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Verpflichtende Arbeitsschutzerklärung (ASE)

Positionspapier,

AK I »Arbeit, Soziales und Gesundheit«, Fraktionsbeschluss vom 04. Mai 2021, verantwortlich: Jutta Krellmann, AG Arbeit


Auf einen Blick:

Mangelhafter Arbeits- und Gesundheitsschutz kann dramatische Konsequenzen haben, das hat uns die Corona-Pandemie schonungslos vor Augen geführt. Viele haben sich bei ihrer Arbeit mit dem gefährlichen Virus infiziert, weil sie nicht ausreichend geschützt waren. Auch unabhängig von Corona ist die Lage ernst: Allein auf dem Bau gab es 2020 jede Woche zwei Tote zu beklagen.1 Immer mehr Beschäftigte brennen regelrecht aus: Die Zahl der Krankentage aufgrund von psychischen Belastungen hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht.2  Die gesellschaftlichen Kosten sind immens!3  Viele Arbeitgeber drücken sich um ihre Pflicht, für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu sorgen und der Staat lässt sie weitgehend gewähren. Nur jeder zwanzigste Betrieb unternimmt eine vollständige Beurteilung seiner Arbeitsbedingungen, obwohl alle dazu gesetzlich verpflichtet sind. Fast die Hälfte aller Betriebe führt eine solche Gefährdungsbeurteilung gar nicht durch.4 Die staatlichen Aufsichtsbehörden wurden kaputtgespart, sind chronisch unterbesetzt und verwalten nur noch den Mangel. Die Zahl der Betriebsbesuche fällt seit Jahren. Mittlerweile wird jeder Betrieb durchschnittlich nur alle 25 Jahre kontrolliert.5 Betriebsräte verbessern das Schutzniveau in den Betrieben, aber nur noch 40 Prozent aller Beschäftigten werden von einem solchen vertreten.6

Die Corona-Pandemie hat die Bundesregierung zum Handeln gezwungen. Doch die Reformversuche wie das Arbeitsschutzkontrollgesetz bleiben halbherzig. Als Fraktion DIE LINKE fordern wir ein konsequentes Umsteuern: Die Durchsetzung menschengerechter Arbeitsbedingungen muss der Staat endlich als Kernaufgabe begreifen; gleichzeitig müssen Beschäftigte stärker beteiligt werden. Dafür braucht es mehr und bessere Kontrollen, härtere Sanktionen, eine Anti-Stress-Verordnung sowie eine Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung.7 Um den überfälligen Wandel beim Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz voranzutreiben, fordern wir eine verpflichtende Arbeitsschutzerklärung (ASE). Sie ist der Motor einer neuen Offensive zur Humanisierung der Arbeitswelt. Derzeit überblickt niemand genau, wo sicher und gesund gearbeitet wird und wo nicht. Das muss sich grundlegend ändern. Um die digitale Arbeitsschutzerklärung herum, gilt es das deutsche Arbeitsschutzsystem in Bund, Ländern und Betrieben neu auszurichten. Alle Arbeitgeber werden verpflichtet, einmal im Jahr über den Stand des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in ihrem Betrieb zu berichten – wie bei der jährlichen Steuererklärung.

1. Die ASE erfasst anhand weniger zentraler Merkmale, ob in einem Betrieb der Arbeitsschutz gelebt wird oder nicht: Sind alle Zuständigkeiten geklärt und wurde eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt? Welche Maßnahmen wurden ergriffen? Gibt es einen Betriebsrat und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit?

2. Die ASE wird elektronisch übermittelt und automatisch geprüft. Sie entlastet die Arbeitsschutzbehörden und macht es leichter fahrlässige Arbeitgeber zu erkennen. Dadurch wird auch die dringend notwendige Digitalisierung der Arbeitsschutzbehörden vorangetrieben.

3. Kommt ein Arbeitgeber seiner Pflicht zur ASE nicht nach drohen ihm Bußgelder. Bei krankheitsbedingten Kündigungen und Schadensersatzklagen von Beschäftigten ist er automatisch in der Beweislast. Betriebs- und Personalräte verfassen eigene Stellungnahmen zur ASE und können die Angaben der Arbeitgeber kritisch ergänzen.

4. Die ASE ermöglicht zielgerichtete Arbeitsschutzkontrollen. Zusammen mit einem neuen Betriebstätten-Kataster und mehr und zentral ausgebildetem Personal, führt sie zu häufigeren und besseren Arbeitsschutzkontrollen. Koordiniert wird sie bundeseinheitlich durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

 

1igbau.de/Im-letzten-Jahr-fast-100-Beschaeftigte-auf-dem-Bau-toedlich-verunglueckt.html, 15.03.2021

2 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jutta Krellmann u.a., Fraktion DIE LINKE im Bundestag »Alternde Belegschaften und psychische Belastungen bei der Arbeit« (BT-Drs. 19/23898)

3 Alleine Muskel-Skelett-Erkrankungen verursachten jährliche Produktionsausfallkosten von über 50 Milliarden Euro, vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jutta Krellmann u.a., Fraktion DIE LINKE im Bundestag »Büroarbeit und körperliche Gesundheit« (BT-Drs. 19/23247)

4 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jutta Krellmann u.a., Fraktion DIE LINKE. im Bundestag »Alternde Belegschaften und psychische Belastungen bei der Arbeit«, (BT-Drs. 19/23898)

5 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jutta Krellmann u.a., Fraktion DIE LINKE im Bundestag »Entwicklung der Arbeitsschutzkontrollen in Deutschland« (BT-Drs. 19/17409)

6 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Jutta Krellmann u.a., Fraktion DIE LINKE im Bundestag »100 Jahre betriebliche Mitbestimmung« (BT-Drs. 19/24630)

7 Unsere Vorschläge ausführlich zum Nachlesen im Positionspapier »Für einen aktiven und wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutz«, www.linksfraktion.de/themen/positionspapiere/detail/fuer-einen-aktiven-und-wirksamen-arbeits-und-gesundheitsschutz/ 

 


Die Arbeitsschutzerklärung (ASE) lesen Sie im Detail bitte im oben verlinkten PDF.