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Die Operationspraxis an intergeschlechtlichen Kindern zuverlässig stoppen!

Positionspapier,

Beschluss des Arbeitskreises Kultur, Wissen, Lebensweisen
vom 12. März 2019

Obwohl der Handlungsbedarf zur Operationspraxis an intergeschlechtlichen Kindern auch im Bundestag schon vielfach thematisiert wurde, hat sich seit Jahren nichts geändert: Die Operation an Genitalien und hormonproduzierenden Keimdrüsen von Kindern, deren körperliche Merkmale nicht in die medizinischen Schubladen von »weiblich« und »männlich« passen - oft (selbst-)bezeichnet als intergeschlechtliche Menschen – findet statt. Zwischen 2005 und 2016 wurden durchgängig rund 20 bis 28 Prozent der Kinder (unter 10 Jahre), die eine Diagnose aus dem weiten Feld der Varianten der Geschlechtsentwicklung erhielten, medizinisch behandelt. Insgesamt werden 1.700 bis 2.000 Kinder jährlich maskulinisierend oder feminisierend operiert.

Die Operationspraxis wurde erst in den 1950er Jahren üblich, als John Money seine Theorien zu binär-geschlechtlichem Verhalten publizierte. Damit prägte er die Vorstellung, dass sich ein frühzeitig operativ zugewiesenes Geschlecht durch die sozialen Normen und Prägungen in einem Kind »konditionieren« und damit anpassen ließe. Später wurden auch erhöhte Krebsrisiken ins Feld geführt, um das Entfernen gesunder Drüsen und die oft damit einhergehende Sterilisierung zu begründen. Hierzu gibt es allerdings keine aussagekräftigen Studien, die dieses Risiko messbar machen. Es fehlen insgesamt fundierte Erkenntnisse über die gesundheitlichen Folgen von frühen im Vergleich zu späten Operationen, während das Ausmaß der psychischen Trauma-Folgen aufgrund der bisherigen Behandlungspraxis mittlerweile offensichtlich wurde.
Fachleute sehen inzwischen von Operationen im Kinder- und Jugendalter ab und raten stattdessen zu geschlechtersensibler Erziehung, zu regelmäßigen Tumormarker-Untersuchungen und zu einer informierten Entscheidung der betreffenden Personen im Erwachsenenalter über ihren eigenen Körper.

Es wird höchste Zeit, die geschlechtliche Selbstbestimmung aller sicherzustellen. Menschenrechte sind unteilbar.

  • Nach Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist die zweigeteilte Geschlechterordnung im Personenstandsrecht nicht verfassungsgemäß, die Bundesregierung hat mit den rechtlichen Regelungen zur »Dritten Option« einen weiteren Geschlechtseintrag möglich gemacht. Auch vor diesem rechtlichen Hintergrund ist es unhaltbar, die medizinische OP-Praxis an intergeschlechtlichen Kindern weiterlaufen zu lassen wie bisher.
  • Die Bundesregierung sollte Verantwortung für das eigene Rechtssystem übernehmen und Opfer geschlechtszuweisender OPs, die mit zum Teil massiven Folgen bis hin zur Erwerbsunfähigkeit zu leben haben, entschädigen und bei der gesellschaftlichen Teilhabe unterstützen. Auch ist es Aufgabe von Bund und Ländern, das allgemeine Wissen und berufliche Kompetenzen zu geschlechtlicher Vielfalt zu erhöhen.
  • Wir fordern, die Operationen jetzt zuverlässig und gesetzlich zu stoppen und die wenigen Ausnahmefälle mit einer unabhängigen Beratung abzusichern. Warme Worte im Plenum und im Koalitionsvertrag reichen uns nicht länger aus.