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Zustimmung und Skepsis zum NPD-Verbot

Im Wortlaut von Lothar Bisky,

Bisky: Erfolgloses Verfahren wäre eine kaum wieder gut zu machende Blamage

Seit SPD-Chef Kurt Beck ein erneutes Verbotsverfahren für die NPD ins Spiel gebracht hat, wird quer durch die Parteien heftig diskutiert. Die einen sind mit ihrer Befürwortung sehr schnell, andere winken ab - und die Dritten reagieren eher skeptisch.

Die parlamentarische Sommerpause neigt sich nach über acht Wochen ihrem Ende - und also ist Montag wieder Parteientag in Berlin. In den Zentralen finden Pressekonferenzen nach turnusmäßigen Sitzungen der Parteiengremien statt. Und natürlich ist die erneute Debatte um ein NPD-Verbot nach beinahe täglich zu vermeldenden Übergriffen auf in Deutschland lebende Ausländer eines der Themen an diesem Montag.

Nachdem SPD-Chef Kurt Beck in der Vorwoche sich für die Aufnahme eines erneuten Verbotsverfahrens stark gemacht hatte, erneuerte auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sein Votum für ein NPD-Verbot. »Die NPD handelt ganz offen verfassungswidrig«, erklärt Körting auch gestern wieder. Der Staat dürfe es nicht hinnehmen, dass diese Partei unter dem Deckmantel der Legalität ihr Gedankengut verbreite. Es sei außerhalb seiner Vorstellungen, so Körting, dass ein Gericht der NPD die Verfassungsmäßigkeit bescheinigen könne.

Genau das allerdings ist 2003 als fader Nachgeschmack des ersten NPD-Verbotsverfahrens zurückgeblieben. Jeder erinnert sich an die Kläglichkeit, mit der der damalige Bundesinnenminister Otto Schily wegen der in der NPD agierenden V-Leute des Verfassungsschutzes vor dem Bundesverfassungsgericht mit seinem Versuch gescheitert ist. Ob derlei Erinnerungsvermögen auch der nunmehr im Amte befindlichen schwarz-roten Bundesregierung angeraten sein lässt, eher zurückhaltend zu agieren, mag dahingestellt sein. Jedenfalls hat sie unter Verweis auf die Gefahr einer abermaligen Niederlage vor Gericht und dem damit ihrer Meinung nach verbundenen »Rückschlag für die Demokratie« Skepsis durch ihren Vize-Regierungssprecher verbreiten lassen. Auch Bayerns und Niedersachsens Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) und Christian Wulff (CDU) sowie Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatten Beck widersprochen. Kauder sagte, ein NPD-Verbot löse die Probleme nicht.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil stieg derweil im Bunde mit mehreren führenden Sozialdemokraten für den Parteivorsitzenden Beck in den Ring. Er gab Kauder den Ball umgehend zurück, indem er erklärte, die SPD habe nie behauptet, durch ein NPD-Verbot würden alle Probleme gelöst. Es stelle indes ein »notwendiges Instrument« dar. Dass Heil zugleich vor Parteienstreit warnte und erklärte, es dürfe zwischen den Parteien keine Konkurrenz um den besseren Antifaschisten entstehen, kann dennoch den Verdacht nicht wirklich entkräften, es gehe bei diesem Thema auch um parteipolitische Profilierung. Denn bislang haben nicht viele - darunter Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) - die parteipolitische Trennlinie überschritten. Der nämlich hat im Kampf gegen rechtsextreme Gewalt und Fremdenhass auch ein NPD-Verbot für möglich gehalten. Allerdings müsse es »hundertprozentig wasserdicht sein«, dass ein Verbotsverfahren auch Erfolg habe - sonst ginge die NPD daraus nur gestärkt hervor. Ein Gedanke, der übrigens auch Grünen-Chefin Claudia Roth beschäftigt. Ein Scheitern könne der NPD womöglich hilfreich sein, sich noch attraktiver zu machen, erklärte sie.

Gegen jedweden Aktionismus und für eine akribische und hundertprozentig abgesicherte Vorbereitung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens hat sich Lothar Bisky ausgesprochen. Ein erfolgloses Verfahren wäre eine »kaum wieder gut zu machende Blamage für alle«, sagte er. Der Links-Parteichef vermisst bei den Befürwortern des NPD-Verbots, wie Ministerpräsident Beck und Innensenator Körting, den Abzug der Verbindungsleute des Verfassungsschutzes aus der rechtsextremen Partei. »Wer heute noch V-Leute in den NPD-Gremien lässt, spielt mit der Glaubwürdigkeit der Demokratie«, so Bisky. Er forderte alle Parteien auf, gemeinsam mit Gewerkschaften, Kirchen und Sozialinitiativen gegen Rechtsextremismus zu kämpfen, der kein Rand-, Ost- oder Jugendproblem sei, sondern aus der Mitte der Gesellschaft komme.

Von Gabriele Oertel

Neues Deutschland, 28. August 2007