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Zwangsrente als Silvesterknaller

Im Wortlaut,

Sozialverbände und DGB fordern Stopp in letzter Minute - LINKE will namentliche Abstimmung

Mit dem Auslaufen der sogenannten 58er Regelung zum Jahresende droht älteren Arbeitslosen ab Januar 2008 eine Zwangsverrentung mit horrenden Abschlägen. DGB und Sozialverbände forderten am Dienstag von der Bundesregierung, dies in letzter Minute zu stoppen. Die LINKE setzt auf namentliche Abstimmung im Bundestag.

DGB, Frauenrat, Sozialverband Deutschland, VdK und Volkssolidarität haben gestern in einem dringenden Appell die Bundesregierung aufgefordert, »die zum Januar 2008 drohende Zwangsverrentung von älteren Arbeitslosen noch in letzter Minute zu stoppen«. Das bislang geplante Auslaufen der sogenannten 58er Regelung zum Jahresende würde bedeuten, dass Langzeitarbeitslose künftig zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente gehen müssen - selbst wenn das mit lebenslangen Abschlägen verbunden ist. Die Koalition dürfe nicht zulassen, so DGB und Sozialverbände, »dass ältere Arbeitslose, von denen die meisten trotz aller Bemühungen keine Chance auf eine anständige Beschäftigung haben, in eine Rente mit hohen Abschlägen gezwungen werden«.

Unverantwortlich nennen es die Verfasser des Erklärung, wenn die Große Koalition das Problem einfach aussitzen würde. Und: »Es wäre politisch unanständig, wenn die Koalition die Lebensleistung älterer Arbeitsloser durch Zwangskürzungen bei der Rente missachten würde.« DGB und Verbände verweisen auf ohnehin niedrige Renten von Langzeitarbeitslosen und sehen durch die Abschläge das Risiko von Altersarmut erhöht.

Weiter Druck will auch die Linksfraktion im Bundestag machen. Ihr Antrag »Rentenabschläge für Langzeiterwerbslose verhindern« hat zwar die erste Lesung im Bundestag hinter sich und stieß im zuständigen Ausschuss auf Ablehnung von Union, SPD und FDP. In der letzten Sitzungswoche des Bundestages vor dem Jahreswechsel Mitte Dezember will die LINKE jedoch, so die 1. Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann gestern, allen Bundestagsabgeordneten per namentlicher Abstimmung »Gelegenheit geben, noch einmal darüber nachzudenken«. Schließlich gehe es um das Schicksal von jährlich bis zu 150 000 älteren Langzeitarbeitslosen, denen mit Jahresbeginn 2008 die Zwangsverrentung mit lebenslangen Abschlägen bis zu 18 Prozent droht.

In dem Antrag verweist die LINKE darauf, dass die Zwangsverrentung dem Ziel widerspreche, die Erwerbsquote der Älteren zu verbessern. Ungeachtet der partiell positiven Entwicklung, so die Fraktion, sei deren Arbeitsmarktsituation weiter dramatisch. Im Sommer 2006 habe die Quote der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse bei den 60- bis 64-Jährigen bei nur 16 Prozent gelegen. Der Rentenzugang aus Arbeitslosigkeit habe im Jahr 2005 in dieser Altersgruppe bei den Männern im Osten bei 50,4, bei den Frauen bei 41,9 Prozent (West: 21,8 und 22,6 Prozent) betragen. Weitere Einschnitte bei den sozialen Rechten älterer Erwerbloser seien nicht zu akzeptieren und erforderten ein kurzfristiges Handeln der Bundesregierung, so die LINKE.

Von Gabriel Oertel

Neues Deutschland, 28. November 2007