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Forderungen der Fraktion DIE LINKE zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009

Positionspapier,

DIE LINKE hat vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Vertrag von Lissabon geklagt. Das Gericht urteilte am 30. Juni 2009 das Begleitgesetz zum Vertrag von Lissabon sei verfassungswidrig, da die demokratischen Rechte des Bundestages nicht gesichert seien. Die Fraktion hat nun 20 Forderungen zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht.

DIE LINKE. bejaht die europäische Integration. Sie erstrebt eine Verfassung für eine demokratische und soziale, für eine den Frieden sichernde und ökologische europäische Union. (Memorandum von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, Januar 2007)

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni zum Vertrag von Lissabon ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur Demokratisierung und Parlamentarisierung der deutschen EU-Politik. DIE LINKE. hat als einzige Bundestagsfraktion ebenso wie alle ihre Abgeordneten das Bundesverfassungsgericht an-gerufen. Das Urteil ist ein wichtiger Erfolg. Gegen die große Mehrheit aller anderen Fraktionen hat das Gericht der demokratischen Integrationsverantwortung des Parlaments zum Durchbruch verholfen. Eine parlamentarische Minderheit hat die Rechte des Bundestages gegen die Mehrheit der Abgeordneten durchgesetzt.

Das Bundesverfassungsgericht ist unserer Auffassung nicht gefolgt, dass der Vertrag von Lissabon ver-fassungswidrig ist. Vor allem hat das Gericht die Einwände gegen die Militarisierung der EU und die Ver-pflichtung auf eine sozialstaatswidrige und marktradikale Wirtschaftspolitik nicht hinreichend gewürdigt: Der Vertrag wird weder der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seit 80 Jahren noch den demokratischen Anforderungen an die zukunftsoffene Gestaltung des Staatenverbunds EU gerecht. DIE LINKE. lehnt den Vertrag von Lissabon ab und unterstützt die fortschrittliche Bewegung für das „NO“ in Irland.

DIE LINKE. fordert die vollständige Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Sie beteiligt sich aktiv an der parlamentarischen Arbeit. Wir sind den Prinzipien der Gründlichkeit und der Rechtssi-cherheit verpflichtet. Es geht um die demokratische Integrationsverantwortung des Parlaments, um die parlamentarische Demokratie insgesamt. Eine hastige Ratifizierung, die nur der Beeinflussung der souve-ränen Entscheidung der irischen Bevölkerung dient, wird der Größe der Aufgabe nicht gerecht. Sie beschädigt die Demokratie und das Ansehen des Deutschen Bundestags: Statt sich mit Macht um das Ergebnis von Volksabstimmungen in anderen Ländern zu kümmern, sollte die Mehrheit im Bundestag endlich Volksentscheide in Deutschland ermöglichen, was nach dem Urteil des Verfassungsgerichts dem Grundgesetz entspricht.

Anpassungen sind nicht nur am „Begleitgesetz“ erforderlich. Ebenso muss der restriktiven Interpretation des Vertrages durch das Bundesverfassungsgericht gegen die Überdehnung von Hoheitsrechten der EU entsprochen werden. Die maßgeblichen Entscheidungen müssen durchgängig nach dem Prinzip der de-mokratischen Integrationsverantwortung von Bundestag und Bundesrat gestaltet werden. Zur Stärkung der demokratischen Funktion des Parlaments gehört auch die Verbesserung der Rechte der parlamentarischen Opposition und parlamentarischer Minderheiten.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Bedeutung für die gesamte Europäische Union. Es gehört zu den Geboten der Vertragstreue und der Europafreundlichkeit, den Vertragspartnern das Urteil und seine Konsequenzen offen zur Kenntnis zu geben.

Der Bundestag muss sich bei der Umsetzung des Urteils seiner Aufgaben als das zentrale Organ der Gesetzgebung gerecht werden: Es muss damit Schluss sein, wesentliche Fragen offen zu lassen und das oberste Gericht als Ersatzgesetzgeber zu missbrauchen. Das schafft keine demokratische Legitimation - weder für die EU noch für den Bundestag.

Die LINKE. ist Partei des Grundgesetzes. Sie verteidigt die Verfassung gegen alle Versuche, wesentliche ihrer Errungenschaften unter dem Vorwand von Handlungsfähigkeit und Effizienz zurückzunehmen. DIE LINKE. stellt für die begonnen Umsetzungsarbeiten die nachfolgenden Forderungen auf, die sich als Konsequenzen aus dem verfassungsgerichtlichen Urteil ergeben.

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