Rekordgewinne keine Massenentlassungen verhindern und auch dann Produktionsstandorte in andere Länder verlagert werden. Unter dem Druck der Vorgaben von Banken und Finanzinvestoren zählt allein der schnelle und möglichst hohe Profit. Nur in Krisenzeiten wird die Belegschaft gefragt: Wenn über Lohnsenkung, Kürzung von übertariflichen Leistungen und Anstieg der Arbeitszeit das Unternehmen "gerettet" werden soll.

Unternehmen sind nicht Privatsache der Eigentümer. Im sozialökonomischen Zusammenspiel wird letztlich erst die materielle Basis (Güter, Dienstleistungen, Infrastruktur) für die Existenz und die Entwicklung jeder Gesellschaft geschaffen. Deshalb müssen die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften gleichberechtigt an allen wichtigen Unternehmensentscheidungen beteiligt werden. Der Ausbau der Mitbestimmung ist zugleich ein Schritt in Richtung mehr Demokratie in der Wirtschaft.

Die Fraktion DIE LINKE fordert deshalb

1. die Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung:

  • Die Gründung von Betriebsräten insbesondere in kleinen, mittelständischen Unternehmen sowie in Filialbetrieben ist gesetzlich zu erleichtern und Initiatoren und Betriebsräte müssen besser vor mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern geschützt werden. Dafür ist in Fällen von Union Busting bei erstmaligen Betriebsratswahlen die direkte Einsetzung von Betriebsräten durch das Arbeitsgericht zu ermöglichen. Mitbestimmungsfreie Zonen darf es nicht geben.
  • Betriebsräte brauchen zudem mehr zwingende Mitbestimmungsrechte - insbesondere in Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der Planung, Gestaltung und Änderung von Arbeitsplätzen sowie der Arbeitsintensität. Das Mitbestimmungsrecht von Betriebsräten bzgl. IT-Systemen und Künstlicher Intelligenz muss ebenfalls erweitert werden um Einführung, Anwendung und Einschränkung sowie Zielsetzung. Betriebsräte müssen außerdem über Personalbemessung, Arbeitsmenge, Leistungsanforderungen, Umsetzung des Datenschutzes und Weiterbildungsbedarf mitbestimmen können und Initiativrecht erhalten.
  • Auch müssen Betriebsräte das Recht erhalten, in entscheidenden wirtschaftlichen Fragen effektiv mitzubestimmen und in Fragen der Beschäftigungssicherung initiativ mitzubestimmen. Der Einsatz, die Ausgestaltung und die Einschränkung von Leiharbeit und Werkverträgen sind in jedem Fall mitbestimmungspflichtig zu machen.
  • Zudem gilt es, die Rechte einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben zu stärken. Statt Stellvertreterpolitik geht es um mehr Demokratie, vor allem um Demokratie von unten. Dazu gilt es, Beschäftigten vor allem über Betriebsversammlungen mehr Rechte einzuräumen. Auch die Aufnahme von einzelnen Beschäftigten in Ausschüsse eines Betriebsrats ist zu erleichtern. 
    Siehe: Betriebliche Mitbestimmung

2. die Ausweitung der Unternehmensmitbestimmung:

  • Die in Aufsichtsräte entsandten Beschäftigten müssen bei allen Entscheidungen gleichberechtigt mitentscheiden können – insbesondere bei Verlagerungen und Übernahmen, beim Verkauf von Betrieben oder Betriebsteilen, bei Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen und bei Aktienrückkäufen. Darüber hinaus sind im Vorfeld weitreichender Entscheidungen für das Unternehmen alle Informationen den Belegschaften vorzulegen, und es ist in der gesamten Belegschaft darüber abzustimmen.